Screams

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"Leider aber kann ich ihm diese Worte nicht glauben, vehement schüttel ich meinen Kopf und presse seinen Körper noch mehr an meinen. 
"Nein, nichts ist gut. Ich habe Blut an meinen Händen und da draußen tobt ein Krieg, nur meinetwegen!"

Jimin

"Woher weißt du das-" fassungslos, mit offen stehenden Mund, starrt mich der Jüngere an, dem hin und wieder noch ein paar Tränen in die Augen kommen, sie aber weg blinzelt. Unwohl knete ich meine Finger und kratze nervös meine Nasenspitze. Hin und wieder schniefe ich."Während meinem Schlaf habe ich ihre Klage gehört, sie leiden und es ist alles meine Schuld, gäbe es mich nicht..." offenbare ich, denke dabei an jeden Hilferuf, den ich vernommen habe.

Ich habe tausende Male meinen Namen gehört. Sie alle schrien nach mir, entweder wütend, traurig, erschöpft, panisch, leblos. Sie wollen mich brennen sehen, in den eigenen Flammen in mir, die mich verzehren, bis ich nur noch ein Haufen Asche bin. Das Feuer, es wird mit meinem Hass und meiner Trauer geheizt, es brennt immer mehr bis es mit mir vorbei ist.

"Missgeburt“, die Stimme des Verstorbenen schallt immer noch in meinen Gedankengängen.
Wie angewidert dieses Wort wiederholt. Mit jedem Mal aggressiver und schuldiger. Auch wenn ich eben erst zur Ruhe Dank Taehyung gekommen bin, habe ich das Gefühl wieder von den ganzen Ereignissen überrollt zu werden. Die Panik baut sich explosiv wieder auf, als wäre sie nicht geschwunden.

Doch bevor es endgültig mit mir geschehen ist dringt die lindernde Klangfarbe meines Gegenübers durch, der meine Hände gleichzeitig aus meinen Haaren zerrt. Unbewusst habe ich sie in ihnen vergraben und an den Strähnen gezerrt, wie ich an dem unangenehmen Schmerz erkennen kann, der meine Kopfhaut pochen lässt.

"Es ist alles gut. Trotzdem ist unsere Hilfe momentan dringend, ja? Wenn du dir ehrlich im Klaren bist, was du willst, wen du helfen willst. Dann komm und lass uns erst essen, danach müssen wir los. Man braucht uns schließlich," er tischt mir Fakten auf, welche von denen ich mich stumm und heimlich wünsche, sie wären unwahr. Bedauerlicherweise ist dem leider nicht so und das, wie schon oft genug in meinem Kopf ausgeführt, ist meine Schuld.

"Wer braucht genau Hilfe?" Frage ich im Flüsterton, doch wahre Neugierde befindet sich nicht hinter den Silben."Joon, ich habe das Gefühl er wird Hilfe brauchen," erzählt er ruhig. Auf einmal fällt mir wieder etwas ein, etwas, das ich zuvor verdrängt habe. Ich springe beinahe vom Bett auf und würde am liebsten losrennen, doch erfasst mich ein Schwindel, der mir fast den Boden unter den Füßen wegreißt, hätte ich mich nicht an der Wand abgestützt.

"In dem Fall kann ich auf Essen verzichten,"keuche ich, meine Wunden schmerzen noch, ich habe meine Regeneration unterschätzt, doch aufhalten wird mich dir Tatsache nicht. "A-Aber,"stottert der Rosahaarige perplex, ihm gehen die Worte aus. Gerne würde ich ihm Sorgen nehmen, doch leider sind jene real. Ich kann ihn nicht vor allem schützen, deswegen schone ich ihn nun auch nicht mit bezaubernden Worten, die die Wahrheit verschleiern.

"Ich habe auch Jackson schreien hören," berichte ich, denke dabei an seine Qual. Seine Stimme ist mir besonders hängen geblieben, denn sie klang weder wütend noch sonst etwas, viel mehr bedauernd. "Na gut... Das ist zwar nicht gut, dass du auf dich nicht achtest, aber leider eilt es wirklich..." seufzt er, seine Schulter hängende träge, er wirkt enttäuscht.

"Tut mir leid", hauche ich und streiche ihm durchs Haar als kleine Wiedergutmachung.Es freut mich als er tatsächlich ein wenig glücklicher aussieht als zuvor, zwar nicht fröhlich, aber es ist nun mal Krieg, für so ein Gefühl ist da leider nie Platz. Wie schon einmal beobachtet hebt er seinen Arm und übt eine starke Kraft aus, die ein Tor, direkt in diesem Raum öffnet. Wie viel Mana diese Leistung wohl benötigt könnte ich mir nicht einmal im Schlaf vorstellen.

