Kapitel 53

184 17 10
                                    

Es war als würde plötzlich alle Last von mir abfallen, als der Wachmann doch tatsächlich nach dem Schlüsselbund griff und ihn mir in seiner Trance reichte.
Vorsichtig nahm ich sie an, immer darauf bedacht, dass er doch noch einen Rückzieher machen könnte und mich zurück in die Zelle sperrte.
Doch dieses Mal war dem nicht so.
Ich hatte mich von meinem Vater verletzen und unterkriegen lassen, ich hatte mich im Studium verkrochen und nichts gegenüber den anderen Stundenten gesagt, wenn sie mir blöd kamen. Nur schwer hatte ich mich dann in der Schule, in der ich Arbeit fand, durchsetzen können und hatte schnell bemerkt, dass auch die anderen Lehrer dort mich unter sich selbst stellten.
Doch nicht dieses Mal!

Als sich das eiserne Tor zwischen uns schob und mit einem leisen Klacken in sein Schloss rastete, stand der Elb innerhalb der Zelle und ich befand mich grinsend auf dem Flur und wand mich von ihm ab.
Mit leisen, flüsternden Worten versuchte er mich noch zur Rückkehr zu bewegen, wahrscheinlich stellten seine fremden Worte eine Bitte dar, doch für ihn weiterzusingen, aber genau wusste ich das auch nicht.
Mein einziger Wunsch war es jedoch diesem Gefängnis zu entfliehen, zu sehr verlangte es mein Herz bei Thranduil zu sein und je länger ich hier gewesen war, desto mehr hatte es mich an jene Zeit erinnert, als ich in diesem Stall meines Entführers gesessen hatte.

„Was wird das?“, fragte Fenrín leise, er hatte den Kopf gehoben, als ein leises Klacken an seine spitzen Ohren gedrungen war.
„Wonach sieht es denn aus? Ohne dich wäre ich niemals so lange hier drin geblieben und man hätte wer weiß was mit mir getan. Ich mag zwar kein Mensch sein, aber das Wissen besitzt nur du. Du hast mir geholfen ohne eine Gegenleistung zu erwarten, aber diese biete ich dir nun. Ich breche aus diesem Gefängnis aus und biete dir die Möglichkeit mich zu begleiten“, erklärte ich und zog die Eisentür seiner Zelle auf.
Schwerfällig kam der Elb auf seine Beine, doch als sein Blick meinen traf, sah ich die tiefste Dankbarkeit in ihnen aufblitzen.

Bei jedem Schritt knarzte oder knackte einer seiner Knochen ungesund, er klammerte sich mit seinen dünnen, langen Fingern an die Gitterstäbe und zog noch einmal tief die salzige Luft in seine Lunge, bevor er die lange Zeit hinter Gittern hinter sich ließ und den ersten Schritt in seine Freiheit tat. Noch waren wir nicht vollkommen frei, doch der Weg dorthin war geebnet und stand uns offen. Wir mussten lediglich den Mut fassen und nach ihr greifen.

Ein sanftes Lächeln umspielte meine Lippen, als er neben mich trat. Mir war um einiges wohler ihn an meiner Seite zu wissen. Nicht nur, weil er der Sprache dieses Ortes mächtig war, sondern auch, weil er mir in einigen brenzligen Situationen in der letzten Woche geholfen hatte. Ich wollte ihm einfach etwas Dankbarkeit entgegen bringen.

„Hast du eine Ahnung wo es lang geht?“, fragte ich verunsichert. Ich warf einen raschen Blick nach links und dann nach rechts. Doch die beiden breiten Gänge unterschieden sich nicht im Geringsten. Weiße Wände, heller Marmorboden und Muscheln, die an den Wänden hingen und Licht spendeten. 
„Nein“, Fenrín war hinter mich getreten und linste an mir vorbei in die symmetrischen Gänge.
„Wirklich sehr hilfreich!“, brummte ich und verdrehte die blauen Augen.
„Du musstest ja unbedingt dem Wachmann die Schlüssel abnehmen“, bemerkte der Elb kühl.
„Kannst gerne zurückgehen in deine Zelle. Ich zwinge dich nicht mit mir zu gehen, aber ich biete dir die Möglichkeit einen Versuch der Flucht zu unternehmen“, zischte ich zurück.
„Um deine Frau endlich wiederzusehen“, fügte ich noch leiser hinzu.
Genau das war es, was bei Fenrín die endgültige Entscheidung brachte. Er seufzte und schob sich an mir vorbei. Ohne viel darüber nachzudenken schlich er zaghaft durch den rechten Gang. Stets blieb er vorsichtig und auf der Hut, aber hatte auch schnell die nächste Abzweigung erreicht.

Mit einem unbeschreiblichen Glücksgefühl, dass mir durch die Adern rauschte, folgte ich seinem braunen Haar, das ihm um den Kopf floss wie flüssige Schokolade. Es war so braun wie das von Chris, nur dass mein Freund kurzes, wildes Haar hatte und dem Elb die längsten Strähnen bis fast zum Hintern hinabhingen.

Wir druchstriffen mehrere Gänge, die allesamt gleich aussahen. Zu unserer großen Verwunderung trafen wir auf keine einzige Wache. Nur eine junge Elbin huschte uns über den Weg, einen Korb unter den Arm geklemmt, der überquoll von sauberer Wäsche. Sie beachtete uns gar nicht, dabei waren wir jetzt wirklich kein gewöhnlicher Anblick im Palast des Elbenkönigs. Eine Frau, die aussah wie ein Mensch und ein Elb, der so dünn war, dass man meinen könnte er flöge beim nächsten stärkeren Windstoß um.

