Das Feuer knisterte nur noch ganz leise vor sich hin, draußen war es inzwischen vollkommen still. Kein Wind, kein Regen, kein Hagel. Nur diese eine kleine Eule, die ab und zu ihr Rufen ertönen ließ. Paddy merkte, wie ihm mittlerweile auch immer wieder die Augen zufielen, aber noch wehrte er sich erfolgreich gegen den Schlaf. Er döste vor sich hin, glücklich mit Leo in seinem Arm. Soweit er es beurteilen konnte, schlief sie tief und fest.
Gerade als Paddy doch so langsam aber sicher auch ins Land der Träume driftete, fing Leo an, sich etwas zu bewegen: sie drehte sich auf die Seite, kuschelte ihren Kopf in Paddys Armbeuge und – Paddy war mit einem Schlag wieder hellwach – legte ihren Arm quer über seinen Bauch. Paddy wusste gar nicht, wie ihm geschah. Leo lag ganz angekuschelt an seiner Seite, ihre Hand hielt sein T-Shirt locker fest, sein Arm lag jetzt um ihren Rücken herum, mit seiner Hand an ihrem Hosenbund. Mit seinem Daumen konnte er ihren Beckenknochen durchs T-Shirt hindurch fühlen – eine Beobachtung, die nicht gerade zu seiner Entspannung beitrug... Es kostete Paddy ein ordentliches Stück seiner Beherrschung, dieses T-Shirt nicht ein ganz kleines Stückchen hochzuschieben...
An Schlaf war nicht mehr zu denken. Er war noch nie so lange mit einem Mädchen alleine gewesen – schon gar nicht nachts, schon gar nicht alleine in einer abgelegenen Hütte (das auf keinen Fall nachts), und schlafend, oder halb schlafend auf einem Sofa schon gar nicht! Mal abgesehen von geschwisterlichen Kuscheleien mit seiner Schwester Maite, aber das war nun doch schon eine ganze Weile her... Was würden seine Geschwister dazu sagen?! Ach vergiss die Geschwister, Paddy, die sind jetzt nicht hier, dachte er schnell bei sich.
Paddy schaute in Leontinas Gesicht, schlief sie immer noch?War ihr klar, an wen sie sich da gerade so ankuschelte?! Gerade, als er überlegte ob er sie ansprechen sollte, fing Leo an, irgendetwas vor sich hin zu murmeln. Träumte sie? Paddy spitzte die Ohren, aber er konnte nichts verstehen. Doch dann, auf einmal: „Hey Thom, it's good you're back..." leise zwar, aber eindeutig.
Thom?! Wer zum Teufel war Thom?! Paddy rüttelte Leo leicht an der Schulter, aber sie sagte nichts mehr, drehte nur ihren Kopf ein bisschen hin und her und – schlief weiter. Ok. Sie wusste eindeutig [b]nicht[/b], an wen sie sich da ankuschelte. Sie träumte von irgendeinem Thom. Na toll. Paddy schloss die Augen und nahm seine Hand von Leos Seite. Das konnte auch nur ihm passieren! Es war zum verrückt werden! Da lag Leo in seinem Arm, es war das schönste Gefühl überhaupt – und er hatte dieses Bild vor Augen, von ihr mit einem anderen Jungen, mit irgend einem Thom! Er war schon jetzt so was von eifersüchtig auf diesen Kerl – dabei kannte er ihn nicht mal...
Irgendwann drehte Leo ihm den Rücken zu, Paddy wusste nicht, ob er darüber froh oder traurig sein sollte, und schließlich, mit zu vielen Bildern im Kopf, wurde auch er vom Schlaf eingeholt...
***
Als Paddy das nächste Mal die Augen aufschlug, war es schon hell. Ein paar Sonnenstrahlen fielen durch das kleine Fenster hinter dem Sofa in den Raum. Er kniff die Augen zu und setzte sich auf. So langsam dämmerte ihm wieder, was passiert war: Gewitter, abenteuerlicher Ritt auf Chocolate, nasse Klamotten, mit Leo auf dem Sofa...
Er schaute zur Seite, Leo schlief nicht mehr, sie war überhaupt nirgends zu sehen. Na super. Wo war sie denn schon wieder?! Und warum nur hatte er irgendwie das Gefühl, auf sie sauer zu sein? Paddy öffnete das Fenster – draußen war blauer Himmel und Sonnenschein – und atmete tief ein. Und da fiel es ihm wieder ein: Thom.
Leo hatte von einem Thom geträumt, während sie in seinem Arm geschlafen und ihn sogar irgendwie umarmt hatte. Und er selbst hatte auch geträumt. Von Leo und Thom, wie sie Hand in Hand am Strand gelaufen waren. Und Thom hatte irgendwie ausgesehen wie Angelo... Paddys Laune sank gerade auf den Nullpunkt. Was sollte er jetzt machen? Was, wenn sie einen Freund hatte? Könnte immerhin sein, keiner hatte sie ja je danach gefragt... Paddy fing an, in dem kleinen Raum hin und her zu laufen. Er dachte daran, wie er Leo noch vor ein paar Stunden so nah in seinem Arm gehalten hatte, wie er sie ganz leicht geküsst hatte. Zwar nur auf die Haare – aber was, wenn sie es doch bemerkt hatte? War sie deshalb verschwunden? Und wo war sie überhaupt? Sie würde ihn doch wohl nichtt alleine hier lassen? Vielleicht sollte er sich langsam doch mal auf die Suche machen...
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Growing up oder: lost and found
RomantikSpanien 1994. Zwei Familien, zwei Geschichten. Beide sind Reisende aber aus unterschiedlichen Gründen. Beiden fehlt etwas, doch was sie finden, macht es nicht gerade leichter... Als wäre es Schicksal, kreuzen sich ihre Wege nicht nur einmal. Eine Ge...