Kapitel 29

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Nach einer gefühlten Ewigkeit, in der ich in seinen Armen gelegen war, hatten wir doch beschlossen den anderen zu folgen. Ich war Will einfach unendlich dankbar, dass er mich an diesem Tag nicht allein gelassen hatte, weshalb ich auch alles ausblendete was zwischen ihm und mir vorgefallen war.

Wieder einmal konnte ich nicht die Augen von ihm lassen, während er mir gegenüber saß und lustlos in seinem Teller herum stocherte. Als schien er meinen Blick auf sich zu spüren, sah Will auf und in meine Richtung. Dann schenkte er mir ein herzzerreißendes Lächeln, bevor er sich wieder seinem Essen widmete.

So saßen wir einfach nur am Tisch und aßen. Zumindest bis meine Mutter kam und das angenehme Schweigen brach.

>> Hallo, Schatz. Will. << ihre Stimme war, für meinen Geschmack, eine Spur zu fröhlich für eine Beerdigung, wodurch ihre Heuchelei aufzufliegen drohte.

>> Guten Abend, Mrs. Grey. Schön sie zu sehen. Darf ich ihnen mein Beileid aussprechen? << typisch Will – immer höflich und zuvorkommend. Dabei war ich mir sicher, dass ihm der Gefühlsumschwung meiner Mutter ebenfalls nicht entgangen war.

>> Vielen Dank. Ich dachte nicht, dass du zu uns stoßen würdest. Solltest du im Moment nicht eigentlich auf Hochzeitsreise sein? << hakte meine Mutter nach und ließ meine Hoffnung, mein Essen noch in Ruhe aufessen zu können, in Rauch aufgehen.

>> Ja ... ein spontaner Besuch. << murmelte ich tonlos – ein wenig erfolgreicher Versuch den merkwürdigen Moment zu überbrücken. Ich versuchte stattdessen das Thema zu wechseln >> Mum, wie lange muss ich noch hierbleiben, damit es nicht pietätslos rüberkommt? <<

Meine Mutter schnappte empört nach Luft >> Also wirklich, Lucy. Du bist manchmal echt unmöglich << Erneut wendete sie sich Will zu. >> Und wo kommst du während deines ‚spontanen Besuches' unter. <<

Ich könnte schwören sie hatte irgendwelche Hintergedanken, wusste aber noch nicht genau was. >> Naja, wahrscheinlich werde ich in einem der unzähligen Hotels hier absteigen. << lächelte Will sie an. Ich war ihm unendlich dankbar, dass er genau wusste, wie er mit meiner Mutter umzugehen hatte.

>> Ah, das ist doch nicht nötig. << flötete meine Mutter. >> Du kannst bei uns wohnen. Lucy hat mit Sicherheit nichts dagegen. << Das konnte nicht ihr verdammter ernst sein! Wieso musste meine Mutter immer das Gegenteil von dem tun, was ich für Richtig oder gut hielt.

Will schien meine Verwunderung zu erkennen und versuchte sich geschickt aus der Sache heraus zu reden. >> Nein. Ich möchte ihnen jetzt wirklich nicht auch noch zur Last fallen, Mrs. Grey. << er klang fast ein bisschen verletzt.

>> Also ich hätte nichts dagegen. << warf ich ein, weil ich den Schmerz in Wills Stimme einfach nicht ertragen konnte. Bevor mir überhaupt klar geworden war, was ich eben gesagt hatte, klatschte meine Mutter erfreut in die Hände.

>> Wunderbar. Dann sehen wir uns ja zuhause, Will. Und bitte nenn' mich doch Katherine, ja? << Sie gab mir einen Kuss auf die Wange und verschwand dann wieder in der Menge von Gästen.

Kurz trat unbehagliche Stille ein, bevor Will etwas sagte. >> Danke, das ist echt nett von dir. << ich nickte und versuchte ein gequältes Lächeln aufzusetzen.

Na, super. Jetzt konnte ich mit Will drei Tage lang unter demselben Dach schlafen. Tür an Tür – als wäre die letzte Woche nicht schon schlimm genug gewesen. Nach einer weiteren halben Stunde beschloss ich abzuhauen und musste Will wohl oder über mitnehmen.

Nachdem ich die Haustür hinter uns ins Schloss hatte fallen lassen, warf ich meinen Blazer auf die Küchentheke und schenkte mir ein Glas Whiskey ein. Will hatte die Tasche, die er in seinem Auto verstaut hatte, in der Hand und stand etwas verloren im Türrahmen.

>> Ähm, wo soll ich die hier abstellen? << fragte er und kratzte sich dabei verlegen am Hinterkopf. Es sah ziemlich sexy aus, weswegen ich mir gleich noch ein Glas Alkohol einschenkte. >> Stell sie einfach ins Gästezimmer, du kennst dich ja aus. <<

Mein Ton war nicht besonders nett, aber durch den ganzen Stress konnte ich das einfach nicht verhindern. Als ich seine Schritte auf der knarrenden Treppe hörte, schlenderte ich missmutig ins Wohnzimmer und ließ mich auf die Couch fallen. Erschöpft schloss ich die Augen, bevor ich eine Stimme hörte, die mich bis zum Knochenmark mit Angst erfüllte...

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