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Marlene


Heute ist nicht viel los im Laden. Ich stehe draußen, lehne an der Absperrung, die die Fußgänger von der Straße fernhält, rauche eine Zigarette und scrolle durch Instagram. Social Media ist nicht mein Ding. Jedes Erlebnis wird gepostet. Niemand genießt den Moment. Das beste Foto ist wichtiger als das Erlebte. Wer fotografiert den schönsten Sonnenuntergang, wer hat das beste Essen, wer war auf dem geilsten Konzert? Höher, schneller, weiter. Die Welt durch eine Kameralinse. Wenn ich an mein letztes Konzert denke, tun mir die Künstler auf der Bühne leid. Sie sehen nicht mehr in die Gesichter, mit den vielen Emotionen, sondern auf verschiedene Telefone. Sicher mach ich auch Fotos oder ein kurzes Video als Erinnerung, aber ich bin doch auf einem Konzert um zu tanzen, zu feiern.
Warum ich die App noch auf meinem Telefon habe, weiß ich nicht. Zeitvertreib?

Von meinem Standort habe ich einen guten Blick auf unseren Laden. Das eine Schaufenster ist geschmückt mit Trockenblumen. Eukalyptus, Ruscus, Rittersporn, Pampasgras gebunden um verschieden große Ringe. Ich mag den Boho Style. Zusammen mit goldener Deko ein echter Hingucker. Als ich unser Schaufenster betrachte, sehe ich einen dunklen Mantel, schwarze skinny Jeans, Wildleder Boots. Das kann doch nicht sein. Er steht an der anderen Ecke des Ladens und guckt durchs Fenster.
Was jetzt? Schnell in den Laden gehen und hoffen das er auch rein geht oder ihn direkt auf der Straße ansprechen? Wie groß wird wohl die Chance sein Ihn noch einmal zu sehen? Also, jetzt oder nie. Ich drücke die Zigarette aus, stecke mein Handy in meine Gesäßtasche und streiche mir die Bluse glatt. 

Los...

Nervös gehe ich in seine Richtung. 

"Hi"

Überrascht dreht er sich um. Grüne Augen treffen meine blauen. Ich habe das Gefühl das die Zeit stehen bleibt. Es ist still. Gespannt warte ich auf seine Antwort. 

"Hallo" verlegen kratzt er sich an seinem Kopf und streicht mit seiner Hand sein Haar nach hinten. Mir fällt ein Tattoo an seiner Hand auf. Ein schwarzes kleines Kreuz zwischen Daumen und Zeigefinger. 

"Komm doch mit rein, von innen sind die Blumen noch schöner" Oh Gott, das habe ich nicht wirklich gesagt. Mir hätte auch etwas Besseres einfallen können. "Gerne" Er lächelt schief und seine Augen funkeln.  Ich gehe vor und halte Ihm die Tür auf. Wir stehen beide mitten im Laden. Tief ein und ausatmen. Ein... aus... 

"Ich brauche, äh ich suche, Blumen" wieder dieses schiefe Grinsen. Wenn er grinst, ist sein eines Auge etwas kleiner als das andere. Das macht sein Gesicht noch interessanter. Ich gehe rüber zu unseren Schnittblumen. "Welche genau? Hast du einen bestimmten Wunsch?" "Ich hätte gerne 5 Sonnenblumen, Kamille und etwas von dem Zittergras" Überrascht schaue ich ihn an und er zuckt nur lässig mit seinen Schultern. Okay er kennt sich aus und weiß was er möchte. Ich suchte alles zusammen und binde alles zu einem Strauß. "Kommt noch etwas dazu?" Ich schaue Ihn an und warte geduldig auf seine Antwort. Er tritt nervös von einem auf das andere Bein und zupft mit seinem Daumen und Zeigefinger an seiner Unterlippe. Er sieht aus als wollte er was sagen aber mehr als ein :"Nein, das ist alles. Danke" kommt nicht. 

"Wohnst du in der Nähe?" platzt es aus mir heraus als wir uns auf den Weg zum Tresen machen. "Ich habe dich noch nie hier gesehen" Er lächelt. "Nein, ich bin nur vorübergehend hier. Ich wohne in dem Hotel zwei Straßen weiter" Seine Stimme ist wirklich besonders. Sie hat einen so tiefen warmen klang. "Warst du schon einmal in Berlin?" Was ist mit mir los? So viele Fragen, ich kenne Ihn doch gar nicht. Ich weiß nicht einmal, wie er heißt. "Ja, ich war vor Jahren schon einmal beruflich hier." Smalltalk scheint nicht sein Ding zu sein und meins eigentlich auch nicht aber irgendwie möchte ich mehr von ihm wissen. "Ich bin übrigens Marlene" platzt es aus mir raus. "Ich bin Harry" "Hi Harry. Schön dich kennenzulernen" ich strecke ihm meine Hand hin. Was mache ich hier? Ich bin nervös und hoffe er merkt das leichte beben meiner Hände. Er muss denken, mit mir stimmt etwas nicht. Er nimmt meine Hand und schüttelt sie. Wir müssen beide lachen. Sein lachen klingt schön. Mir wird warm und ich merke wie Hitze in mir aufsteigt. Etwas zu lange hält er meine Hand, nicht mehr schüttelnd. Zaghaft streicht sein Daumen über meinen Handrücken. Es fühlt sich gut an. Ich merke wie meine Wangen rot werden, es fühlt sich an als würde ich Feuer fangen. Ich schaue Ihm in die Augen. Es ist wieder als würde die Zeit stehen. Nehme nichts um mich herum wahr. Nur grüne Augen, so klar. Wälder. Dichte Wälder mit großen Bäumen. Raschelnde Blätter im Wind. "Magst du mir Berlin zeigen?" Harry reißt mich aus meinen Gedanken. Ich bin wieder im hier und jetzt.

Flos || Harry Styles (h.s. Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt