Kapitel 12

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Ich wachte am nächsten Morgen ziemlich früh auf, laut Handy war es gerade mal kurz nach 7. "Blöder Biorhythmus", dachte ich und drückte dem noch schlafenden Ben einen Kuss auf die Stirn. Ich nahm meine über den Fußboden verteilten Sachen und ging ins Bad. Ich band mir meine Haare zu einem lockeren Zopf zusammen und zog mich an. Dann schnappte ich mir meine Tasche und verließ leise die Wohnung. Draußen steckte ich mir eine Zigarette an und schlenderte durch die menschenleeren Straßen. Nur hier und da waren ein paar Jugendliche unterwegs, torkelnd auf dem Weg von der Disco oder Kneipe in ihre warmen Betten. Ich lächelte ihnen zu. Ein wenig torkelig fühlte ich mich nach der Nacht auch. Und meine Gefühle waren wild durcheinander gewürfelt. Die Sache mit seiner Ex-Freundin ging mir einfach nicht aus dem Kopf und ich musste an einen Song von ihm denken

Dieses Shirt, dass du vergessen hast,
riech wie besessen dran, Tag für Tag mehr
nur scheinbar lässt es nach. Und letzte Nacht
gewälzt im Schlaf, bis zum Rot in der Früh,
nur bist du das wirklich oder bloß dein Parfum?

Ich wusste selbst, dass man Gefühle nicht einfach abstellen konnte. Aber war man dann bereit, schon etwas Neues anzufangen? Er hatte mir gestern gestanden, sich in mich verliebt zu haben. Und wir haben miteinander geschlafen. In mir wuchsen die Zweifel, ob das richtig gewesen ist. Hatte ich mich zu schnell von ihm und seiner charmanten und unglaublich erotischen Art hinreißen lassen oder hatte ich einfach nur auf mein Herz gehört und somit alles richtig gemacht?
Ich blieb vor einem kleinem Café stehen, holte mir einen großen Kaffee und ein belegtes Brötchen und setzte mich auf eine nahegelegene Bank. Ich merkte ein Vibrieren in meiner Tasche und kramte mein Handy hervor. Ben rief mich an. "Guten Morgen", sagte ich, "au verflucht! Heiß!" - "Milena, Prinzessin. Wo bist du? Und was ist passiert?" Ich musste lachen, Geduld war schon seit jeher keine meiner Stärken gewesen. "Bin ein wenig spazieren gegangen, ich muss ein wenig nachdenken. Über uns und über das, was du mir gestern erzählt hast. Ach und ich hab mich grad an meinem Kaffee verbrannt." Er erzählte mir nur noch kurz von wann bis wann er heute unterwegs war und fragte dann nach einem Treffen heute Abend im Pumuckl. Doch ich lehnte ab. "Ben, tut mir leid, aber ich brauch grad wirklich ein wenig Zeit für mich..." und legte auf, ohne seine Antwort abzuwarten. Ich wollte mich nicht überreden lassen und am Ende unglücklich werden, wenn er doch zu Caro zurückging.
Ich fuhr zurück zu mir nach Hause und kuschelte mich in meiner Jogginghose und einem viel zu großen Shirt vor den Fernseher und verbrachte den Rest des Tages mit Nachdenken und Serien schauen.
Am nächsten Morgen erzählte ich Isi von meinem restlichen Wochenende und meinen - erneuten - Bedenken. Sie redete mir gut zu und sagte, dass ich das alles nicht so schwarz-weiß sehen sollte. Immerhin schien er sich wirklich um mich zu bemühen. Wir gingen in der Mittagspause zusammen essen, auch wenn ich mich ja am Samstag eigentlich mit Ben verabredet hatte. Aber ich hatte ihm seit gestern nicht mehr geschrieben und wollte erst einmal meine Gefühle und Gedanken ordnen. Als wir ins Büro zurückkehrten, bat mein Chef mich zum Gespräch. "Milena, erfreulicher Weise hat dein Artikel unserem Magazin einen enormen Schub verschafft!", sagte Thomas begeistert, "deshalb habe ich eine Bitte an dich." Ich sah meinen Chef neugierig an. "Wie du sicherlich weißt, geht es in vielen seiner Songs um Liebe. Ich möchte, dass du mit ihm ein Interview über sein Liebesleben führst. Am besten gleich morgen Vormittag, damit der Artikel in die neue Ausgabe kommt. Und am besten ein paar romantische Fotos dazu! Schaffst du das?" Ein wenig entsetzt schaute ich ihn an, nickte dann aber. "Perfekt! Dann ruf ich direkt sein Management an und vereinbare einen Termin!"

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