Leontina schaute in ein paar sehr dunkelbraune Augen, um die ein Lächeln lag, und blitze weiße Zähne.
„Hey, weißt du wer ich bin?" Die dunklen Augen schauten sie amüsiert an.
„Klar. Du bist Luca. Luca aus Italien?" Sie nutzte gleich die Gelegenheit, das zu fragen, was sie schon im Restaurant gedacht hatte.
„Stimmt sogar. Und du?" Luca hatte sich mittlerweile neben Leontina gestellt.
„Leo. Auch aus Italien. Zumindest zur Hälfte. Piacere." Sie streckte ihm augenzwinkernd die Hand hin und lachte. Luca war zu überrascht um zu lachen.
„Wirklich? Quindi parli italiano?" Die Verwunderung stand Luca nun deutlich ins Gesicht geschrieben.
„Sì, certo. Sono nata vicino a Firenze. E tu?" Es war seltsam, auf einmal wieder italienisch zu reden, eine ganze Weile hatte sie die Sprache schon nicht mehr gesprochen. Ihre Mutter kam ihr in den Sinn....
„A Roma. Sono i tuoi amici?" Luca deutete nach vorne und begann zu applaudieren, Johnny war gerade mit seinem Lied fertig.
Leo klatschte ebenfalls und nickte mit dem Kopf. Ihre Freunde. Ja, so könnte man das wohl sagen.
Leontina versuchte, sich wieder mehr auf die Bühne zu konzentrieren. Luca war ihr ja sympathisch, aber vielleicht war dieses Konzert das einzige, was sie je von den Kellys sehen würde, da wollte sie nichts verpassen und sich schon gar nicht nebenher unterhalten. Außer in den Pausen zwischen den Liedern vielleicht...
Aber diese Pause dauerte nicht lange, Paddy kam schon wieder nach vorne an den Bühnenrand, nur mit Mikrofon und begann – hin und her laufend – mit einem deutschen Lied. Die Melodie kam Leontina gleich bekannt vor. Klar, das war 'an der Nordseeküste'!
Den Text kannte sie nicht besonders gut, nur den Refrain hatte sie ab und an mal von jemandem gehört. Was sang Paddy da? 'Da machten wir Iren in Deutschland uns breit?!' In diesem Moment wurde Leo schlagartig klar, dass sie gar nie darüber gesprochen hatten, wo die ganze Familie Kelly überhaupt her kam. Etwa aus Irland? Aber woher dann das Spanisch?? Okay, dass sie nicht ursprünglich aus Deutschland kamen, hatte sie sich schon gedacht, irgendwie war da doch ein Akzent zu hören, aber warum hatte sie nie danach gefragt? Etwas verwirrt blinzelte sie zur Bühne.
Paddy hatte gerade irgend ein kleines Mädel aus dem Publikum nach oben geholt und tanzte ein bisschen mit ihr hin und her. Natürlich gab es großen Applaus vom Publikum bevor die Kleine (sie hieß anscheinend Sara) wieder von der Bühne kletterte.
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Mit wem unterhielt sich denn Leo da immer wieder? Irgend ein sehr dunkler Typ, der mindestens vier Jahre älter war als sie... Kannte sie ihn etwa? Oder sollte er lieber anfangen sich Sorgen zu machen und Leo ein bisschen genauer im Auge behalten?
Jimmy kniff die Augen zusammen und versuchte den Kerl mit den dunklen Haaren genauer einzuschätzen. Eigentlich sah er ganz nett aus, aber man konnte ja nie wissen...
Er wandte seinen Blick zur anderen Seite der Bühne. Dort stand Joey und schaute konzentriert ins Publikum während er seine Gitarre spielte. Ihre Blicke trafen sich und in stillem Einverständnis wussten beide, dass sie Leo ab sofort nicht mehr unbeobachtet lassen würden.
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Paddy war inzwischen fertig mit seinen Fischen an Land und begann - zu Leo's Freude - mit 'Wir lieben die Stürme'. Dieses Lied kannte Leo in und auswendig. Es war eines der Lieder aus ihrer Kindheit. Und obwohl sie sonst mit traditionellen deutschen Liedern nicht so viel am Hut hatte, konnte sie sich dem Charme dieses alten Piratenliedes nie entziehen. Außerdem hatte sie schon immer eine Schwäche für Piratengeschichten gehabt. Hei Ho – und 'ne Buddel Rum... irgendwie musste sie an ihre Sammlung von Pippi Langstrumpf - Büchern denken...
'Wir lieben die Stürme die brausenden Wogen, der eiskalten Winde raues Gesicht.
Wir sind schon der Meere so viele gezogen und dennoch sank unsre Fahne nicht....'
Leo fühlte sich jedes Mal selbst wie ein Pirat wenn sie dieses Lied hörte, sie hüpfte im Takt und sang jedes Wort mit. Auf einmal packte jemand vorsichtig ihre Hand.
