„Aber ich schlaf nicht bei Angelo im Bett, das sag ich euch gleich!" Maite verschränkte entschlossen die Hände vor der Brust.
„Ooch Maite, warum denn nicht?" Angelo schaute seine Schwester mit Engelsaugen an.
„Du trittst im Schlaf immer um dich und außerdem schnarchst du!" Maite sprach anscheinend aus Erfahrung.
Leontinas Vater war gerade gegangen. Tatsächlich hatten sich alle gemeinsam darauf verständigt, dass Leo heute Nacht hier bleiben, und ihr Vater sie morgen Vormittag wieder abholen würde. Nur hatte während der Besprechung keiner so wirklich daran gedacht, dass es eigentlich schon ziemlich eng war im Bus. Sean schlief mit Kathy in einem Bett und die restlichen Betten gingen genau auf.
„Also das könnt ihr jetzt untereinander auslosen, wer sich zu wem rein zwängt, schließlich war das eure Idee." Mit einem fiesen Grinsen schaute Jimmy seine jüngsten Geschwister an.
„Also Leo und ich sind die Kleinsten, da kann sie einfach bei mir schlafen. Ist doch alles kein Problem," meinte Angelo da.
Nee, überhaupt kein Problem, klar kleiner Bruder. Paddy warf Angelo einen nicht gerade freundlichen Blick zu.
„Es ist tatsächlich kein Problem, Angelo, da du nämlich ganz einfach bei Paddy schlafen wirst und Leo dann im freien Bett." Es war klar, dass Kathys Worte keinen Widerspruch zulassen würden. Jimmy lachte laut und klatschte kurz in die Hände. Die Gesichter seiner jüngsten Brüder hätte er jetzt am liebsten auf einem Foto festgehalten.
„Super ist das hier, wie immer..."
„Also hopp, auf ins Bett, länger wird die Nacht nicht mehr," Joey kam grade mit der Zahnbürste von unten wieder hoch.
„Alles kein Problem..." murmelte Paddy da ironisch vor sich hin als er zu Angelo in die Schlafkabine kroch. „Und wehe du schnarchst..."
„Mach ich nie..." Angelo kicherte und ließ sich auf sein Kissen fallen. „Gute Nacht Leo..."
***
Leo lag wach in ihrer, eigentlich Angelos Schlafkoje und lauschte den Geräuschen um sie herum. Es war unmöglich hier zu schlafen, zumindest für sie. Irgendwer raschelte immer wieder mit der Decke und zumindest drei verschiedene Schnarchgeräusche konnte sie unterscheiden. Eines davon kam direkt aus der Koje hinter ihr, wo Paddy und Angelo schliefen, also einer von beiden schnarchte ziemlich laut. Ob es wirklich Angelo war? Wie konnten die anderen da bloß schlafen, bei diesem Getöse?? Außerdem war es viel zu warm. Leontina hatte zwar nur ihr leichtes, mittlerweile ja kaputtes Kleid an, die Leggins hatte sie zum Schlafen zuvor ausgezogen (sonst wäre sie vermutlich schon längst vor Hitze umgekommen), aber sie wusste trotzdem nicht, wie sie liegen sollte. Ihr Kopf fühlte sich heiß an und ihre Füße, je mehr sie darauf achtete wie warm ihr war, desto weniger konnte sie es aushalten liegen zu bleiben. Schließlich stützte sie sich auf dem Ellenbogen auf und lugte aus ihrer Koje hervor. Alle schienen zu schlafen. War sie etwa die Einzige die noch wach war? Mittlerweile musste es schon ein ganzes Stück nach Mitternacht sein, Leontina kam es ewig vor, seit die letzten (darunter natürlich auch sie selbst) aufgehört hatten zu reden.
Leise kroch sie aus ihrer Koje heraus und schlich auf Zehenspitzen an Paddy und Angelo's Bett vorbei, dann die Treppe nach unten und – zum Glück war die hintere Bustür offen – schließlich nach draußen. Endlich frische Luft und wenigstens eine kleine kühle Brise. Ohne groß darüber nachzudenken, schlenderte sie langsam zur Bühne, stieg die paar Stufen nach oben und legte sich nahe dem Bühnenrand auf den Rücken. Sie schaute in den Himmel aber leider konnte sie nur ein paar wenige, größere Sterne sehen, viel zu hell war es in der Stadt. Sie atmete tief durch und war trotzdem froh, im Freien zu sein. Sie war es einfach nicht gewohnt mit mehreren Menschen in einem Raum zu schlafen... da war es hier schon besser. Sie würde einfach hier oben schlafen, es war ja nicht mal kalt.
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Growing up oder: lost and found
RomansaSpanien 1994. Zwei Familien, zwei Geschichten. Beide sind Reisende aber aus unterschiedlichen Gründen. Beiden fehlt etwas, doch was sie finden, macht es nicht gerade leichter... Als wäre es Schicksal, kreuzen sich ihre Wege nicht nur einmal. Eine Ge...