Kapitel 35

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Am nächsten Morgen machte ich mich gutgelaunt auf dem Weg ins Büro. Ich schaute kurz auf mein Handy. Natürlich hatte ich eine Nachricht von Kollja. „Steht unser Treffen morgen noch? Wie wäre es mit 18 Uhr?" - „Ich muss bis 17 Uhr arbeiten, du kannst mich um 18 Uhr gern bei meiner Arbeit abholen! Ich freu mich!", antwortete ich. Da Ben nicht mehr weiter gefragt hatte, hatte ich auch nichts erzählt. Ich betrat das Büro. Isi schaute zu mir. „Na, du grinst ja wie ein Honigkuchenpferd!", meinte sie. „Ach, es ist ja auch ein schöner Tag heute", gab ich zurück und setzte mich an meinen Schreibtisch. Ich begann grad damit ein paar Fotos durchzuschauen, als ich Isis Hand auf meiner Schulter spürte. „Hast du mit Ben gesprochen? Ich meine wegen Kollja?", fragte sie. Genervt verdrehte ich die Augen und schnaufte. „Nein. Ich treffe mich nur mit einem Kumpel. Warum machst du da so ein riesen Drama draus?", fuhr ich sie an, „Ich weiß schon, was ich tu und ich erwarte ja auch nicht, dass er mir haarklein erzählt, was er jeden Tag macht." Ich drehte mich wieder zu meinem Laptop und Isi ging zurück zu ihrem Platz. Den Rest des Tages sprachen wir nicht miteinander. Das war wohl unser erster richtiger Streit seit wir uns kannten und dann auch noch wegen so etwas Unnötigem.
Nach Feierabend machte ich mich auf den Weg nach Hause. Ich ging duschen und stand dann eine halbe Stunde unentschlossen vor meinem Kleiderschrank. Was sollte ich morgen Abend bloß anziehen? Ich wusste ja nicht mal, wohin genau wir gehen würden. Ich entschied mich daher für ein knielanges schwarzes Kleid, trägerlos. An der Taille wurde es etwas ausgestellter, ich liebte dieses Kleid, hatte aber viel zu selten die Gelegenheit es zu tragen. Dazu holte ich meine schwarzweiß gepunkteten Ballerinas aus dem Schuhschrank. Ich packte beides in eine Tasche und ging ins Wohnzimmer. Kurz nachdem ich den Fernseher eingeschaltet hatte, klingelte mein Handy. Ben. „Hey Kleine, was treibst du so?" - „Ich schau ein bisschen Fern, bin ziemlich kaputt von der Arbeit..." - „Achso, ich wollte dich nur fragen, ob du morgen nach der Arbeit schon was vor hast?" - „Ähm... Ich bin für morgen Abend schon verabredet", sagte ich leise. „Hm, okay. Mit wem denn?" - „Ach, nur mit 'ner Schulfreundin. Sie ist für ein paar Tage in Berlin und wir wollten zusammen essen gehen. Aber am Donnerstag können wir uns treffen! Ich kann ja dann nach der Arbeit bei dir vorbeikommen", ich war sichtlich bemüht, das Gespräch zu beenden, denn mein schlechtes Gewissen wurde sekündlich größer. Wir verabredeten uns also für Donnerstag und ich kuschelte mich ins Bett. Ich musste gestehen ziemlich aufgeregt zu sein. Schließlich schlief ich ein.
Am nächsten Morgen machte ich mir einen hohen Pferdeschwanz, packte mein Make-Up ein und machte mich auf den Weg zur Arbeit. Als ich ins Büro kam war Isi nicht da. Ich begann also mit meiner Arbeit, aber sie tauchte nicht auf. Ich seufzte und zog mein Handy aus der Hosentasche. „Tut mir leid, dass ich dich gestern so angefahren habe. Wo steckst du?", schrieb ich. Wenige Minuten später bekam ich „Ich bin krank... Grippe...", als Antwort zurück. Aber mit Isi hätte ich sowieso nicht über meine Aufregung sprechen können und so blieb mir nichts anderes übrig, als mich voll auf meine Arbeit zu konzentrieren. Nach Feierabend ging ich zur Toilette und zog mich um. Ich schlüpfte in meine Ballerinas und trug ein wenig Make-Up auf, um viertel vor 6 war ich fertig und machte mich auf den Weg aus dem Büro. Ich zündete mir eine Zigarette an und schaute auf mein Handy. Mittlerweile war es kurz vor 18 Uhr. Dann sah ich einen gutaussehenden schlanken Mann auf mich zukommen. Er lächelte mich an. „Hey Milena, wunderschön siehst du aus!", er umarmte mich und ich wurde rot. „Danke...", stotterte ich, „ich hätte dich fast gar nicht erkannt, du hast dich total verändert! Wow!" - „Wollen wir los? Ich hab in einem kleinen Restaurant einen Tisch für uns reserviert." Ich nickte und wir liefen los. Auf dem Weg erzählte er mir von seinem Job und was er hier in Berlin machte. Er sah wirklich gut aus, ich schaute immer wieder zu ihm rüber.
Wir aßen und amüsierten uns wirklich gut, so viel hatte ich schon lange nicht mehr gelacht. Man merkte einfach, dass wir eine lange Zeit miteinander verbracht hatten und uns einfach in- und auswendig kannten. Nach dem Essen fragte er, ob wir vielleicht noch irgendwo in eine Bar gehen wollten. Ich schaute auf die Uhr, es war halb 10 und ich musste morgen wieder arbeiten. „Aber nicht mehr so lang, ich muss morgen früh wieder arbeiten", erwiderte ich. Er zahlte und wir entschieden uns fürs Pumuckl. Er bestellte uns zwei Cocktails und setzte sich dann neben mich. Plötzlich legte er seinen Arm um meine Schulter und zog mich näher zu sich. Wieder wurde ich rot. Plötzlich spürte ich seinen Atem an meinem Hals. „Ich hab in der letzten Zeit wirklich viel an dich gedacht", flüsterte er in mein Ohr, „und an die schöne Zeit, die wir miteinander verbracht haben. Manchmal wünsche ich mir, dass ich mich nie von dir getrennt hätte..." Mir lief ein angenehmer Schauer über den Rücken. Doch in diesem Moment kam die Kellnerin mit unseren Cocktails und befreite mich aus dieser Situation. Ich griff nach meinem Glas und erhob es. „Na dann, auf einen schönen Abend!" und stieß mit ihm an.

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