Kapitel 16

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Die ersten Töne des typischen allweltbekannten Hochzeitsmarschs ertönten und zwei Herren in Anzügen öffneten die Flügeltüren. Als aller erstes betraten Tamys zuckersüße Cousinen den Kirchensaal und streuten fröhlich Blütenblätter auf den Boden – ich war wenige Meter hinter ihnen. Ich spürte die Augen aller auf mir und fragte mich unwillkürlich was Will wohl gerade dachte – was dachte er, wenn er mich ansah? Oder waren seine Augen lediglich auf die offene Tür hinter mir geheftet, weil er es kaum erwarten konnte seine Bald-Frau zu sehen.

Ja, so musste es wohl sein. Als ich fast am Altar angekommen war, fielen alle Blicke gleichzeitig von mir ab und ich brauchte mich gar nicht umzudrehen, um zu wissen, dass Tamy soeben den Raum betreten hatte.

Ob sich die Blütenblätter wohl in ihrem Kleid verfangen würden? Hoffentlich würde sie nicht stolpern? Endlich war ich an meinem Platz angekommen und drehte mich zum Mittelgang um. Ich konnte es einfach nicht lassen und schielte unauffällig zu Will, der jedoch – wie ich erwartet hatte – Tamy beobachtete und mit jedem ihrer Schritte schien sein Lächeln noch größer zu werden – falls das überhaupt noch möglich war.

Ich hätte nie daran zweifeln dürfen, dass er sie liebte. Bis zu diesem Moment war es mir zwar nicht klar gewesen, aber ich hatte immer gedacht, dass es vielleicht doch noch zwischen uns klappen würde. Das wir durch irgendeinen Zufall von den Gefühlen des anderen erfahren würden und dann zusammenkommen würden – doch das war eine egoistische und vollkommen irrationale Hoffnung gewesen.

Er liebte sie, verehrte sie regelrecht und wollte in seinem Leben nichts mehr als mit dieser Frau den Rest seines Lebens zu verbringen, das sah man ihm an. Als Tamys Vater Will seine Tochter übergab, hätte ich sogar schwören können, dass er Tränen zurückhalten musste.

Will blickte die Frau an, die in ein paar Minuten seine Ehegattin sein würde und sein Gesicht strahlte nichts als Liebe und Zuneigung aus. Die beiden drehten sich lächelnd zu dem Pfarrer um, der sogleich mit seiner Predigt begann.

>> Liebes Brautpaar! << er sagte irgendetwas darüber, dass sie nicht allein waren – Menschen, die sie lieben, alle Christen und sogar Gott waren hier bei ihnen. Dann wandte er sich am Will

>> Ich frage dich: Bist du hier her gekommen, um nach reiflicher Überlegung und aus freiem Entschluss mit deiner Braut Tamara Ann O'Neill den heiligen Bund der Ehe zu schließen? << Wills Blick wirkte mehr als entschlossen während er nickte und mit einer festen Stimme ein >> Ja, das bin ich. << ausstieß.

>> Willst du deine Frau lieben und achten und ihr die Treue halten alle Tage deines Lebens? << fuhr der Pfarrer fort und wieder antwortete Will mit einem >> Ja, das werde ich <<.

Als der Prediger sich an Tamy wendete und ihr dieselben Fragen stellte, die sie ebenfalls mit >> Ja << beantwortete wurde mir langsam mulmig zu Mute. Mit jedem >> Ja << schien sich mein Brustkorb ein wenig enger zu ziehen und ich wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ich atemlos auf dem Boden liegen würde – mit Tränen in den Augen.

>> Seid ihr beide bereit, die Kinder anzunehmen, die Gott euch schenken will, und sie im Geist Christi und seiner Kirche zu erziehen? << schien der Geistliche unverwandt fortzufahren, ohne irgendeine Rücksicht auf meinen Zustand zu nehmen. Meine besten Freunde erwiderten wieder ein >> Ja << und nach einer weiteren bejahten Frage wurden dem Pfarrer die Ringe gebracht.

Er segnete sie und ging dann über zu dem ‚Willst du Will Parker, die hier anwesende Tamara Ann O'Neill zu deiner angetrauten Ehefrau nehmen' und so weiter - Part, doch ich bekam schon gar nichts mehr mit.

Vor meinen Augen zog langsam aber sicher ein schwarzer Nebel auf und ich wusste, wenn ich nicht sofort das Weite suchen würde, würde ich die ganze Hochzeit ruinieren. Ich hatte gedacht ich wäre stark genug, doch das war ich nicht. Das war ich verdammt noch einmal nicht!

Keiner schien sich auf mich zu konzentrieren und als ich den Pfarrer irgendetwas von einem Kuss säuseln hörte, worauf hin sich alle klatschend erhoben, nutzte ich meine Chance und floh von der Hochzeit meiner besten Freundin. 

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