Kapitel 17

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Alle Leute waren nur auf das frisch vermählte Brautpaar fixiert, sodass es mir ein leichtes war mich vom Rand des Altars zurückzuziehen und unauffällig zum Ausgang zu schleichen – Gott sei Dank hatte der Pfarrer uns den Hinterausgang gezeigt.

Draußen angekommen zog ich mir die schwarzen High heels aus, wegen denen ich fast aufgeflogen wäre – da ich kurz vor der Tür umgeknickt war, mich jedoch gerade noch fangen konnte. Meine nackten Zehen berührten den heißen Asphalt der Straße und ich spürte wie die Tränen hinter meinen Augen immer stärker drückten. Bald könnte ich sie nicht mehr zurückhalten.

Plötzlich packte mich die Verzweiflung und ich begann immer schneller zu gehen, bis ich irgendwann rannte. Die heiße Nachmittagssonne, die langsam der Abenddämmerung wich, brannte hart auf meinen Kopf, doch genau das brauchte ich. Ich wollte mich elend fühlen. Wollte mich auf den Schmerz konzentrieren, anstatt in Selbsthass zu versinken, weil ich meiner besten Freundin ihr Glück nicht gönnte.

Ich rannte und rannte bis ich mich schließlich atemlos an eine Mauer lehnte – ich war gerade einmal ein paar Straßen weit gekommen, wusste aber jetzt schon nicht mehr wo ich war. Diese verdammt engen Gassen der Italiener.

Ich konnte einfach nicht atmen. Wie sehr ich mich auch bemühte, mich anstrengte – es wollte einfach keine Luft in meine Lungen gelangen. Doch das lag weder an dem ziemlich engen Kleid, noch daran, dass ich aus der Puste war.

Der Schmerz kam von ganz tief in mir drin. Dutzende Nadeln bohrten sich in meine Brust – eine für jedes >> Ja <<. Erst als ich den Tränen endlich erlaubte zu fließen, löste sich mein Brustkorb aus seiner Starre und meine Lunge füllte sich mit einer – dringend benötigten – kalten Woge erfrischender, kalter Luft.

Ich weiß nicht wie lange ich noch so an dieser Wand gelehnt gestanden war, bevor ich beschloss das einzig vernünftige zu machen, das mir in den Kopf kam – Alkohol musste her.

Ich schlenderte also durch die Dämmerung, während ich nach einer Kneipe, Bar oder ähnlichem Ausschau hielt. Nach ungefähr 15 Minuten wurde ich auch fündig.

Es schien eine der Stammkneipen der Einheimischen zu sein, denn ich konnte hier keinen nicht-Italiener entdecken. Ich setzte mich auf einen Barhocker am Tresen und wartete darauf bedient zu werden, doch der Barkeeper ignorierte mich geflissentlich.

>>Scusa. Posso avere un drink per favore avere? Un whisky? Grazie << beschwor ich ihn mit meinem gebrochenen italienisch. Er drehte sich zu mir um, wendete sich dann aber sofort wieder ab und lachte. Ich wollte schon aufgeben und einfach gehen, als er meinen Drink vor mir abstellte.

>> Ich bediene normalerweise keiner Amerikaner, aber sie scheinen es wirklich zu brauchen. Prego. << ich nickte ihm dankbar zu und nahm dann einen großen Schluck von meinem Drink – die süßlich-bittere Flüssigkeit wärmte mich von innen.

Nach meinem 5. – oder war es bereits mein 6. Drink? – fing ich mir an Gedanken über Tamy zu machen. Ich fühlte mich schrecklich. Sie hatte jedes Recht mich zu hassen und nie wieder ein Wort mit mir zu wechseln. Ich hatte meine beste Freundin einfach im Stich gelassen und war von ihrer Hochzeit abgehauen – ich würde mir das selbst nie verzeihen.

Frustriert schlug ich mit der Stirn auf die Theke, wonach binnen weniger Sekunden ein neuer Drink neben mir stand – der Wirt musste bestimmt denken, dass ich gerade mein Kind verkauft hatte, oder so.

Unwillig mir weiter den Kopf über die heutigen Ereignisse zu zerbrechen, saß ich tatsächlich 4 Stunden in dieser verdammten Kneipe, bis mich schließlich ein Geräusch wieder in die Wirklichkeit zurück zerrte – der Klingelton meines Handys.

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