Kapitel 10

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Zeitsprung eine Woche vor der Hochzeit

Seit dem ereignisreichen Klassentreffen war ein halbes Jahr vergangen. Der Schnee war schon längst geschmolzen und die Sonne zeigte sich jetzt immer öfter.

Als ich vor 3 Monaten die Einladung zur Hochzeit meiner besten Freunde erhalten hatte, wollte ich den Umschlag zuerst nicht öffnen. Ich hatte die Sache so erfolgreich verdrängt, doch als ich dieses verdammte fliederfarbene Kuvert in meinen Händen hielt und auf die verschnörkelte schwarze Handschrift starrte, wurde es auf einmal wieder verdammt real.

Trotzdem hatte ich 3 Tage gebraucht, bis ich mich überwunden hatte die Einladung aus ihrem Umschlag zu ziehen. Tamara O'Neill und William Parker laden euch herzlich ein an dem schönsten Tag in ihrem Lebens teil zu haben. Ich hätte mich beinahe übergeben – oder mir die Seele aus dem Leib geheult – da war ich mir bis heute noch nicht ganz sicher.

Doch Tamy war meine beste Freundin und als erste Brautjungfer konnte ich sowieso schlecht die Hochzeit schwänzen. Also war ich gerade dabei das letzte Shirt in meinen ohnehin schon überfüllten Koffer zu quetschen, als mein Handy klingelte.

Mit einem frustrierten Seufzer nahm ich den Anruf an – ich wusste genau wer am anderen Ende sein würde. >> Lucy? Lucy, gut das du rangehst! Das hier ist ein riesen Fehler! Ich muss sofort von hier weg. << Tamys panische Stimme klang noch schriller als sonst, durch die überlastete Leitung. >> Ganz ruhig. Setz dich erst mal. << meine sanfte Stimme hätte sogar einen tollwütigen Bären davon abgehalten mich zu verschlingen. >> Sitzt du? <<

Ich konnte ein tonloses >> Mhm << am anderen Ende vernehmen. >> Gut. Und jetzt atme tief ein - << ich machte es ihr vor >> und wieder aus << wieder atmete ich demonstrativ laut aus. Nachdem sie einige Minuten einfach so dagesessen war, konnte ich förmlich spüren wie die Anspannung von ihr abfiel.

>> Ich bin in ein paar Stunden bei dir, okay? Am besten wäre es, wenn du dir etwas zu trinken besorgst. << ein paar Stunden war die Untertreibung des Jahrhunderts, da der Flug von Boston nach Verona ganze 10 Stunden dauerte. Aber Tamy hatte sich in den Kopf gesetzt unbedingt dort zu heiraten – wegen Romeo und Julia und so. Vielleicht hätte ihr mal jemand erklären sollen, dass die beiden am Ende Tod sind.

Tamys Stimme – jetzt etwas fester – unterbrach meine Gedanken. >> Alles klar, wird gemacht. Bis später. Hab dich lieb. << dann legte sie auf – ohne meine Antwort abzuwarten.

Für mich war dieser Anruf – und die 10 anderen in der letzten Woche – nur noch ein weiterer Grund, mich furchtbar zu beeilen. Denn so cool meine beste Freundin auch manchmal wirkte – in solchen Situationen war sie kaum noch wieder zu erkennen. Ich musste so schnell wie möglich zu ihr, um zu verhindern, dass sie irgendeine Dummheit fabrizierte.

Also machte ich mich wieder daran den überfüllten Koffer zu schließen, bevor ich mir meine Schlüssel und Jacke schnappte, ins Auto stieg und zum Flughafen fuhr. Dort angekommen stieg ich in die Maschine und betete zu Gott das Tamy in den nächsten 10 Stunden nicht wieder ausrasten würde – wer weiß was sie tun würde, wenn ich nicht da war um sie zu besänftigen. 

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