Kapitel 43

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Ich weinte nicht.

Keine einzige Träne machte auch nur den Anschein aus meinen Augen zu treten – stattdessen glichen sie einer Sahara. Mit einem frustrierten Aufstöhnen stieß ich die Taschentücher Packung neben mir vom Bett.

Nach dem Gespräch mit Will war ich noch fast zwei Stunden perplex an unserem Tisch im Royals gesessen und hatte in die Leere vor mir gestarrt. Erst als die Bedienung mich höflich gebeten hatte etwas zu bestellen oder den Tisch für andere Gäste frei zu machen, war ich aufgestanden und wie ein Zombie nach Hause geschlurft.

Mein Kopf war ein einziges Chaos – nur einen Gedanken hatte ich mehr als präsent vor meinen Augen. Ich hatte mich noch nie so leer gefühlt.

Immer wieder spielte sich der Vormittag wie ein Film in Dauerschleife vor meinen Augen ab – Will, der es nicht über sich brachte mich noch ein einziges Mal anzusehen. Will, der wortlos aus dem Restaurant ging.

Ich wusste, dass ich das richtige getan hatte. Er gehörte nicht zu mir – er gehörte zu Tamy, seiner Ehefrau. Meiner besten Freundin – und wie ich es auch drehte und wendete, es war zu spät um das was wir am gestrigen Abend zwischen uns entdeckt hatten weiter zu erkunden.

Das Schicksal hatte es so gewollt und ich musste es wohl oder übel hinnehmen. Obwohl mich sein Gesichtsausdruck fast zum Einknicken gebracht hätte – diese Verzweiflung, dieses Feuer – alles war wie weggewischt gewesen und durch nichts ersetzt worden. Auch sein Blick hatte Leere ausgestrahlt.

Verzweifelt klammerte ich mich an den Gedanken, dass Tamy ihn wieder aufbauen würde. Er würde mittlerweile schon längst im Flieger nach Italien sitzen und würde, sobald er dort gelandet ist, keinen Gedanken mehr an mich verschwenden. Er würde die Flitterwochen mit seiner Frau genießen und sich dann mit ihr zusammen ein Leben aufbauen, in dem mein Name nur zu Feiertagen oder an meinem Geburtstag erwähnt werden würde.

Ich drehte mich auf die Seite und mein landete mit meiner Hüfte auf der Fernbedienung meiner Stereoanlage – wenige Sekunden später tönte aus den Lautsprechern sanfte Pianotöne und Elvis Stimme erfüllte den Raum. Beinahe hatte ich aufgelacht – von allen Songs, die auf diesem Mix Tape waren, musste jetzt ausgerechnet >> Can't help falling in Love << laufen.

Selbst als ich dem Song lauschte und jede Silbe, der rauchigen Stimme in mich aufnahm, wollten meine Tränendrüsen einfach nicht funktionieren. Als das Lied schließlich zu Ende war, folgte ein viel fröhlicherer, schnellerer Track, doch ich hatte einfach nicht die Kraft nach der Fernbedienung zu greifen und die Musik auszustellen. Also lag ich einfach auf meinem Kinderbett und starrte an die fleckige weiße Wand.

Ich war so darin vertieft die Kerben im Putz zu zählen, dass ich den Motor des in die Einfahrt einparkenden Wagens nur am Rande bemerkte, mich aber nicht weiter damit beschäftigte. Die Autotür wurde geöffnet und geräuschvoll zugeschlagen – danach vollkommende Stille.

Zumindest bis ich ein leises Klicken an meiner Fensterscheibe wahrnahm. Einmal, zweimal, Dreimal. Es dauerte ganze fünf Minuten und weitere Zwölf Klickgeräusche bis ich die Kraft fand, mich aus dem Bett zu quälen und zum Fenster zu schlurfen. 

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