„Ich glaube hier ist die richtige Tür“, flüsterte Fenrín und platzierte die zitternde Hand auf der Türklinke.
„Das hast du bei der letzten Tür auch gesagt und es handelte sich um eine Abstellkammer“, bemerkte ich kühl und stemmte die Hände in die Hüfte.
„Du musst nur fest daran glauben. Dann wird es gehen. Menschen sind ja immer so schnell zu verunsichern“, das Letzte murmelte er eher zu sich selbst und ich gab auch keinen Kommentar dazu. Sollte er sich seine Gedanken dazu machen. Ich war mir gut genug im Klaren wer ich war und was ich war, auch wenn ich Vieles noch nicht so ganz verstand.

Heiße Sonnenstrahlen erwärmten uns die Haut. Fenrín wand den Blick ab, kniff die Augen zusammen. Sie waren die Sonne nicht mehr gewohnt, die Helligkeit war zu viel für ihn. Ich aber schob mich an ihm vorbei durch die geöffnete Tür und nach draußen in die Wärme. Die frische Seeluft wirbelte meine Haare durch. Sie strich mir sanft über die Haut und ich ließ sie tief in meine Lungen strömen. Endlich spürte ich den Wind wieder, endlich hätte ich die Flügel ausbreiten können und wegfliegen können. Das nannte ich Freiheit!

Die See war ruhig, ich hörte nur ein entferntes Rauschen des Wassers, wenn es an das Ufer oder den Hafen traf. Möwen kreisten am Himmel und weckten uns mit ihrem Gekreische.

In Deutschland wären Fenrín und ich nicht annähernd so weit gekommen, wenn wir den Versuch gewagt hätten aus einem Gefängnis auszubrechen und das auch noch ungesehen.
„Komm wir sollten uns beeilen, bevor uns doch noch jemand s-“
Eine schneidend kühle Stimme unterbrach mich. Sie schrie etwas, laut und deutlich, sodass selbst ich es verstanden hatte.
Wir waren entdeckt worden!
Mein Herz machte einen ungewollten Hüpfer, bevor es sich in die Magengegend verabschiedete. Dort löste es ein äußerst unwohles Gefühl in mir aus.
Um alles in dieser und meiner Welt, wollte ich nicht zurück in die Zelle! Sie raubte mir alles, was ich liebte. Meine Freiheit, meine Liebe zur Natur und die Möglichkeit doch noch in Kontakt zu denen zu bleiben, die mir am Wichtigsten waren.
Die Luft dort unten war muffig und schlecht für unsere Gesundheit, das Moos war feucht und die Matte, auf der wir schlafen konnten, auch. Es war ein Grauen gewesen dort unten zu verweilen ohne einen triftigen Grund, warum man überhaupt festgehalten wurde.
Doch am allerschlimmsten war die Langeweile gewesen, die einen dort tagtäglich geplagt hatte. Was sollte man auch in einer Zelle anfangen, in der sich kaum etwas befand.
Nein, dorthin wollte ich auf keinen Fall zurück.

Klirrend kam der Schlüssel des Wachmannes auf dem Boden auf, als ich nach Fenríns Hand griff und ihn mit mir zog. Einfach nur weg von hier, weg von den Zellen und weg vom Palast. Wir wurden verfolgt. Schreiend und fluchend folgte uns die Wache, die uns gesehen hatte.
Weitere Elben folgten schnell und bald war uns nicht nur der Weg nach hinten, sondern auch der nach rechts versperrt. Vier Wachen kamen dort aus einer Tür gestürmt, als sie die Rufe ihres Kameraden vernommen hatten.
Mein Herz hämmerte mir gegen die Rippen, ich schnappte nach Luft und schnell war mir klar geworden, dass wir es so niemals schaffen würden. Die Zeit in der Zelle hatte selbst bei mir ihre Spuren hinterlassen, ganz zu schweigen von Fenrín.
Er keuchte und jegliche Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Lange würde er nicht mehr durchhalten!

Panisch blickte ich mich um. Sollte ich ihn zurücklassen? Nein auf keinen Fall! Er ist so unschuldig wie ich. Wenn wir wieder in die Zellen gebracht werden, dann zusammen.
Zwei weitere Wachen versperrten uns den Weg nach links, uns blieb nur noch die Flucht nach vorne, auf das große Tor zu, das Palast und Stadt voneinander trennte.
Mein Blick stob unruhig von rechts nach links, ich suchte eine Möglichkeit wie wir die Wachen abhängen und uns selbst in Sicherheit bringen konnten.

Gerade, als ich die Hoffnung aufgeben wollte, als uns der finale Wachmann den Weg nach vorne versperrte, da sah ich die Lösung. Klar und deutlich vor meinen Augen, als wenn sie immer dort gewesen war und ich sie nur entdecken musste!

Hey :)

Ich bin derzeit bei meiner Freundin zu Besuch und komme deshalb nicht ganz so oft zum Schreiben, ich hoffe ihr versteht das. Aber dennoch habe ich mich an das nächste Kapitel gesetzt, da einige auch schon danach gefragt haben :)

Hier ist es also und viel Spaß damit ^^

Laura :*

Fly with meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt