Kapitel 41

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Im nächsten Augenblick hatte ich meine Schuhe angezogen und stürzte das Treppenhaus hinunter. Vor der Haustür angekommen schaute ich mich panisch in alle Richtungen um. Ben stand nur 10 Meter von meiner Haustür entfernt, mit dem Rücken zu mir und einer Zigarette in der Hand. Langsam ging ich auf ihn zu. „Ben... es tut mir leid. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Ich meinte das nicht so..." Er drehte sich langsam zu mir um, zog noch einmal an seiner Zigarette und sah mich an. Er schaute mich einfach nur an, sagte aber nichts. „Ben... bitte. Es tut mir so leid, dass ich das alles gesagt habe..." Plötzlich zog er mich in seine Arme und legte sein Kinn auf meinen Kopf. „Ich hasse, dass du so von mir denkst. Wirklich, ich versteh das nicht." Ich schniefte. „Ich weiß... ich hab überhaupt keinen Grund so eifersüchtig zu sein. Es tut mir wirklich leid. Es war dumm von mir dir all diese Dinge an den Kopf zu werfen..." Er löste sich von mir und sah mich traurig an. „Ja, das war es. Aber Milena, ich geh nun trotzdem nach Hause. Ich will schon mal meine Sachen für die nächste Woche packen und muss noch mit den Jungs sprechen. Wollen wir uns morgen Nachmittag nochmal treffen bevor's bei mir los geht?" Ich nickte eifrig. Ich wusste nicht, wie ich eine ganze Woche überleben sollte, ohne ihn zu sehen. Er gab mir einen Kuss und wandte sich dann zum Drehen.
Ich ging zurück in meine Wohnung und begann damit den Müll der letzten Tage zu beseitigen. Dabei dachte ich über meine Worte nach. Was war bloß wieder in mich gefahren? Ich musste meine Eifersucht dringend in den Griff bekommen und endlich akzeptieren, dass Ben immer noch eine sehr wichtige Bezugsperson für Caro war, er nun aber mich hatte und mich liebte. Nach circa einer Stunde sah meine Wohnung wieder wie eine solche aus. Ich ließ mir Wasser in die Wanne einlaufen und löste eine Badekugel auf. Mein Badezimmer verwandelte sich in einen wunderschön duftenden Blumenladen. Ich machte leise Musik auf meinem Handy an, legte es neben die Wanne und stieg in das angenehm warme Nass. Es war so schön zu baden, dennoch schaffte ich das neben der Arbeit nur selten und dennoch genoss ich die augenblickliche Entspannung im ganzen Körper sehr. Aus meinem Handy erklungen die ersten Töne von 'Lego House' von Ed Sheeran, einem Künstler, den ich sehr schätzte und bei dem ich unglaublich gern mal Fotografieren würde. Vielleicht schafft Thomas es ja noch zwei Pressekarten für das Konzert im November zu organisieren. Ich nahm mir vor, am Montag mal vorsichtig nachzufragen.
Ich stieg aus der Wanne, als meine Fingerspitzen anfingen schrumpelig zu werden, wickelte mich in ein großes Handtuch und ging ins Schlafzimmer. Ich zog mir meine Schlafsachen an und schaute noch ein wenig Fernsehen, ehe ich einschlief.
Und dann war er auch schon gekommen, der Abschied von Ben. Ich hatte den ganzen Morgen über versucht, mir einzureden, dass es doch nur eine Woche ist und wir ja noch telefonieren und schreiben können. Doch als wir jetzt zusammen am Bahnhof standen, er unter Cap und Kaputze seiner Jacke versteckt, und die Ansage den Zug ankündigte, den er nehmen würde, wurde ich traurig. Er zog mich an sich, flüsterte mir ein „Ich liebe dich und wir sehen uns doch schon am Samstag wieder" ins Ohr, gab mir einen letzten Kuss und stieg in den Zug. Ich blieb noch eine Weile am Gleis stehen, schaute dem Zug hinterher und beobachtete anschließend das Treiben im Berliner Hauptbahnhof. Es war jedes Mal beeindruckend, wie viele Menschen hier unterwegs waren. Und jedes Mal verlief ich mich fast auf dem Weg zum Ausgang. Ich war einfach immer noch ein Dorfmädchen.
Ich stieg in die U-Bahn und fuhr zurück nach Hause. Ich checkte meine E-Mails, aktualisierte meinen Terminkalender und malte ein großes „Mama" auf die Seite vom kommenden Samstag. Ich freute mich unglaublich darauf, sie wiederzusehen und ihr Ben vorzustellen. Danach legte ich 'Verwünscht' in den DVD-Player, einen meiner Lieblingsfilme. Ich konnte jeden einzelnen Song mitsingen und tanzte ein wenig durchs Wohnzimmer.
Nach dem Film rief ich Isi an. Sie war gerade vom Sport nach Hause gekommen und ich war wirklich froh, dass zwischen uns auch wieder alles gut war. Wir quatschten ein bisschen, sie erzählte mir von dem neuen heißen Fitnesstrainer und ich jammerte darüber, dass ich Ben jetzt eine knappe Woche nicht sehen würde. Danach machte ich mir noch ein Sandwich und einen Kakao, rauchte eine letzte Zigarette und legte mich ins Bett. Grad als ich mich hingelegt hatte, vibrierte mein Handy. Ben hatte mir ein Bild von sich in dem riesigen Hotelbett geschickt, auf dem er mit Schmolllippe auf das leere Kissen neben sich schaute. „Du fehlst mir. Was machst du gerade?" Ich grinste und beschloss ihm das gleiche Foto aus meiner Perspektive zurückzuschicken. Ich fügte ein „Allerdings muss ich jetzt auch ohne dich schlafen, weil ich morgen früh zur Arbeit muss. Gute Nacht und viel Erfolg bei deinen Interviews morgen! Ich liebe dich" hinzu. Wenig später bekam ich eine Gute Nacht Nachricht von ihm zurück, lächelte zufrieden und schlief schließlich ein.
Am nächsten Morgen machte ich mich überraschend gut gelaunt auf den Weg ins Büro. Als ich die Tür öffnete, schlug mir der Geruch von frisch gekochtem Kaffee entgegen und Isi lächelte mich an. Egal, wie früh ich da war, Isi war immer schon an der Arbeit. „Du schläfst auch im Büro oder?", lachte ich und nahm mir eine Tasse aus dem Regal. „Nein, mein Bus fährt einfach nur sehr unpraktisch hier her", gab sie zurück und drehte sich wieder ihrem Laptop zu. „Ich muss mal eben zu Thomas und was mit ihm besprechen. Oder weißt du, ob wir schon Presseausweise für Ed Sheeran bekommen haben?" Sie schüttelte den Kopf und ich verließ unser Büro. Ich klopfte an Thomas' Tür und trat rein. „Milena, schön dich zu sehen! Geht es dir wieder besser?" - „Ja, alles bestens! Sag mal, besteht die Möglichkeit, dass wir einen Presseausweise für das Konzert von Ed Sheeran im November bekommen?" Thomas schaute auf seinen Laptop, tippte ein paar Mal irgendwas und grinste mich dann an. „Die sind schon auf dem Weg zu uns, dann brauch ich mich ja nicht mehr um eine Fotografin bemühen." Ich strahlte vor Freude, bedankte mich bei ihm und verließ sein Büro. „Jackpot! Ich darf zum Konzert fahren und du weißt ja, wer dann das Glück hat, ein kleines Interview zu führen!" Isi lächelte mich an. „Du kleines Fangirl", neckte sie mich.

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