Erzähl mir was

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Wir fuhren zurück mit Jesus und mir auf dem Rücksitz. Hin und wieder fiel auf meine Schulter, weil er ja immernoch bewusstlos war. Daryl gab immer, immer wenn das passierte ein unzufriedenes brummen von sich und ich konnte manchmal im Innenspiegel seinen Blick sehen und musste grinsen. Nach so langer Zeit kein Stück verändert, obwohl wir sogar ein Kind zusammen hatten.

,,Er hat ziemlich was abgekriegt'', murmelte Rick. ,,Denise muss ihn untersuchen.''

,,Ja'', brummte Daryl. 

,,Du hättest das nicht durchgezogen'', murmelte ich. ,,Ihn da liegen zu lassen.''
,,Doch, hätte ich. Oben in nem Baum.''

,,Cassy hat Recht, hättest du nicht'', bestärkte Rick mich. ,,Wissen wir besser. Als wir zum ersten mal in Alexandria ankamen, hast du es erkannt. Du, Michonne, Cassy, Glenn.. Ihr alle wolltet es mir klar machen. Also Schluss jetzt. Denn ich hör euch endlich zu.''

Wir sagten nichts. Immer mal wieder schubste ich Jesus von meiner Schulter und starrte aus dem Fenster.

-

Als wir wieder Zuhause waren, banden wir Jesus wieder die Hände und Füße zusammen, und trugen ihn bis vor Denises Tür. Klopften einmal. 

,,Sorry'', sagte ich. ,,Für die Störung''

,,Wer ist das?'', fragte Denise.

,,Komm man, der ist schwer!'', murrte Daryl. ,,Und die Sache, die ich besorgen sollte.. Das hat nicht geklappt. Dieses Arschloch hier ist schuld. Tut mir leid.'''

Denise nickte. ,,Legt ihn aufs Bett.'' 

,,Guck ihn dir einfach an. Er wird aber nicht hier bleiben'', erklärte ich. 

Denise untersuchte Jesus, konnte aber nichts schwerwiegendes finden. Danach brachten wir ihn in die Zelle.

,,Ziemlich dämlich, von uns immer rauszugehen, nicht?'', fragte Rick, als er die Zelle abschloss.

,,Ja'', antwortete Daryl.

,,Morgen nochmal?'', fragte ich.

,,Ja'', antworteten beide im Chor.

Dann hatten wir endlich Freizeit.  Ich war fast schon so wie ein kleines Kind an Weihnachten, als ich endlich Haley wiedersah. Ich drückte sie fest an mich und Daryl legte seinen Arm um uns.

,,Hallo meine süße'', flüsterte er und hielt ihr seinen Finger hin, den sie leicht in ihre kleine Hand nahm.
,,Sie ist aktiv in letzter Zeit'', stellte Daryl fest und beugte sich zu ihr runter. ,,Dein erstes Wort wird 'Dad''', flüsterte er.

,,Träum weiter, Dixon'', fauchte ich lachend. 
,,Träum du doch weiter. Dixon.'', erwiderte er und gab mir einen Kuss. Dann schaute er mich an. ,,Du hast noch nie von Jasper geredet.''

Ich starrte ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an.
,,Was?''
,,Ja, naja, alles was ich über den Typen weiß, ist dass ihr zusammen wart und verlobt und so nen Müll.. Ich will alles von dir wissen, auch wenn das Thema mich wahrscheinlich verletzen wird.''

Ich seufzte. Er hatte Recht, theoretisch.
,,Also schön''

Ich setzte Haley in ihr Bettchen und setzte mich auf dem Stuhl daneben.

,,Ich weiß, dass du es nicht fair findest dass ich alles von dir weiß, und du nicht so viel wie du gerne wollen würdest.. Ich war Drogenabhängig. Ich hab gesoffen, nie auf meine Eltern gehört, hatte falsche Freunde und die Schule geschwänzt. Ich hatte vor Port Orchard einen besten Freund. Ich hatte Carol mal von ihm erzählt, ja... Sein Name war Nick. Nick Clark. Wir saßen oft zusammen in einer alten Kirche und haben uns nen Schuss gesetzt, ja.. Der Hauptgrund warum wir von dort weg sind war dass ich zusammen mit ihm vom Citrus Community College geflogen bin.. Als meine Eltern rausgefunden haben dass unser Tag aus High sein und anderen Dingen bestand, hat man mich in eine Entzugsklinik gesteckt. Ich hab irgendwann Depressionen bekommen, weil ich Entzugserscheinungen hatte. Manchmal hab ich mich selbst verletzt, deshalb die ganzen Narben. Die Erscheinungen waren so schlimm, dass ich auch daran gedacht hab, mich einfach zu töten. Ich war irgendwann dann in einer Psychiatrie, immer auf irgendwelchen Medikamenten. Als man mich entlassen hatte, war ich fast wie ein neuer Mensch. Ich kam schnell von den Medis wieder runter, und machte am Seattle Community College, 17 Meilen von Zuhause, meinen Bachelor in Biologie. Irgendwann, als es mir dann wieder schlechter ging, saß ich im Regen auf der Straße. Jasper lief an mir vorbei und hatte mir einfach seinen Regenschirm geschenkt. Damals meinte er, ich würde ihn mehr brauchen, wenn ich freiwillig bei so 'nem Wetter draußen sitze.. Wir kamen dann irgendwie ins Gespräch. Haben Nummern getauscht, uns öfter getroffen.. Und wie es dann so kam, kamen wir zusammen. Zogen in eine gemeinsame Wohnung.. An meinem.. 19? Ich glaub der 19te war es, hat er mich dann gefragt ob ich ihn heiraten will bla bla bla und jetzt ist er halt tot, keine Ahnung, er und meine Eltern haben nicht lange überlebt. Oh, und mein richtiger Vorname ist Cassandra. Ich kann den nicht ab, also hat mich schon immer jeder Cassy genannt.''

