Kapitel 52

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Zuhause angekommen, steckte ich mein Handy an die Ladung, schmiss mir zwei Aspirin rein und versuchte krampfhaft, die letzten Stunden zu rekonstruieren. Doch egal wie sehr ich nachdachte, ich konnte mich einfach an nichts erinnern. Zu meinen Kopfschmerzen gesellte sich mitwütenden Schritten das schlechte Gewissen. Ich hatte sie geküsst.Nein, sie hatte mich geküsst. Meine Gedanken wurden vom wiederholten Vibrieren meines Handys unterbrochen. 45 neue Nachrichten, 7 verpasste Anrufe. Timur, Danny und Korbach hatten versucht mich zu erreichen und gefragt, wo ich auf einmal abgeblieben wäre. Plötzlich blieb mein Herz für einen Augenblick stehen. 10 ungelesene Nachrichten von Milena, die Vorschau der letzten verpasste meinem schlechten Gewissen einen noch größeren Energieschub: „Klar, ich kann dir also vertrauen... Da würde nie...", mehr konnte ich nicht lesen. Meine Hände begannen zu zittern, als ich den Chatverlauf öffnete. Die ersten 5 Nachrichten waren Antworten auf meine betrunkenen Liebesgeständnisse, dann die Frage, ob und wann ich zu ihr kommen wollte... doch dann zwei von mir verschickte Fotos. Das eine zeigte Nancy und mich, wie wir uns küssten und das zweite, wie sie und ich nackt nebeneinander lagen. Dazu hatte sie geschrieben:„Aber natürlich liebt er nur dich ;)" Ich ersparte mir den restlichen Verlauf und schaute auf die Uhrzeit. Halb 9. Milena war also arbeiten. Ich zerbrach mir den Kopf darüber, wie ich ihr die ganze Sache erklären sollte, nein, eher wie ich es ihr erklären konnte.

Ich lief im Zimmer auf und ab, doch plötzlich klingelte mein Handy. Ich rannte zurück in die Küche und griff nach dem Telefon. Isi rief an.„Hallo? Isi?" - „Ben, gut, dass ich dich erreiche. Ich hab wirklich keine Ahnung, was bei euch passiert ist. Aber Milena ist nicht zur Arbeit gekommen und ich habe kein Wort verstanden, als ich sie eben angerufen habe, weil sie so sehr geweint hat..." -„Verdammte scheiße. Danke... ich.. ich mach mich sofort auf den Weg zu ihr", ich legte auf und hatte schon im nächsten Moment die Wohnung verlassen.

-Sichtwechsel Milena -

Ich hatte mich gerade mit einer neuen Taschentücherpackung im Bett zusammengerollt und die Musik wieder lauter gestellt, als es an der Tür klingelte. Ich putzte mir die Nase und wischte mir die Tränen,so gut es ging mit meinem Pulloverärmel weg, ehe ich mich energielos auf den Weg zur Haustür machte. Doch als ich sie geöffnet hatte,wollte ich sie sofort wieder zuschmeißen. „Was willst du hier? Hauab!", brüllte ich. „Milena, warte. Bitte. Lass mich mit dir reden!" - „Über was willst du denn mit mir reden? Wie schön es war, mit deinem Groupie zu vögeln? Und darüber, wie wunderschön sie ist, du ja aber sowie nicht das selbe für sie empfindest wie sie für dich? Na klar, das hab ich ja gemerkt." - „Bitte, lass mich kurz reinkommen und uns das nicht hier im Hausflur klären...",sagte er ruhig. Ich war zu kraftlos, um weiter gegen ihn anzuschreien und ließ die Haustür offen stehen, während ich ins Wohnzimmer ging. Einen Augenblick später saß er neben mir auf dem Sofa und schaute mich mit glasigen Augen an. „Es tut mir leid, dass...",setzte er an, doch schon dieser Satz ließ mein Blut wieder kochen.„Was tut dir leid? Dass du mich verarscht und betrogen hast? Jetzt,wo gerade alles gut zwischen uns war? Wo ich endlich nicht mehr diese Angst wegen Caro hatte? Da musstest du dir gleich die nächste schnappen? Und dann auch noch Nancy, von der ich dann auch noch so schöne Fotos bekomme?" Er schaute zu Boden und atmete hörbar ein.Er streckte seine Hand nach meiner aus, doch ich zog sie weg und stand auf. „Fass mich jetzt nicht an!", fauchte ich. „Ich weiß,dass nichts was ich sagen könnte, auch nur ansatzweise eine Entschuldigung dafür wäre... aber ich empfinde nichts für Nancy.Rein gar nichts, ich... ich weiß nicht, wie es dazu gekommen ist.Ich kann mich an nichts erinnern, mein Kopf ist wie leergefegt..."Ich schnaubte. „Blöd, dann kannst du dich gar nicht mehr dran erinnern, ob sie nun gut im Bett ist oder nicht..." - „Das ist mir verdammt nochmal egal. Auch wenn du mir nicht glauben wirst, aber ich bereue das, was ich getan hab. Weil ich dich liebe..." Ich stand immer noch mitten in meinem Wohnzimmer und wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich fühlte mich innerlich so leer, verletzt und wütend. „Du hast mich betrogen...", flüsterte ich und schaute ihn an. Er stand auf und kam auf mich zu, was mich sofort einen Schritt nach hinten treten lies. „Ja", sagte er und ich sah, dass ihm Tränen in den Augen standen, „ich würde es rückgängig machen, wenn ich könnte..." - „Kannst du aber nicht. Geschehen ist geschehen... und ich denke, es ist besser, wenn du jetzt gehst."Mit diesen Worten verließ ich das Wohnzimmer und hielt meine Wohnungstür auf. „Bitte..", sagte Ben kaum hörbar, als er an mir vorbeiging, „versuch mir zu vergeben... ich liebe dich..."Ich schloss die Tür, ohne eine Reaktion.

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