„Ein Tänzchen gefällig?" Luca sah sie mit einem schelmischen Grinsen im Gesicht auffordernd an.
Spontan drehte sich Leo zu ihrem Nachbarn um und schon waren die beiden mit einem eher lustigen als eleganten Tänzchen beschäftigt. Leo drehte sich unter Lucas Arm hindurch, machte zwei Schritte nach hinten und drehte sich dann wieder zurück. Ging ja wirklich ganz gut mit diesem Luca... Leo hatte ganz vergessen, wie viel Spaß ihr auch das Tanzen zu zweit machte, auch wenn sie keine Ahnung von irgendwelchen Tanzschritte hatte. Luca war zwar bestimmt knappe zwei Köpfe größer als sie, aber er ließ ihr genug Raum sich zu bewegen und hielt einfach nur locker ihre Hand.
***
Angelo stand schräg neben seinem Bruder und animierte das Publikum an den richtigen Stellen zu klatschen – 'an der Nord-see-küste' - klatsch klatsch klatsch klatsch. Bei diesem Klassiker war das nie ein Problem.
Als Paddy mit 'Wir lieben die Stürme' nahtlos weitermachte, dirigierte er die Zuschauer beim Refrain 'hei ho hei ho...." ebenfalls mit zu singen.
Er hatte auch Leo gut im Blick und musste grinsen, als er sah, wie sie mit irgendeinem Typen zu dem Lied herum alberte. Sah aus, als hätte sie ihren Spaß. Aber dass sie einfach mit einem wildfremden Kerl herum tanzte? Naja, warum auch nicht...
Angelo schaute kurz zu seinem Bruder am Mikrofon. Hups, das war eindeutig Paddys 'irgendwas nervt mich grade total' – Blick. Angelo wusste aus Erfahrung, dass man in diesen Momenten am besten seine Klappe hielt, aber er hatte ja gerade ohnehin keine Chance mit seinem Bruder zu reden, auch wenn er ihn zu gerne gefragt hätte, was ihm so die Laune verhagelt hatte. Obwohl, er schaute wieder zu Leo, die immer noch mit diesem dunkelhaarigen Typ tanzte – eigentlich konnte er es sich schon denken...
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Luca musste schmunzeln. Dieses Mädchen ließ ihm absolut keine Chance, sie auch nur ein bisschen beim Tanzen zu führen. Nach ein paar Bewegungen hatte er es aufgegeben, sie in die eine oder andere Richtung führen oder drehen zu wollen. Es war eindeutig, er war es nicht, der die Zügel in der Hand hatte. Aber er sah ihr an, dass sie ihren Spaß hatte. Zwischendurch schaute sie zu ihm hoch und ihre Augen strahlten. Für diesen Anblick hätte er sich auch rückwärts quer über den Platz schleifen lassen. Sie war einfach zu süß mit ihren seltsamen Augen und diesem grünen Kleid. Zu schade, dass sie nicht zwei oder drei Jährchen älter war, oder er ein bisschen jünger...
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Hallo liebe Leser!
an dieser Stelle muss ich kurz das Wort an euch richten, ich hoffe, ihr reißt mir nicht den Kopf ab, weil Luca hier so richtig schön alle Pläne durchkreuzt ;) Ich kann euch versichern, in meinem Plan kam Luca überhaupt nicht in dieser Art vor, eigentlich sollte er ganz brav NUR den Part des Kellners im Pfannkuchenhaus übernehmen. Aber Luca hatte andere Vorstellungen... Als ich das Kapitel geschrieben habe (sowohl das Pfannkuchenkap., wie auch dieses hier), hat er irgendwie die Kontrolle über die Storyentwicklung übernommen, ich konnte nichts dagegen tun, auf einmal waren die Kapitel so, wie ihr sie jetzt hier seht ;) Und er spukt immer wieder sehr frech aber durchaus charmant in meine Schreibsessions, so dass ich ihn mittlerweile nicht mehr missen möchte :) Aber als er in diesem Kapitel das Ende in seine eigenen Hände genommen hat, konnte ich trotz all seinem Charme (und unglaublich gutem, südländischen Aussehen ;)) nur noch sagen:
„Luca Luca, was soll das werden??????????????"
Freue mich auf eure Meinungen dazu - vielen Dank für eure Sternchen und eure Gedanken - allerliebste Grüße - Purzelstern
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Growing up oder: lost and found
Любовные романыSpanien 1994. Zwei Familien, zwei Geschichten. Beide sind Reisende aber aus unterschiedlichen Gründen. Beiden fehlt etwas, doch was sie finden, macht es nicht gerade leichter... Als wäre es Schicksal, kreuzen sich ihre Wege nicht nur einmal. Eine Ge...