Kapitel 36

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Ich trank einen großen Schluck von meinem Cocktail und fragte dann: „Warum hast du dich so lange nicht bei mir gemeldet? Ich meine, jetzt sitzen wir hier und..." Er schaute mich lange an. „Naja, ich wusste nie, was ich dir schreiben soll... aber als ich neulich meine Wohnung umgeräumt habe, fiel mir das Fotoalbum in die Hand, dass du mir zum 3jährigen geschenkt hast... und da konnte ich einfach nicht anders, als dir zu schreiben. Und ich bin froh, dass du dich hier mit mir triffst. Du hast mir wirklich gefehlt, Milena." Er stellte seinen Cocktail ab und legte mir eine Hand auf den Oberschenkel. „Du siehst wirklich fantastisch aus...", sagte er leise. Ich merkte, dass ich rot wurde und wollte seine Hand zur Seite schieben. Doch in diesem Moment legte er seine Hand in meinen Nacken und küsste mich. In meinem ganzen Körper kribbelte es und wieder lief mir ein Schauer über den Rücken. Als seine Lippen sich von meinen lösten, lächelte er mich an. „Das hat mir auch gefehlt...", meinte er. Plötzlich sah ich jemanden auf unseren Tisch zu stürmen. Isi packte mich am Handgelenk und zog mich hinter sich her Richtung Damentoilette. „Sag mal, bist du vollkommen bescheuert?", schrie sie mich an, „du triffst dich NUR mit deinem Ex-Freund, aber da läuft sicher nichts zwischen euch? Und deshalb küsst ihr euch? Man Milena!" Sie war vollkommen außer sich. „Was ist, wenn Ben hier aufgetaucht wäre? Wenn ER euch gesehen hätte?" - „Hat er aber nicht...", gab ich kleinlaut zurück, „und ich wollte das gar nicht..." - „DAS hat man gesehen. Milena, ich glaube, es wäre besser wenn du jetzt nach Hause gehst. Ohne ihn." Ernst schaute sie mich an. Ich biss mir auf die Lippe. Der Abend war bisher wirklich schön gewesen, ich wollte nicht, dass er jetzt endete. Ich schob mich, ohne Isi zu antworten, an ihr vorbei und ging zurück zu Kollja. „Wollen wir vielleicht noch woanders hingehen?", fragte ich und reichte ihm meine Hand, „ich könnte ein wenig frische Luft vertragen..." Er stand auf und wir verließen das Pumuckl. „Milena, ich glaub das nicht...", hörte ich Isi noch rufen, als die Tür zufiel.
„Wer war denn das?" - „Ach, eine Kollegin von mir. Nicht weiter wichtig", antwortete ich hastig, „wie wär's wenn wir in den Park gehen, der hier um die Ecke ist? Ein bisschen spazieren?" Er nickte und kurze Zeit später kamen wir im Park an. Wir setzten uns zusammen auf eine Parkbank und ich legte meinen Kopf an seine Schulter. Vor meinem inneren Auge liefen die ganze Zeit Szenen unserer gemeinsamen Vergangenheit ab. Ich zündete mir eine Zigarette an. „Und wie lange bist du noch in Berlin?", fragte ich. „Morgen früh fahr ich wieder...", antwortete er traurig und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht, die sich aus meinem Zopf gelöst hatte. „Achso...", seufzte ich und schaute auf mein Handy. Mittlerweile war es kurz vor 11 und ich hatte mehrere Nachrichten von Ben. Ich steckte mein Handy zurück in die Tasche, ohne die Nachrichten zu lesen. „Ich glaub, ich sollte langsam nach Hause. Ich muss ja auch morgen wieder arbeiten...", sagte ich leise. Wir standen auf und er meinte, dass er mich noch nach Hause bringen würde. So liefen wir nebeneinander durch die leeren Straßen, redeten über gemeinsame Erlebnisse, wie unseren Urlaub in Bulgarien und die vielen durchzechten Nächten. Als wir vor meinem Haus ankamen, zog er mich nochmal an sich und gab mir einen langen Kuss. „Es war schön, dich endlich mal wiederzusehen. Ich hoffe, wir können das bald wiederholen", sagte er und umarmte mich dann. „Das hoffe ich auch...", gab ich leise zurück. Er wandte sich zum Drehen und winkte mir noch einmal zu.
Ich schloss die Tür auf und ließ mich in meiner Wohnung angekommen aufs Sofa fallen. Was war da gerade passiert? Mein Kopf begann zu pochen. Kollja hatte mich geküsst und ich hatte nichts dagegen getan. Ich habe nichts dagegen getan, weil es mir gefallen hat. Ich schlug neben mir ins Kissen. Dann kramte ich mein Handy hervor und las die Nachrichten von Ben. Er hatte gefragt, wie mein Abend bisher so ist und dass er mich vermisst. Ich antwortete, dass ich ihn auch vermisse und nun ins Bett gehen würde. Mein schlechtes Gewissen wurde von Minute zu Minute größer. Dann vibrierte mein Handy wieder. „Soll ich noch vorbeikommen, damit du nicht alleine schlafen musst? Du fehlst mir wirklich sehr...", schrieb Ben und ehe ich antworten konnte, bekam ich eine SMS von Kollja. „Danke für den schönen Abend, er hätte gerne noch länger sein können... ich hoffe, es hat dir auch gefallen. Deine Lippen sind immer noch so schön weich wie damals... Kollja" Als ich diese Worte las, kribbelte es erneut in meinem Bauch, aber ich beschloss nicht darauf zu antworten. Ben hingegen schrieb ich, dass ich wirklich sehr müde sei und wir uns ja morgen sehen würden. Ich konnte ihm jetzt unmöglich gegenüber stehen...

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