Kapitel 20

867 59 4
                                    

Der Elbenkönig rieb sich stöhnend den Kopf. Gerade noch hatte er draußen an der frischen Luft gestanden und die Sonne auf der Haut genossen. Seine Nase war gekitzelt worden von sommerlichen Gerüchen, dem frischen Gras der naheliegenden Wiesen, der Tau in den Bäumen und das für ihn ungewohnte Gummi der Autoreifen in der Hitze. Er hatte das Gras unter den Füßen gespürt und den sanften und kühlenden Sommerwind, der durch die Blätter raschelte.
Seine Ohren hatten gezuckt wenn ein Vogel in den Bäumen sein Lied angestimmt hatte und er war glücklich gewesen. Seine eisblauen Augen hatten die wunderschönste Frau beobachtet, wie sie in diesem Gefährt saß und von einem hiesigen Heiler untersucht worden war.
Mein Lächeln hatte ihn zum Schmelzen gebracht und in der Sonne war ihm noch heißer geworden. Seine Lippen kribbelten noch immer von dem Kuss, der nun in weite Ferne zu rücken schien, denn auf einmal, wie ein Blitzschlag hatte sich alles verändert. Er hatte sich schwindelig gefühlt, um ihn war alles verschwommen und ehe er etwas sagen konnte, fand er sich auf einem kühlen Boden wieder.
Ein allzu bekanntes Rauschen drang an seine spitzen Ohren und kurz darauf hörte er Schritte auf sich zukommen. Was war passiert? Der Elbenkönig richtete seinen Kopf auf, denn er kniete am Boden. Vereinzelt traf ein Lichtstrahl, der durch die Decke drang sein Gesicht und verursachte einen kleinen Lichtfleck. Ihm tat der Kopf weh und die Sicht war noch verschwommen, doch schnell realisierte er, dass er nicht mehr draußen war. Er befand sich in einem Raum, einem großen Raum, einer Höhle. Einer Höhle in den Stein gehauen.
Er befand sich wieder in Mittelerde und diese Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag. Hastig blickte er sich um, doch vermochten seine Augen nicht die Person ausfindig machen, die er sich so sehr an seine Seite wünschte. Mich! Ich war in Deutschland, alleine und genauso verzweifelt.
"Ada", drang eine bekannte Stimme an sein Ohr, eine Stimme, die er genauso vermisst hatte und die es ihn oft verlangt hatte zu hören. Jetzt tat er es und wieder stimmte es ihn nicht glücklich. Es versetzte ihn ein Stich ins Herz von seiner Liebe getrennt zu sein, jedoch würde es ihn nicht töten. Vielleicht auf langer Sicht in einigen hundert Jahren, oder wenn mein kurzes Menschenleben vorbei war, doch schwand Thranduils Seele nicht. Er redete sich immer wieder ein, dass ich bei Chris in guten Händen sei und mit diesem Gedanken öffnete er seine Arme und drückte seinen einzigen Sohn fest an sich.
"Iôn nín (mein Sohn)", flüsterte Thranduil und unwahrscheinlich aber wahr löste sich eine kleine Träne aus seinen Augen und rollte über seine Wange.
"Ada wo warst du? Du warst mehrere Wochen weg. Die Wache sagte du seist einfach verschwunden. Gerade hättest du dort noch gestanden und im nächsten Augenblick wärst du weg gewesen", erklärte Legolas verwirrt und zugleich überglücklich seinen Vater endlich wieder in die Arme schließen zu können.
"Ich war weg, doch jetzt bin ich wieder da", meinte Thranduil leise und drückte seinen Sohn vorsichtig von sich weg.
"Wo ich war ist meine Sache und du würdest es nicht verstehen. Es sind Dinge geschehen und ins Rollen gekommen, als ich dort war, die ich selbst noch nicht verstehe, also bitte frage nicht nach", bat Thranduil leise und als Legolas den gequälten Ausdruck in den Augen seines Vaters sah, nickte er einfach.
"Hannon le (ich danke dir)", flüsterte Thranduil, klopfte seinem Sohn auf die Schulter und machte sich betrübt auf den Weg in sein Gemach. Zu gern hätte er der Frau, die er liebt, alles hier gezeigt, mich seinen Sohn vorgestellt und im Palast herumgeführt, doch Eru plante anderes. Thranduil verstand es nicht, er verstand es einfach nicht und insgeheim fragte er Manwë immer wieder warum ihm so etwas widerfährt. Warum er das unsagbare Glück der zweiten wahren und ewigen Liebe erhielt und diese doch wieder verlor. Er dachte, dass Manwë ihn hasst und ihn bestrafen will, denn anders konnte er es sich nucht erklären.
Und noch lange würde es ihm verwehrt bleiben zu erfahren was dahinter steckte, was der Grund für all dies sei. Denn auch ich verstand es lange nicht und Chris auch nicht. Während des Fluges nach Los Angeles zwei Tage nachdem Thranduil verschwunden war, fragte ich ihn oft genau diese Frage.
"Warum?", fragte ich leise, kaum dass wir den Flieger verlassen hatten. Chris stoppte, drehte sich zu mir und legte beide Hände auf meine Schulter. Tief blickte er mir in die Augen bevor er zu sprechen begann.
"Warum ist eine so häufige Frage Leyla und genauso häufig vermag es niemand diese zu beantworten. Das Schicksal hat komisches mit uns vor. Manchmal hebt es uns hoch und bringt uns neue Bekanntschaft und sogar die Liebe, doch von Zeit zu Zeit lässt es uns tief fallen und nimmt uns Freunde und selbst die Liebe. Warum das so passiert kann ich dir nicht sagen, noch irgendein Philosoph oder sonst wer auf diesem Planeten. Warum gerade Thranduil verschwand? Ich weiß es nicht. Vielleicht ist so vom Schicksal ersonnen, vielleicht steckt dahinter noch ein viel größerer Plan, vielleicht ist es auch einfach nur so passiert. Aber eins ist sicher, Leyla, du bist nicht allein. Ich werde immer für dich da sein, wenn du nach Hilfe rufst und mich brauchst. Denke nicht über das Warum nach, es zerstört dich", flüsterte Chris leise, während wir mitten auf dem Los Angeles Flughafen standen.
"Danke", brachte ich nur hervor und schloss Chris in meine Arme.
"Und jetzt lass uns deinen Bruder überraschen", meinte mein Kumpel und brachte mich tatsächlich schwach zum Grinsen, denn René hatte keine Ahnung, dass wir kamen. Ich hatte ihm nicht Bescheid gesagt.

Fly with meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt