Kapitel 9

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Ich war heil froh, dass ich es heute geschafft hatte pünktlich aus dem Bett zu kommen – so wirkte ich nicht wie eine obdachlose Alkoholikerin während ich um 8 Uhr vor dem Royals – unserem Lieblings Restaurant aus Jugendzeiten – auf Tamy und Will wartete.

Der Wind zerrte an meinem dünnen Cardigan und ich erwog gerade im Lokal weiter auf meine Freunde zu warten, als ich aus der Ferne ein Händchen haltendes Paar um die Ecke biegen sah – Will und Tamy. Ihre Finger waren kunstvoll ineinander verschlungen und er hatte den Arm um sie gelegt, um sie vor der Kälte zu schützen – ein heißer Stich schoss mir durchs Herz.

Sie sahen echt glücklich aus – fast wie in einer dieser Liebesschnulzen, bei denen mir schon nach der Hälfte das ganze Popcorn wieder hochkam. Aber ich musste mich einfach für meine beste Freundin freuen, auch wenn mein Herz gerade in zwei Teile gerissen wurde.

>> Hallo? Lucy, schläfst du etwa noch? << fragte mich eine leicht genervte Tamy – verdammt ich sollte wirklich besser aufpassen. >> Was? Ähm, ja... << die Verwirrung in meiner Stimme war kaum zu überhören.

>> Wenn das so weiter geht, kaufe ich dir zu Weihnachten ein Hörgerät. << erwiderte Tamy nun wieder mit einem Lächeln – ich errötete, weil die Situation so verdammt peinlich war.

>> Wir sollten jetzt reingehen. Du zitterst ja schon. << fügte Will hinzu – überraschender Weise an mich gerichtet.

Nachdem uns der Tisch zugewiesen wurde und wir uns ein paar Drinks bestellt hatten, war es einfach in ein Gespräch zu verfallen. >> Und wann ist denn eure Hochzeit? << fragte ich die beiden neugierig, während ich an meinem Gin Tonic nippte.

Doch das war ein großer Fehler – man konnte förmlich das Klicken in Tamys Kopf hören, als sich der Schalter umlegte und sie wie wild Fakten über ihre Hochzeit runter zu rattern begann.

>> Das war eines der schwierigsten Themen. Wills Mutter wollte ja unbedingt eine Hochzeit im Winter, weil sie selbst den Schnee als perfekt für ihre eigene Hochzeit empfunden hatte. Clark und Lizbeth haben ja im November geheiraten. Auf jeden Fall kam das für mich gar nicht in Frage, weil ich schon als Kleinkind von einer traumhaften Juni-Hochzeit geträumt hatte. Also ... << diese Frau schien wirklich nie zu atmen.

Ich versuchte wirklich ihrer verwirrenden Faktenflut zu folgen, während sich Will zu mir herüberbeugte, um mir ins Ohr zu flüstern. >> Das hättest du nicht sagen sollen ... <<

Er lehnte sich wieder zurück und sah mich an, bevor wir beide in Gelächter ausbrachen.

>> <<

Der weitere Verlauf des Abends war ebenso wenig leicht gewesen, wie der vorherige doch ich hatte ihn irgendwie überstanden. Ich hatte einfach nicht die Augen von Will lassen können, doch der hatte nur seine Verlobte im Kopf gehabt – langsam fühlte ich mich wirklich wie in einem schlechten Film.

Als ich das Zimmer zu meinem Hotelzimmer aufschloss und unachtsam den Raum betrat hörte ich irgendetwas klirren. Ich sah unter das Bett und entdeckte dort zwei leere Bierflaschen.

Dann war das also kein ... Aber? Jetzt kapierte ich gar nichts mehr.

Die Flaschen bedeuteten, dass Will mir gestern anscheinend doch einen Besuch abgestattet hatte – wenn das also passiert war, wie groß war dann die Chance, dass auch der Rest meines vermeintlichen Traumes der Wahrheit entsprach.

Darüber konnte und wollte ich mir nicht den Kopf zerbrechen. Ich wollte nur vergessen.

Also stieg ich am nächsten Tag, als wäre nichts gewesen, in den Zug, der mich zurück nach Boston bringen würde und versuchte alle Geschehnisse dieses Wochenendes zu verdrängen, was mir jedoch nur spärlich gelang.

Zuhause angekommen lebte ich mein Leben, so gut es ging, wie gehabt weiter ... 

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