Kapitel 58

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Als ich am nächsten Morgen – nach einer viel zu kurzen Nacht – aufwachte, hatte ich nur einen Gedanken im Kopf – heute würde der schlimmste Tag meines Lebens werden.

Nachdem ich mir gestern mit Tamy den Kopf über ihre neue Bleibe zerbrochen hatte, war sie zu dem herzzerreisenden Schluss gekommen, dass die beiden den Umzug nicht ohne mich stemmen könnten. Kurzer Hand hatte sie mir dann die Adresse gegeben und mich für zwei Uhr nachmittags in ihr neues Zuhause bestellt – das neue Zuhause von ihr und Will.

Dort durfte ich dann schwere Umzug Kartons voller High heels schleppen und mich an der unerschütterlichen Liebe der zwei Frischverheirateten erfreuen. Was nicht zuletzt meine Schuld war – schließlich hatte ich Will förmlich angefleht diese vier Monate zu nutzen um seiner Ehe noch eine Chance zu geben.

Natürlich war ich davon ausgegangen, nicht in der ersten Reihe zu sitzen und dabei zusehen zu müssen.

Gerade hatte ich den letzten Karton – der als ‚Weihnachtsdekoration, Duftkerzen und Sonstiges' gekennzeichnet war – im Keller abgestellt, als Will um die Ecke kam. Den ganzen Tag war ich ihm schon aus dem Weg gegangen und ich hätte es auch gerne dabei belassen, doch er suchte anscheinend unbedingt meine Nähe – als hätte er keine Ahnung wie schwer das hier für mich war.

>> Das war nicht meine Idee gewesen, ich schwöre. << er hob verteidigend die Hände, als ich ihn mit einem zornigen Blick bedachte. >> Ich habe wirklich versucht sie davon abzuhalten, habe dem Maklerbüro sogar die falsche Nummer gegeben, aber - << ich ließ ihn nicht ausreden, weil seine Ausflüchte rein gar nichts an der Situation änderten.

>> Es ist mir eigentlich ziemlich egal, Will. Ich will das hier nur so schnellstmöglich hinter mich bringen, um mich dann wieder in meiner Wohnung zu verschanzen. <<

Er trat einen Schritt auf mich zu und ich versuchte krampfhaft ihm nicht in die Augen zu sehen – unwillkürlich wich ich ein Stück zurück. >> Will, ich muss das wirklich fertig machen. << murmelte ich bei dem Versuch die schweren Kartons aufeinander zu stapeln.

Mit einem angestrengten Stöhnen versuchte ich den Weihnachtsdeko-Karton auf einen anderen zu schieben. Meine Finger rutschten jedoch ab und der Karton drohte zu mir herunter zu fallen, doch ehe das passieren konnte platzierte Will seine starken Arme auf beiden Seiten neben meinem Kopf und stützte somit die Dekoration.

Ich konnte seinen Atem – etwas schneller als sonst – in meinem Nacken spüren und es kitzelte mich in meinen Fingern nach hinten zu greifen oder mich gegen seine breite Brust zu lehnen. >> Ich hab ihn. <<

Seine warme Stimme kitzelte mein Ohr – ich tauchte unter seinem Arm hervor und suchte Distanz. Erst als ich am anderen Ende des Kellerraumes stand drehte ich mich wieder um. >> Wieso kannst du mich nicht einfach meine Arbeit machen und dann verschwinden lassen << ich spürte die heißen Tränen hinter meinen Augäpfeln drücken.

>> Du hast keine Ahnung wie schwer der heutige Tag für mich war – ich meine Ich kann kaum atmen so sehr schmerzt der Anblick von euch als Paar. << kurz machte ich eine Pause und fuhr dann – diesmal mit weniger Inbrunst – hinzu. >> Aber ich habe das so gewollt – naja, nicht genau so, aber ... naja, ist ja jetzt auch egal. <<

Noch einmal atmete ich tief durch – zum Teil um meine Nerven zu beruhigen, zum Teil weil ich ganz schön außer Puste war >> Ich tue hier wirklich mein bestes. Aber ... mir würde das hier echt leichter fallen, wenn du dich von mir fernhalten würdest, okay? <<

Ohne seine Antwort abzuwarten lief die Treppe nach oben und verließ stürmisch das Haus – mit der Ausrede, ich hätte einen Arzttermin vergessen.

Nach diesem Tag brauchte ich eigentlich wirklich einen Arzt – aber ich bezweifelte, dass dieser ein Mittel gegen gebrochen malträtiertes Herz gehabt hätte. 

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