•friendly•

84 12 0
                                    

"Tut mir Leid Callidus, aber leider musst du jetzt mit mir kommen"

Taehyung

Unruhig sitze ich auf den weichen Polstern meines zweiten Lieblingsortes. Egal wie sehr ich es mir versuche auf dem Sofa bequem zu machen, habe ich das Gefühl es wird nur schlimmer. Mit jedem Ticken der Uhr, jeder weiteren Sekunde steigt meine Sorge um meinen besten Freund, welcher noch immer nicht hier ist.

Es ist 20 Uhr, normalerweise eine recht gewöhnliche Zeit, doch habe ich Jimin inständig gebeten um spätestens 19 Uhr hier zu sein. Wenn es erstmal finster wird lungern auch niedere Dämonen auf der Erde herum. Da er noch keine Ausbildung hat wäre er also sehr aufgeschmissen, er könnte im schlimmsten Fall sogar unter die Erde wandern.

Dass Hoseok immernoch hier ist hilft ebenfalls kein Stück, viel mehr regt es mich auf. Er meint es nicht böse, aber sein mitleidiger Blick hängt mir zum Hals raus.
Ich bin nicht mehr die Ruhe selbst wie sonst immer, sogar dem Rotschopf ist dies nicht entgangen. Der Ältere rutscht immer näher an mich heran, viel mehr als es mir passt.
Stunden der Zusammenarbeit haben mich schon meinen letzten Nerven beraubt.
Ich dachte er könnte es niemals so weit treiben, dass ich ihn am liebsten hochkant aus dem Haus geworfen hätte. Dennoch, der Gedanke, dass ich dann vielleicht nicht mehr lange mit ihm abhängen muss, konnte mich letztendlich ruhig stimmen.

Doch diese Ruhe, die ich so verzweifelt versucht habe beizubehalten, sie zerspringt nun in tausend Scherben. Seine Hand legt er brüderlich auf meine Schulter und streicht hauchzart über diese.
"Taehyung beruhige dich, was ist denn los?"
spricht Hobi, beinahe flüsternd. Ich muss vor Schreck ein wenig zucken, dass er mich direkt ansprechen würde habe ich nicht kommen sehen. Langsam wende ich meinen Blick zu ihm, verhake unsere Augen ineinander, starre gebannt in das tiefe Braun. Er sieht unglaublich besorgt aus, so fürsorglich habe ich ihn noch nie erlebt, wohl eher war er noch nie so zu mir.

"Vertrau mir bitte, du kannst es mir erzählen, ich war nicht wirklich freundlich zu euch, aber ich bin keine schlechte Person" wiederholt er seine Bitte, es klingt so als würde er sich tatsächlich Sorgen um mich machen, ein durchaus ungewohntes Gefühl. Aber hier sieht man nunmal die Seite, jene die sonst jeder zu Gesicht bekommt.

In der Klasse war er beliebt, den Titel als Klassensprecher wohlverdient. Er hilft jeden, hat ein offenes Ohr selbst für Leute, die nicht unserer Klasse angehören. Ist immer der erste, der zur Stellung ist sobald man in Schwierigkeiten ist. Außerdem ist er für seinen besonderen Humor bekannt. Selbst wenn ein Witz nicht lustig war, sein Grinsen bringt einen trotzdem dazu, mindestens die Mundwinkel anzuheben.
Nur zu Jimin und mir war er immer so abweisend, weswegen ich ihm nicht ganz über den Weg traue. Noch nie wurden wir mit ihm konfrontiert, genauso wenig wie er mit uns, aber seine gewisse Abneigung konnte er nie ganz verstecken.

Ich kann ihm schlecht die Wahrheit sagen, dazu habe ich zu wenig Vertrauen in diese Person. So sehr wurde Jimin von ihn gequält, offensichtlich grundlos. Es war nie schlimm was er tat, doch ein Bein stellen oder Schubsen kann auch gewaltig nach hinten los gehen.
Und doch irgendetwas zwingt mich ihm zu öffnen. Ich will es nicht, aber scheint eine unsichtbare Kraft ganz ungeniert mich zu beeinflussen.
"Ich habe schon einmal versagt ihn zu retten, ich halte diese Angst um ihn nicht aus, was wenn er während meiner Abwesenheit stirbt!?"
Beinahe geschrien habe ich, der ganze Druck, welcher auf mir lastet, habe ich in diese paar Worte gelegt.

Nachvollziehbarerweise starrt mich der Rothaarige schockiert an, sein Mund ist fast schon wie auf Knopfdruck aufgeklappt, was mich verunsichert. Wie ein Irrer muss ich nun auf ihn wirken, jemand der aus einer scheinbar kleinen Sache ein großes Dilemma macht.

Er kann es zwar nicht wissen, trotzdem erdrückt mich sein verurteilender Blick. Dieser stempelt mir förmlich den Titel der großen Dramaqueen auf. Als hätte man mir tonnen an schweren Gewichten angehängt zieht es meinen Körper runter, während meine bis jetzt aufrechterhaltene Fassung, scheinbar von dem höchsten Hochhaus springt.
Mit jeder Sekunde mehr bröckelt und die innere Furcht Fahrt aufnimmt.

Ich will nicht schwach wirken, vor allem nicht vor Hoseok, der mich so sicherlich niemals eingeschätzt hätte oder jetzt erst recht einen validen Grund gefunden haben könnte mich zu erniedrigen. Seinen Mund hat er mittlerweile wieder geschlossen, doch starrt er mich kritisch an, mit zusammengezogenen Augenbrauen, die scheinbar jede Bewegung und Emotion von mir beurteilt.

Immer mehr bemerke ich, wie ich unter diesem Druck zerbreche.
Meine vorherig noch so selbstbewusste Körperhaltung, ist in sich zusammengeklappt. Die Schultern sind nach vorne gedrückt und hängen herunter, während mein Blick immer mehr von dem seinen weicht. Dringlich versuche ich ihm zu entkommen, nicht mehr in diese Augen zu sehen, doch bückt er sich immer mehr zu mir. Ich kann ihm nicht entkommen.

Unweigerlich treibt mir diese Hilflosigkeit dicke Tränen ins Blickfeld, welche dieses verschwimmen lassen, sodass ich wie durch Nebel, alles wahrnehme. Schnell verstecke ich sie, lege meine Hände über das Gesicht, wenigstens das soll er nicht sehen, dieses Vergnügen gönne ich ihm nicht. Meine zerbrechliche Gestalt beginnt wie in Winters Kälte zu zittern, mich kümmerlicher als ohnehin schon wirken lässt. Ich erwarte einen bissigen Kommentar oder ein ignorantes Lachen von meinem Klassenkamerad, doch kommt es so viel anders.

Unerwartet legen sich zwei Arme um mich, ziehen meinen Körper fest an die Brust meines Gegenübers. Geborgenheit und Wärme erwartet mich, umgarnt mich wie der süße Duft von Frühlingsblüten.
Zärtlich streichelt er mir über den Rücken, zeigt mir seine Anwesenheit und beweist das ich nicht allein bin.
Die Hände, die bisher auf meinem Gesicht lagen, schlingen sich an den Körper, krallen sich förmlich fest. Es nervt mich, dass ich mich an meinen Klassensprecher wie ein Klammeraffe ranhänge, doch würde ich in meinem Aufruhr wohl jeden und alles so erdrücken.

Ich konzentriere mich wie gebannt auf ihn, die verräterischen Worte, die er dabei flüstert dringen nicht zu mir durch, als ob er sie an sich selbst gerichtet hätte.

Rejected~VminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt