Aufarbeiten

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Wir waren schon eine Weile unterwegs. Unklar, wo wir anfangen sollten. Unklar, ob wir nicht schon zu spät waren. Es war still um uns. Alles was man hörte, waren unsere Schritte, Hunds tappen und hin und wieder einen mehr oder weniger lauten Seufzer meinerseits. Bei jedem Beißer gaben wir acht, ob er wirklich ein Beißer war. Immer. 

,,Wir sind seit gestern unterwegs ohne ein Wort.. oder Buchstaben.'', sagte ich, als wir durch einen Wald liefen. ,,Ich pack das nicht länger.''

Daryl grummelte leise und schaute sich den Boden an. Sie waren vermutlich hier lang gekommen, denn die Erde war aufgewirbelt und man konnte ganz leichte Schuhabdrücke entdeckten. Ja, sie waren hier.

,,Wahrscheinlicht nicht all zu lange her'', sagte ich leise. Daryl brummte und Connie schrieb etwas auf ihren Block. 

Er hat sie eingeholt.

,,Ja'', antwortete Daryl und ich nickte. 

,,Vermutlich wurde er dann auch erwischt'', sagte ich leise und starrte auf den Boden. 

,,Gut erkannt'', sagte Daryl. ,,Hier gab's einen Kampf. Sie haben ihn eingeholt.''

Jetzt war ich diejenige, die brummte, als Connie Daryl tief in die Augen sah, um ihn zu symbolisieren, dass sie verstand. Ich mein, sie konnte nicht sprechen, aber dieser Augenkontakt- der war mir zu intensiv. Aber anstatt eine Szene zu machen, hielt ich lieber die Klappe. Falscher Zeitpunkt, Cassy. 

Als ob sie meine Gedanken lesen könnte, lächelte sie und schüttelte den Kopf.

"Was?" fragte Daryl, als er sah, dass Connie mich angrinste. 

Nun schüttelte ich meinen Kopf. 
,,Unwichtig.''

Bevor Daryl antworten konnte, war Hund den kleinen Graben vor uns runtergestürmt und bellte. 

Noch bevor Daryl oder Connie reagieren konnten, war ich schon  bei Hund und starrte auf Henrys Stab, der vor mir lag. Langsam hob ich ihn auf und schaute Daryl und Connie in die geschockten Gesichter, 

,,Sie haben ihn'', war alles was ich sagen musste. 

,,Guter Junge'', lobte Daryl Hund und kam herunter zu uns. Dann zeigte er nach Osten. ,,Die sind da lang.''

Im nächsten Moment kamen uns Drei Beißer entgegen. Daryl zielte mit seiner Armbrust, Connie mit ihrer Steinschleuder und ich mit meinem Bogen. Wie Dominosteine fielen sie um. 

,,Nicht schlecht'', sagte Daryl, als er sah, dass das Ding tatsächlich 'ne Steinschleuder war. Mir gab er einen Kuss auf die Wange, und lächelte mich leicht an. 

Hund holte die Pfeile zurück, als wenn es Stöckchen wären. Connie grinste belustigt und wir liefen weiter.

Ich konnte von beiden Seiten- ich lief in der Mitte- ab und zu Blicke auf mir spüren.

,,Entschuldigung", sagte ich, nachdem ich zum siebten mal gestolpert war. ,,Ich vergesse manchmal, dass hier Äste herumliegen."

,,Hmpf", machte Daryl. Connie schrieb, während sie neben mir lief.

Sicher dass alles okay ist?

Ich nickte.
,,Natürlich."

In Wahrheit war ich nicht sicher. Ich wollte nicht eifersüchtig sein, und ich wollte auch nicht mich und meine Dummheit über Henry stellen.

Konnte ich nicht. Würde ich niemals.

Es war doch schon immer so. Kaum zeigte eine Frau etwas zu viel Nettigkeit gegenüber Daryl, drehte sich mein Kopf.

Diesmal aber zum absolut falschem Zeitpunkt.

Ich seufzte, etwas zu laut, wenn man mich fragte. So laut, dass man mich mit einer Mischung aus fragend und besorgt ansah.

,,Alles gut", murmelte ich und wank ab.

,,Mhm", gab Daryl von sich. Ich wusste - er wusste, dass ich log, aber nichts sagen wollte.

,,Ich habe Haley und Judith verboten, Kontakt zu Negan zu suchen"

Michonnes Stimme erklang aus meinem Walkie und rettete mich.

,,Ist was passiert?", fragte ich langsam.
,,Negan ist ausgebrochen und kam wieder zurück. Haley und Judith denken er sei ein guter Mann."

Ich konnte Daryl die Wut aus dem Gesicht lesen.

,,Okay.", sagte ich nur. ,,Verstanden. Cassy ende."

Ich hätte eigentlich sowas sagen sollen wie 'Ich rede mit ihr' oder 'Lass sie machen', aber Daryl hätte sich eingemischt. Die Sache mit Glenn und Abraham saß tief. Die Sache, dass sie Daryl mitnahmen.

Ich hatte kein Recht dazu, normal mit oder über Negan zu reden, aber doch tat ich es. Ich wusste, ich sollte es nicht. Und ich hasste es.

,,Wie kann sie das bloß denken?", spuckte Daryl.

,,Ich werd mit ihr reden", sagte ich schlussendlich doch.

,,Nein", sagte Daryl. ,,Ich werd's tun."

Seufzend ließ ich ab und nahm seine große Hand behutsam in meine.

Connie schaute uns fragend an.

,,Negan hat zwei unserer Leute getötet", erklärte ich. ,,Und Daryl gekidnappt. Wir haben Daryl zurück geholt, Negans Basis gesprengt und seine Leute getötet und seitdem sitzt er in einer Zelle in Alexandria."

Connies Augen weiteten sich.

,,Ich weiß", murmelte ich. ,,Ich weiß."

Nachdem ich ihr noch ein wenig erzählt hatte, was passiert war, runzelte Connie die Stirn.

Sie schrieb schnell etwas auf.

Hat er auch jemanden aus eurer  Familie getötet?

,,Ja", flüsterte ich. ,,Beide waren Familie. In diesem Fall, ist Wasser dicker als Blut.. oder so."

Connie nickte.

Tut mir leid.

,,Schon gut. Ich erzähl dir mehr, wenn wir Henry gefunden haben."

Straight into my Heart || Daryl Dixon || PausiertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt