Kapitel 38

169 10 0
                                    

Ich verbrachte meinen Tag damit, auf dem Sofa zu liegen und sinnlose Dokumentationen zu schauen. Ständig schaute ich auf mein Handy, aber ich bekam keine Nachricht. Weder von Isi noch von Ben. Ich hatte mich für die Woche krankschreiben lassen und Isi heute die 10. SMS geschrieben, doch bekam keine Reaktion. Vermutlich war das meine gerechte Strafe. Gegen Abend bestellte ich mir etwas zu Essen und eine Flasche Wein. Ich trank ihn direkt aus der Flasche und nachdem ich die Hälfte getrunken hatte, wählte ich Bens Nummer. Dieses Mal drückte er mich immerhin nicht direkt weg, ich erreichte die Mailbox. „Ben... bitte melde dich bei mir. Es tut mir wirklich leid... aber ich dreh langsam durch... Sprich bitte mit mir, ich liebe dich", hinterließ ich.
Ich nippte wieder an der Weinflasche. Als ich ins Bad ging, schaute ich mich lange im Spiegel an. Die Haare zerzaust und ungewaschen, blass und verheult. „Du siehst wirklich erbärmlich aus", sagte ich zu meinem Spiegelbild und lächelte gequält, ehe ich mich wieder aufs Sofa setzte und den restlichen Wein austrank. Mein Handy vibrierte und zeigte eine neue Nachricht. Sie war von Isi. „Hey Milena, ich mache mir langsam wirklich Sorgen um dich. Du hast dich absolut daneben benommen, vor deinem Treffen mit Kollja neulich im Pumuckl und ich bin deshalb auch immernoch sauer auf dich. Aber deine SMS machen mir Angst. Außerdem warst du seit Mittwoch nicht mehr arbeiten. Was machst du den ganzen Tag? Soll ich vorbeikommen? Isi" Endlich schrieb sie mir. Ich schrieb ihr sofort, dass es mir unendlich leid tut und ich mich freuen würde, wenn sie vorbeikommen könnte. Danach sprang ich vom Sofa auf, was in meinem Zustand eine schlechte Idee war, und torkelte zurück ins Bad. Ich wusch mir die Haare und mein Gesicht und zog mir frische Klamotten an. Schnell räumte ich noch das Wohnzimmer ein wenig auf, ehe es an der Tür klingelte. Ich umarmte Isi fest, gab ihr einen Kuss auf die Wange und entschuldigte mich nochmal bei ihr. „Sag mal, hast du getrunken? Du riechst total nach Alkohol!", sagte sie. Ich zeigte auf den Wohnzimmertisch, auf dem die leere Weinflasche stand. „Vielleicht ein bisschen. Aber ich ertrag das alles nicht. Er meldet sich nicht bei mir... ich habe seit Mittwoch Abend, als ich noch bei ihm war, nichts mehr von ihm gehört... gar nichts. Er antwortet nicht auf meine Nachrichten und auf meinen Anruf vorhin hat er auch nicht reagiert", meinte ich und Tränen traten in meine Augen, „ich möchte doch einfach nur mit ihm reden... ich hab ihm die 'Ausrutscher' mit Caro schließlich auch verziehen und er ist einfach so eiskalt zu mir..." Isi setzte sich auf die Couch und seufzte. „Ach Süße... du musst ihn aber auf der einen Seite auch verstehen. Du hast ihn angelogen, dich heimlich mit deinem Ex getroffen und ihn geküsst... aber auf der anderen Seite ist es nicht okay, dass er sich überhaupt nicht bei dir meldet. Immerhin warst du so ehrlich und hast es ihm gleich erzählt. Soll ich mal versuchen mit ihm zu sprechen?" - „Ich weiß nicht. Ich will dich da nicht mit reinziehen. Vielleicht hab ich einfach alles kaputt gemacht mit dieser blöden Aktion. Ich hätte einfach auf dich hören sollen, aber ich hab mich verhalten, wie ein naiver Teenager...", ich schluchzte. Isi zog mich an sich und streichelte mir über meine noch nassen Haare.
Doch dann vibrierte mein Handy, Ben rief mich an. Ich schnappte mir mein Handy und lief in die Küche. „Hallo?", meldete ich mich mit zitternder Stimme. „Hey... ich bin's. Es tut mir leid, dass ich mich so lange nicht bei dir gemeldet habe. Aber ich musste über alles nachdenken. Über uns. Über das was du getan hast und ob ich damit umgehen kann...", er machte eine Pause, die mir unendlich lang vor kam. „... Und?", fragte ich vorsichtig. „Ich liebe dich, Milena", sagte er leise, „und ich möchte nochmal persönlich mit dir über alles reden. Passt es dir morgen? So gegen 14 Uhr?" - „Ja, natürlich. Soll ich zu dir kommen oder willst du hier her..." Er unterbrach mich. „Nein, wir treffen uns in dem kleinen Café an der Schleusenstraße. Weißt du, welches ich meine?" - „Ja... ich denke schon", gab ich leicht enttäuscht zurück. Warum mussten wir uns an einem öffentlichen Ort treffen? Sofort breitete sich ein ungutes Gefühl in meinem Bauch aus. „Okay, dann sehen wir uns morgen, mach's gut", sagte er zum Abschied und legte auf, ehe ich antworten konnte. Isi kam in die Küche. „Und? Alles okay?" - „Nein, nichts ist okay. Ich glaube ich hab es wirklich total verbockt. Er will sich morgen in einem Café mit mir treffen, um nochmal persönlich mit mir zu reden..." Ich ging auf den Balkon und zündete mir eine Zigarette an.
„Vielleicht möchte er einfach nur an einem neutralen Ort mit dir reden, damit euer Gespräch sachlich bleibt... Mal nicht gleich den Teufel an die Wand. Ich wünsche dir, dass er dir verzeihen kann!"
Isi und ich schauten noch ein wenig Fern, ehe sie sich verabschiedete und ich mich ins Bett legte. Ich musste die ganze Zeit über seine Worte nachdenken und malte mir wirklich allerhand Horrorszenarien aus, die alle damit endeten, dass er die Beziehung zu mir endgültig beendete. So sehr ich auch versuchte, diesen Gedanken zu verdrängen, er verfolgte mich bis in meine Träume...

FotoalbumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt