Kapitel 55

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Sie wurden nicht enttäuscht, eine knappe halbe Stunde später kamen alle raus – als letzter Ben. Ich stellte mich ein wenig abseits, als er die jungen Fans glücklich gemacht hatte, atmete ich noch einmal tief durch und tippte ihm dann auf die Schulte. „Bekomm ich auch ein Foto?", fragte ich. Als er sich umdrehte und mich erblickte, verschwand sein Lächeln sofort aus seinem Gesicht. „Was machst du hier?", fragte er perplex. „Ich hatte hier doch n Job zu erfüllen", gab ich zurück, „aber eigentlich bin ich hier, um mit dir zu reden. Du ignorierst mich ja komplett, ich kann dich nicht erreichen, du warst nicht zuhause." - „Ich habe jede deiner Nachricht bekommen und gelesen... und das Lied hab ich mir auch angehört. Aber lass uns nicht hier darüber reden..." - „Ich hab mir ein Hotelzimmer genommen", sagte ich und nannte ihm die Adresse und meine Zimmernummer. „Gut, ich will eben duschen und danach komm ich dann vorbei." Ich wollte ihn in den Arm nehmen, doch er drehte sich weg und lief Richtung Taxi. Als ich mich auf den Weg zur S-Bahn-Station machte, hörte ich plötzlich schnelle Schritte hinter mir. „Das lief ja nicht so toll, was?"; hörte ich eine mir nur allzu bekannte Stimme. „Was willst du, Nancy? Du hast doch erreicht was du wolltest oder nicht?" - „Ach komm, nur weil ich einmal mit Ben geschlafen hab, musst du doch nicht gleich so eingeschnappt sein. Es war übrigens wirklich gut und ich glaube, ihm hat es auch ziemlich gut gefallen. Vielleicht sollten wir das nochmal wiederholen." - „Tja, dann tut das doch. Wenn es euch beiden so viel Spaß macht, er weiß ja wo du wohnst. Und seine Nummer hast du sicher auch, ruf ihn doch einfach direkt mal an!" Ich wunderte mich ein wenig über meine Reaktion, doch ich war einfach nur sauer. Auf sie, auf Ben. Plötzlich kam ich mir unglaublich dumm vor, dass ich überhaupt hier her gefahren war und mich gleich mit ihm treffen würde.

Als ich im Hotel angekommen war, setzte ich mich auf die Kante vom Bett und versuchte, meine Gefühle und Worte zu ordnen, um gleich wirklich das sagen zu können, was mir so auf dem Herzen lag. Ich zog mein Handy aus meiner Hosentasche und schrieb Isi eine SMS. „Ben und ich treffen uns gleich, um miteinander zu reden. Hab eben noch Nancy getroffen. Ich weiß nicht, ob es eine schlaue Idee von mir war, hier her zu fahren..." Nur einige Augenblicke später summte mein Handy. „Ihr müsst aber miteinander reden. Denk nicht an sie, sie will das zwischen euch doch nur kaputt machen. Atme tief durch und sag ihm, was du denkst, Milli. Ansonsten wird es dir damit nie besser gehen... Ich hab dich lieb" Es klopfte an der Tür, mein Puls beschleunigte sich augenblicklich. Ich öffnete und lies ihn herein. Wieder keine Berührung, nur ein kurzes „Hey" bekam ich zu hören. Ich ging zurück zum Bett und setzte mich. Als ich aufblickte, trafen sich unsere Blicke und sofort stiegen mir Tränen in die Augen, die ich versuchte, um jeden Preis, wegzublinzeln. „Schön, dass du gekommen bist...", brachte ich mühsam hervor und versuchte mich mit aller Kraft darauf zu konzentrieren, nicht zu weinen. „Mhm...", antwortete Ben und faltete seine Hände ineinander. „Ben...", setzte ich an und er schaute mir direkt in die Augen, „du fehlst mir... und ich verstehe nicht, warum du dich nicht bei mir gemeldet hast... Warum du mich weggedrückt hast, als ich versucht habe, dich anzurufen... und ich frage mich, wo du die letzte Zeit gewesen bist..." - „Daniel hat mir erzählt, dass du da warst... Ich brauchte Abstand. Wie gesagt, ich habe jede deiner Nachrichten bekommen und mir auch das Lied angehört... Aber...", seine Stimme verstummte. „Warst du bei ihr?", fragte ich mit zitternder Stimme. Er seufzte. „Nur mit Beat, um mit ihr zu reden und zu klären, dass zwischen ihr und mir nie mehr sein wird. Nie mehr sein kann..." - „Ich hab sie eben getroffen... Sie meinte, du hättest Spaß gehabt..." Ben stand auf und kam einen Schritt auf mich zu. „Glaubst du ihr das? Weißt du wie es mir seit dem geht? Seitdem du nichts darauf erwidert hast, als ich dir gesagt habe, dass ich dich liebe?", er bebte, „mir geht's unglaublich beschissen. Ich war eine Zeit lang bei meiner Schwester hier in Bielefeld. Um mich abzulenken, meine Gedanken und Gefühle zu ordnen. Ich konnte einfach nicht mit dir reden. Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Und auch jetzt weiß ich es nicht..." Eine Träne lief mir über die Wange. „Du bist mir wichtig, ich weiß nicht, was ich ohne dich machen soll. Es ist, als wäre ich nicht vollständig. Aber ich will nicht, dass dieser Vorfall zwischen uns steht..." Ich stand auf und blickte ihn an. „Warum lässt du keine Berührung von mir zu?"

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