Daryl sah mich an.
,,Ich hab mit allem gerechnet, aber das.. Wow.. Es tut mir so leid, wirklich.. Du hast das nicht verdient..''

,,Du irrst dich'', sagte ich. ,,Ohne das alles hätte Rick mich nie gefunden, ich hätte dich nie gefunden, und Haley würd es auch nicht geben. Ich bin froh, dass das so gekommen ist, irgendwie. ''

Ich sah, wie in Daryls Augen sich Tränen sammelten. Dann nahm er meine Hand, zog mich auf und schloss mich in seine Arme. 

,,Ich Liebe dich. Ich Liebe dich..'', murmelte er immer wieder. Ich schlang meine Arme um ihn und strich über seinen Rücken.
,,Ich Liebe dich auch.''

In der Nacht saß ich auf der Verada. Daryl schlief tief und fest, aber ich konnte nicht. Beobachtete die Sterne. Maggie und Michonne hatten wohl das selbe Problem. Sie liefen durch Alexandria, und als sie mich bemerkten, setzten sie sich zu mir.

,,Schlaflose Nacht, huh?'', fragte ich nach eine Zeit voller Stille.

,,Nein..'', murmelte Michonne. ,,Ich hab mit Rick geschlafen.''

Ich starrte sie an. ,,Was?'' 

Sie lachte. ,,Ich denke wir sind jetzt ein Paar..''

Ich zog meine Augenbrauen zusammen.

,,Und Maggie?'', fragte ich.

,,Naja ich hab nicht mit Rick geschlafen''
,,Sag bloß.''
,,Ich bin.. Schwanger.''

Jetzt fiel mir die Kinnlade runter.

,,Was zur Hölle ist denn heute los?'', fragte ich. ,,Herzlichen.. Glückwunsch.''

Eine ganze Weile saßen wir zusammen auf meiner Veranda. Seitdem wir in Alexandria waren, kam gefühlt alles zu kurz. Man entfernte sich irgendwie. Einfach weil man keine Zehn-Mann-Gruppe mehr in der Wildnis war. Es war schön, mal wieder unter Leuten zu sein, die man lange kannte und liebte. Es war wie damals am Feuer.

-

Wir saßen alle in Ricks Wohnzimmer. Jesus hatte es geschafft, sich zu befreien und auszubüchsen und saß nun direkt vor uns. Mit uns am Tisch und aß mit uns Auflauf, den ich gemacht hatte. Immer wieder schaute er Haley und Judith an und musste lächeln. Er hatte sogar Späße mit ihnen gemacht und langsam fing ich an zu glauben, dass er wirklich okay war.  

,,Du wolltest mit mir reden'', sagte Rick zu Jesus. ,,Also reden wir.''

,,Moment'', unterbrach ich. ,,Wie bist du entkommen?''

Jesus sah mich an. ,,Ein Wachmann kann keine Zwei Ausgänge und ein Fenster im Auge behalten. Knoten kann man lösen und Schlösser knacken. Chaos entsteht aus Ordnung, richtig?''

,,Er ist schlauer als er aussieht'', gab ich zu. 

,,Ich hab eure Waffenkammer gecheckt'', sagte Jesus. ,,Sowas hab ich echt schon lange nicht mehr gesehen. Ihr seid gut ausgerüstet. Aber eure Vorräte gehen aus. Sehr wenig für die Menge Leute die ihr habt. Vierundfünfzig?''

,,Mehr.'', sagte Maggie. 

Jesus schaute in die Runde.
,,Danke für den Auflauf'', sagte er nach einer Zeit. ,,Mein Kompliment an die Köchin.''

,,Ja, hör auf zu schleimen'', murmelte Daryl. Jesus sah ihn an.
,,Sie ist nicht mein Typ, wenn du verstehst.''

Ich musste laut loslachen und versuchte schnell wieder zu verstummen. 

,,Passt auf'', murmelte Jesus. ,,Wir alle hatten einen schlechten Start. Aber wir sind auf der selben Seite- der der lebenden. Ihr Drei hättet allen Grund gehabt, mich draußen zu lassen. Doch habt ihr nicht.. Ich komme von einem Ort, der dem hier sehr ähnlich ist. Ein Teil meiner Aufgabe besteht darin, Siedlungen zum Handeln zu suchen. Ich klaute euren Truck weil meine Gemeinschaft viele Dinge braucht. Und ihr Drei habt nach Ärger ausgesehen. Ich hab mich geirrt. Ihr seid gute Leute, und das hier ist ein guter Ort. Ich denke, unsere Gemeinden könnten sich gegenseitig helfen. ''

,,Habt ihr Lebensmittel?'', fragte Glenn.
,,Wir haben mit der Viehzucht begonnen, stöbern rum, wir bauen an. Alles von Tomaten bis Hirse.''

,,Das wird Eugene bestimmt freuen.'', sagte ich. ,,Hirse.''

,,Sag uns, warum wir dir glauben sollten.'', murmelte Rick. 
,,Ich zeig es euch'', sagte Jesus. ,,Mit nem Wagen dauert es einen Tag, bis wir da sind. Ihr seht dann mit eigenen Augen, wer wir sind, und was wir zu bieten haben.''

,,Augenblick mal'', unterbrach Maggie. ,,Ihr sucht noch andere Siedlungen? Bedeutet das, ihr handelt schon mit anderen Gruppen?''

Jesus lehnte sich zurück und grinste.
,,Eure Welt wird sich schon bald sehr vergrößern.''

Straight into my Heart || Daryl Dixon || PausiertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt