Kapitel 24

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Die hartnäckige Sonne Italiens weckte mich am nächsten Morgen sanft aus meinem Schlaf. Ich lag, in eine Decke gehüllt, quer über meinem Hotelbett ausgestreckt. Mein, ach so teures, Kleid hing mit unzähligen Knitterfalten an mir herunter und das enge Oberteil drohte mir die Luft abzupressen – wie hatte ich nur darin einschlafen können?

Es musste am Alkohol gelegen haben – oder aber an Wills warmer Brust, die sich in einem gleichmäßigen Rhythmus unter meinem Kopf bewegt und mich so in den Schlaf begleitet hatte.

Schläfrig rieb ich mir über die Augen, wobei mein – ohnehin schon ruiniertes – Makeup auf meine Hände abfärbte. Anschließend warf ich einen Blick auf mein Handy, das auf dem Nachttisch neben dem Bett lag – 11 Uhr.

Den ersten Flieger heute hatte ich definitiv schon verpasst – und den zweiten mit ziemlicher Sicherheit auch. Etwas zerknirscht über diese Tatsache setzte ich mich auf und wurde sogleich von einer Welle des Schwindels überrannt.

Ich kniff meine Augen zusammen und als ich sie wieder öffnete entdeckte ich den Zettel, der wohl neben meinem Handy gelegen haben musste, zusammen mit einem Glas Wasser und einer Aspirin. Ohne zu zögern griff ich danach. Es dauerte einen Moment bis die Buchstaben nicht mehr über das Papier tanzten, doch dann standen sie endlich still und ich konnte die Nachricht entziffern – ein bisschen Aufregung konnte ich währenddessen nicht verhindern.

Liebe Lucy,

Leider musste ich schon früher los. Ich hatte nämlich keine Lust mich vor Tamy rechtfertigen zu müssen, wo ich die Nacht über war. Hoffentlich bist du mir nicht all zu böse. Du weißt ja wie sie manchmal sein kann.
Ich wollte dich aber auch nicht wecken, weil du so friedlich geschlafen hast. Seit wann redest du denn eigentlich im Schlaf?

Bei diesem Satz stieg mir heiße Röte ins Gesicht – was hatte ich gesagt? Ich betete zu Gott, dass es nichts allzu peinliches war.

Natürlich werde ich Tamy erklären warum du abgeflogen bist ohne dich zu verabschieden.
Übrigens habe ich mir die Freiheit genommen dir ein Flugticket zu buchen. Die Maschine geht um 14 Uhr, ich hoffe das ist okay. Du kannst das Ticket unten an der Rezeption abholen – ist auf deinen Namen hinterlegt.
Richte deinen Eltern schöne Grüße von mir aus und vergiss nicht – egal was ist – ich bin immer für dich da, wenn du etwas brauchst. So ist das doch bei Freunden.

P.S. Hat dir eigentlich schon mal jemand gesagt wie süß du aussiehst wenn du schläfst.

Will

Ich war noch nicht einmal eine halbe Stunde wach und musste schon mit den Tränen kämpfen – auch wenn es eine gute Art von Weinen war. Wieso musste er es mir so verdammt schwer machen? Konnte er sich nicht einfach wie ein egoistisches Arschloch verhalten? Vor allem aber machte mir das Wort ‚Freunde' zu schaffen. Er benutze es so oft, wusste jedoch nicht wie sehr es mir jedes Mal einen Dorn ins Herz trieb.

Ich konnte mir jetzt jedoch nicht die Zeit nehmen, mir darüber den Kopf zu zerbrechen, da ich sonst meinen Flieger verpasste. Also quälte ich mich aus dem Bett, schälte mich aus dem Designerkleid – das jetzt definitiv einen Besuch in der Wäscherei vertragen könnte – und beseitigte die Verunstaltungen auf meinem Gesicht.

Beim Verlassen des Zimmers konnte ich nicht anders, als schmunzelnd einen letzten Blick auf die Topfpflanze am anderen Ende des Raumes zu werfen.

Pünktlich um 14 Uhr saß ich dann auch schon in meinem Flieger – erste Klasse, hatte dieser Prolet sich natürlich nicht nehmen lassen – auf dem Weg zu meiner Familie. 

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