Growing up oder: lost and found

45 "Wie, ihr habt kein Telefon?"

Leo schlug sich die Hand vor den Mund. Warum auch immer war Paddy gerade gegen die große schwarze Lautsprecherbox am Rande der Bühne gelaufen! Mit ordentlich Schwung. Jetzt saß er auf seinem Hosenboden und rieb sich die Stirn. Jimmy (er hatte das Mikrofon in der Hand und redete irgendwas von CDs und Kassetten) lachte und half ihm wieder hoch. Paddy verbeugte sich noch einmal lachend und verschwand dann von der Bühne.

Leo sah sich um. Sie saß immer noch auf ihrem Baum und ließ den Blick über den Platz schweifen. Die meisten Leute waren gerade dabei, den Platz zu verlassen, ein paar standen noch vor der Bühne und unterhielten sich, und noch ein paar standen an dem Zaun neben der Bühne, der den Bereich um den Kelly-Bus absperrte. Was die da wohl machten? Da sah sie Barby und Maite an den Zaun kommen. Sie unterhielten sich kurz mit den Wartenden und schrieben dann irgendwas auf Karten oder Zettel, die ihnen entgegen gehalten wurden. Waren das etwa Autogramme?? Jetzt kam auch noch Joey, auch er musste auf die Zettel schreiben. Da hatten sie also tatsächlich schon ein paar Fans. War ja auch ein echt guter Auftritt gewesen. Sie schaute auf die andere Seite der Bühne, dort konnte sie jetzt einen kleinen Stand sehen, der ihr vorhin gar nicht aufgefallen war. Auf einem Schild stand irgendwas von CDs und Kassetten, sie konnte es nicht ganz genau lesen. Aber die Tatsache an sich, dass die Familie Kelly auch CDs usw. verkaufte, erstaunte Leontina nun doch nicht gerade wenig. Ihre Freunde schienen das mit der Musik ja doch schon ganz schön professionell zu betreiben.

So wie Paddy sich angehört hatte, hätte sie das nicht unbedingt erwartet. Aber sie freute sich für sie, es war ja wunderbar, wenn die eigene Musik den Leuten gefiel...

Allerdings wusste Leontina jetzt nicht mehr so richtig, was SIE jetzt tun sollte. Sie konnte ja schlecht erneut über die Absperrung steigen, jetzt wo alle anderen Leute davor standen. Sie entschloss sich, einfach zu bleiben wo sie war und das Geschehen noch ein bisschen zu beobachten.

***

Paddy stieg gerade die Stufen vom Bus hinunter, endlich waren alle Leute weg und er konnte ungestört seiner Wege ziehen. Eine halbe Stunde lang hatten der Großteil seiner Geschwister Autogramme gegeben und mit den Fans gesprochen, wozu er nach seiner Begegnung mit dem Lautsprecher keine rechte Lust mehr gehabt hatte. So was Dummes war ihm ja schon lange nicht mehr passiert... Außerdem wollte er zu Leo.

Er schaute zu dem Baum aber sie war nicht mehr dort. Nicht schon wieder... Warum musste sie bloß immerzu verschwinden? Andererseits konnte er ja auch kaum erwarten, dass sie die ganze Zeit da oben sitzen blieb. Aber wo war sie hin?

Paddy ließ seinen Blick über den Platz schweifen. Aha, da war sie ja – beim CD-Verkauf ... Eiligen Schrittes ging er an der Bühne vorbei und stellte sich leise neben sie.

Leontina bemerkte ihn zuerst gar nicht. Sie hatte die streetlive-CD in der einen und die Wow-CD in der anderen Hand und studierte die Fotos auf der Innenseite. Auf einmal schaute sie auf. Ein Lächeln flog über ihr Gesicht bevor sie sich wieder den CDs zu wandte.

„Und, welche würdest du mir empfehlen?" Sie schaute ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Na, beide natürlich." Paddy nahm ihr die CDs (mit den, wie er fand, peinlichen Fotos drauf) aus der Hand, klappte sie zu und drückte sie Leo wieder in die Hand. Ihre andere Hand nahm er in seine und zog sie weg vom CD-Stand zurück in Richtung Bus.

„Oh, danke... ich werde die anhören, glaub mir." Sie zwinkerte ihm zu. Dann wurde ihr Blick ernst, sie ließ seine Hand los und fuhr mit ihren Fingerspitzen vorsichtig über seine Stirn. Eine kleine Beule hatte er da schon. Paddy bekam eine leichte Gänsehaut im Nacken.

„Warum bist du denn gegen die Box gelaufen?" Sie strich ihm vorsichtig eine Haarsträhne aus der Stirn und sah dabei so hoch konzentriert aus, dass Paddy beinahe lachen musste. Wenn er nicht gleichzeitig so furchtbar nervös gewesen wäre... 'Weil ich nur Augen für dich hatte,' wäre der Wahrheit wohl am nächsten gekommen, aber das konnte er ihr so natürlich nicht sagen.