Hatte er je etwas so Wundervolles gesehen?!
„Wow," kam es beinahe ehrfurchtsvoll über Paddys Lippen. Unter ihnen lag die leicht hügelige Landschaft und dahinter – es war einfach unbeschreiblich schön – das Meer. Der Vollmond spiegelte sich im Wasser und die leichten Wellen glitzerten silbrig bei jeder Bewegung. Paddy schaute zur Seite. Leo's Blick war genau wie seiner voller Bewunderung auf die unglaubliche Weite vor ihnen gerichtet. Weiter draußen im Meer konnten sie sogar die beleuchteten Fischerboote sehen. Keiner von beiden wollte den Zauber dieses Moments stören, um etwas zu sagen. So saßen sie eine ganze Weile schweigend nebeneinander. Paddy fühlte sich wie in einem Traum. Er saß nach hinten angelehnt an dem Ast hinter ihm, Leo ein Stückchen schräg neben ihm. Er konnte sie die ganze Zeit unauffällig anschauen, das glitzernde Meer im Hintergrund. Er widerstand dem Impuls seine Hand nach ihrer auszustrecken, bis er es auf einmal auf Leo's Wange glitzern sah. Er schaute genauer hin – waren das etwa Tränen? Tatsächlich. Genau in diesem Moment kullerte ein neuer glitzernder Tropfen über ihr Gesicht. Paddy fühlte sich seltsam wach auf einmal. Wie elektrisiert.
„Hey... Leo, bist du traurig?" Er berührte sie vorsichtig an der Schulter.
„Bin ich traurig? Ich weiß nicht...." Sie wandte sich Paddy zu und schaute ihn direkt an. Sie wusste selbst nicht genau, warum plötzlich diese Tränen kamen. Diese Situation hatte sie einfach total gefangen genommen. Und auf einmal wurde ihr bewusst, dass sie das alles hier schrecklich vermissen würde...
Sie blinzelte und schaute in Paddy's dunkle Augen. Bei diesem Licht sahen sie fast schwarz aus. Aber irgendetwas an seinem Blick erschien ihr gerade ziemlich merkwürdig...
Leo schaute ihn mit großen Augen beinahe erstaunt an. Ihre Wimpern waren von den Tränen noch nass, ihre Wangen glitzerten im Mondschein. Und diese Augen strahlten selbst wie zwei kleine Monde.
Paddy spürte ein leichtes Kribbeln überall auf seiner Haut, in seinem Bauch wurde es eigenartig warm. Er nahm seine Hand von Leo's Schulter und strich mit der Rückseite seines Zeigefingers über die Tränenspur in ihrem Gesicht. Ihre Augen wurden noch ein kleines bisschen größer...
„Paddy... weißt du, ich glaube ich --" Was sagte sie da? Aber Leo kam nie dazu ihren Satz zu beenden...
Ein kleines Lächeln flog über Paddy's Gesicht während er Leo immer näher kam. Schließlich schloss er die Augen bevor er seine Lippen ganz sacht auf ihre legte. Er küsste sie einfach so. Wie oft hatte er sich diesen Kuss vorgestellt und auf einmal war es so einfach, und so schön. Und so weich.
Ein federleichter Schmetterlingskuss. Und auch in seinem Bauch flatterte alles.
Und genauso schnell wie es passiert war, war es auch schon wieder vorbei. Paddy schlug die Augen lächelnd auf und fand Leo vor sich, wie sie ihn vollkommen verwirrt anstarrte...
Hilfe. Hatte Paddy sie gerade wirklich geküsst? Oh Gott, was sollte sie jetzt machen?! Leontina schluckte einmal kräftig, ihre Kehle fühlte sich total trocken an. Außerdem war ihr furchtbar heiß. Wurde sie gerade rot? Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen und heftete ihren Blick auf den im Meer spiegelnden Mond – Hauptsache, sie musste Paddy nicht ansehen. Was fiel ihm überhaupt ein?! Leontina fühlte sich total überrumpelt. Und da wurde ihr eines klar: sie musste erst mal hier weg. Am besten weit weg. Und nachdenken. Ja, das wäre wohl das Beste...
Paddy schaute Leo mit gemischten Gefühlen von der Seite an – warum rührte sie sich denn nicht? Sie sah ihn ja nicht mal mehr an. War er doch zu weit gegangen? Er schloss kurz die Augen und da war es schon – das Gefühl wie ihre Lippen sich ganz leicht berührten. Paddy spürte sofort wieder die Schmetterlinge in seinem Bauch – nein, er bereute diesen kleinen Kuss überhaupt nicht, dafür war es einfach viel zu schön gewesen.
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Growing up oder: lost and found
RomanceSpanien 1994. Zwei Familien, zwei Geschichten. Beide sind Reisende aber aus unterschiedlichen Gründen. Beiden fehlt etwas, doch was sie finden, macht es nicht gerade leichter... Als wäre es Schicksal, kreuzen sich ihre Wege nicht nur einmal. Eine Ge...