Stumm blicken wir auf das Tor, welches uns letztendlich nur ins Verderben führen wird. Langsam macht sich doch die altbekannte Angst bemerkbar. Ganz ohne meine Handlung zu merken, greife ich nach seiner Hand und drücke sie fest. Erst als auch er Druck ausübt, merke ich was ich mache. Vorsichtig linse ich zu ihm und merke, dass er mich ansieht mit einer Mischung aus Freude und Leid.

Es dauert ein wenig bis wir uns überwinden können, doch schließlich schaffen wir es und treten durch das Portal, in die Welt, die ich eigentlich nicht mehr besuchen wollte. Das Leben ist kein Wunschkonzert. Meine Flügel fallen mir erst wieder auf, als mich meine Federn kitzeln. Es ist ungewohnt, aber irgendwie, auch wenn sie Zerstörung bringen, kann ich nicht anders als die Schwingen zu bewundern.

"Lass uns gehen" spricht Victima schließlich,  ohne Blickkontakt aufzubauen. Aus dem Augenwinkel sehe ich sein Tattoo, es fasziniert mich, am liebsten würde ich es ertasten und seine Wange streicheln.
Doch lenkt mich das Brennen unter meinen Sohlen entscheidend ab. Der Boden wirkt heißer als sonst, als würden wir nur ein klein wenig von der Lava entfernt sein, als sei welche unter uns.

Je mehr wir durch die Unterwelt streifen, desto mehr fallen die Leichen auf. Die Leichen türmen sich mit jedem Schritt mehr. An anderen Stellen wird noch immer gekämpft, auch wenn manchen teilweise Gliedmaßen fehlen, sie keine Waffen haben oder sonstiges. Sie hören erst auf, wenn Rückzug angeordnet wird.

"Es ist schlimm. Aber denk dran Callidus; du kannst es beenden."

Die weibliche Stimme kommt wie aus dem Nichts. Sie ist befremdlich. Nein, ich habe sie noch nie gehört und trotzdem scheint sie mich zu kennen. Doch wie meint sie das und vor allem kann ich der Frau vertrauen, die sich einfach in meinen Kopf eingeschleust hat? Oder werde ich langsam aber sicher verrückt und die Worte waren pure Einbildung. Es hat sich warm angefühlt als sie gesprochen hat und doch fühle ich mich noch schwerer als zuvor.

"Jimin? Jimin, hörst du mich?"
Aus meiner Trance gerissen dachte ich erst Taehyung würde zu mir sprechen. Als ich allerdings auf vertraute Augen des Engels treffe, bin ich überrascht. Hoseok wirkt verstört und das nicht meinetwegen.
Seine Hände hat er mit meinen verschränkt, er zittert an ganzem Leibe. Die Blutspritzer stehen ihm nicht. "Äh ja, sorry, was hast du gesagt?"hake ich nach, als ich nur auf Stille treffe, als sei die Zeit pausiert.

"Da ist Joon, er sieht nicht gut aus", äußert Victima ungeduldig, packt mich an der Schulter und schüttelt mich, als müsse ich zur Besinnung kommen und nicht er, der genauso verstört wie Lux .
Beide sind maßlos erschöpft, genauso wie ich und trotzdem stehen sie es durch. Auch wenn ich am liebsten weiterschlafen will, muss ich für sie stark sein und weiter machen.

Auch wenn ich besorgt um sie bin, wende ich meinen Blick letzten Endes ab und suche nach Namjoon, der oberste Priorität hat. Tatsächlich ist es schwer ihn zu übersehen. Er sitzt ganz alleine vor einem Haufen Staub. Sein Leib bebt und seine Augen glitzern. Beide an meiner Seite packe ich auf der Stelle und reiße sie mit zu dem Dämon, der jämmerlicher nicht aussehen könnte.

Bei ihm angekommen erlaube ich den beiden ihre Freiheit wieder und lasse sie los. Ich falle auf die Knie und rutsche zu Scientia, den ich auf der Stelle umarme, dabei bemerke ich seine noch glühenden Hände. Kurz war er weggetreten, als aber sein Kopf sich von dem Staub zum ersten Mal abwendet ändert sich sein Ausdruck schlagartig. Davor sah er so verletzt und zerstört aus, jetzt ist eine bloße Leere im Gesicht zu erkennen, die einem nicht erlaubt durchzudringen.

Ein wenig anstandslos ist es, was ich als Nächstes mache, doch muss ich Gewissheit erlangen. Ich deute auf den Haufen neben ihm, der bedeutungsloser nicht aussehen könnte.
"Ist das?," schwer schlucke ich, mir fällt auf, so einfach ist es für mich doch nicht dies zu fragen. Seine Antwort hätte wütend ausfallen können. Erzürnt, voller Trauer, doch alles, was ich bekomme, ist ein mickriger Satz, der mir glatt mein Herz brechen könnte.

"Bitte frag nicht. Wir müssen Sora suchen, wir können nicht warten"

Rejected~VminWo Geschichten leben. Entdecke jetzt