Kapitel 39

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Langsam bewegte Will seine Lippen von meinem Mundwinkel hinab – zu meinem Kinn, meiner Kehle, meiner Halsbeuge und meinem Schlüsselbein. Seinen feuchtwarmen Mund auf meiner Haut zu spüren raubte mir sämtliche Beherrschung und ich krallte mich unwillkürlich in den weichen Stoff an seinen Schultern.

Will ließ seine Hände an meinen hinter ihm verhakten Beinen entlangwandern, bevor er mich keuchend wieder absetzte und ein paar Schritte Sicherheitsabstand zwischen uns brachte. Man sah ihm sichtlich an, wie viel Kraft und Selbstbeherrschung es ihn kostete, mich nicht nach oben zu begleiten, um dort weiter zu machen, wo wir aufgehört hatten. Aber er hatte Recht – das war nicht der richtige Zeitpunkt, jedenfalls noch nicht.

>> Ich sollte jetzt wirklich gehen. << stieß er atemlos hervor, während er mich genauestens musterte. Ich wusste genau was er sah – vom Küssen angeschwollene und rote Lippen, zerzauste Haare und womöglich auch ein – viel zu weit hochgerutschtes – Top. >> Kannst du dich ... bitte in den Schatten stellen oder so. Wenn du nämlich weiter so verdammt sexy vor mir stehst, kann ich wirklich für nichts garantieren. <<

Ich brach in Gelächter aus, drückte mich aber näher an die Hauswand um im Halbschatten zu verschwinden. Als Will sich wieder gefasst hatte, fuhr er fort >> Ich melde mich morgen bei dir, okay. << ich konnte nur nicken, weil ich kein Wort über diese geschwollenen Lippen brachte.

Er warf mir ein unschuldiges Lächeln zu, bevor er sich langsam vom Haus entfernte. Immer wieder drehte er sich jedoch um und warf einen kurzen Blick auf meine Gestalt – als würde er befürchten, ich könnte verschwinden. Jedes Mal lächelten wir uns an, bevor er sich wieder umdrehte, um seinen Weg fortzusetzen.

Somit dauerte es eine Ewigkeit, bis er endlich an seinem Auto angekommen war und mit quietschenden Reifen davon fuhr. Ich begab mich ungewöhnlich langsam nach drinnen, weil ich meinen Beinen immer noch nicht so ganz traute.

Erschöpft ließ ich mich dann auf mein Bett fallen. Ich atmete mehrere Male einfach tief durch – mein Gehirn war definitiv nicht in der Lage die heutigen Geschehnisse zu verarbeiten. Ich hatte Will geküsst. Will, einen verheirateten Mann. Will, den Mann meiner besten Freundin. Und es war nicht nur ein unschuldiger Kuss gewesen, nein, wir hatten eine ziemlich filmreife Knutscherei abgeliefert.

Und als ob das nicht genug wäre um mir monatelange Albträume wegen meines schlechten Gewissens zu bescheren, nein – mir hatte es auch unendlich gefallen und ich würde es jeder Zeit wieder tun. Wie sollte es jetzt denn bitte weiter gehen? Wie sollten wir mit unseren neu gestandenen Gefühlen umgehen?

Sollten wir es allen erzählen? Will und Tamys frische Ehe zerstören und ein neues Leben zu zweit beginnen? – Ich hatte keine Ahnung. Aber was ich wusste war, dass ich meine beste Freundin unter keinen Umständen verletzten wollte. Wie aber sollte ich Rücksicht auf sie nehmen und gleichzeitig mein Glück einfordern, dass endlich nach so vielen Jahren in greifbare Nähe gerückt war?

Wills Küsse hatten etwas in mir ausgelöst. Es war mehr als bloß pures Verlangen oder Begierde – es war eine Verbundenheit, von einer Stärke, die mir selbst noch Angst machte. Es war als ob ich einen Teil von mir wiedergefunden hatte, von dessen Existenz ich bis eben noch nichts gewusst habe. Der jetzt aber, wo ich ihn entdeckt hatte, nicht mehr wegzudenken war. 

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