Marlene
Zwei Streifen. Stille. Ich kann nicht atmen. Es schnürt mir die Kehle zu. Das ändert alles. Ich bin nicht in der Lage irgendetwas zu sagen, mich zu bewegen. Mit leerem Blick und leeren Gedanken starre ich auf die beiden Streifen. Harry dreht sich um und geht. Ein lauter Knall, quietschende Reifen. Ich bin alleine. Was mach ich denn jetzt? Ich bin nicht bereit und so wie es aussieht, ist er es auch nicht. Ich suche nach meinem Handy.
"Na Kleene. Schön von dir zu hören." Bei ihrer Stimme kommen mir die Tränen. "Hi Jule. Entschuldige, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe." "Kein Problem. Was ist los? Du weinst. Was hat er gemacht?" "Gar nichts. Jule es ist etwas passiert und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Harry ist gerade abgehauen und ich stehe jetzt alleine bei seiner Mutter im Badezimmer. Es ist aussichtslos. Ich weiß nicht, was ich machen soll." "Was ist denn los? Atme erst einmal tief durch und dann erzählst du mir, was passiert ist okay? Ich bin hier und höre dir zu." "Ich... Ich.. Ich bin schwanger." Tränen fließen über mein Gesicht. "Ich habe gerade einen Test gemacht. Harry war dabei. Ohne ein Wort ist er gegangen. Ich weiß nicht, was schlimmer ist. Das ich schwanger bin oder das er gegangen ist und mich damit alleine lässt." Es tut weh. Mein Magen krampft sich zusammen.
"So wie ich das raushöre, war es nicht geplant?" "Nein war es nicht." Ich schluchze ins Telefon. Wie gerne ich jetzt bei ihr wäre. "Pass auf Kind. Es ist scheiße, dass er so feige abgehauen ist. Aber es ist, wie es ist. Du kannst jetzt sitzen und heulen oder du machst dir ein paar Gedanken, wie es für dich weiter geht. Mit ihm oder ohne ihn. Du musst an dich denken. Es ist dein Körper und es ist dein Leben. Es ist deine Entscheidung, ob du das Kind behältst oder nicht, aber ich gebe dir noch einmal den selben Rat wie das letzte Mal. Kind, hör auf dein Herz." "Ich kann nicht auf mein Herz hören Jule. Da wächst etwas in mir für das ich Verantwortung übernehmen muss, aber ich bekomme doch nicht mal mein eigenes Leben auf die Reihe. Wie soll ich es dann mit einem Kind schaffen? Ich kann das nicht." Unbewusst streiche ich über meinen Bauch. Dort in mir wächst etwas. Das kleine Ding kann ja auch nichts dafür. "Ich weiß, dass macht dir gerade eine riesen Angst, aber ich weiß, dass du dich richtig entscheiden wirst. Du bist intelligent und du hast ein riesen Herz. Ich bin für dich da. Ich bin hier, wenn du mich brauchst." "Danke Jule. Für alles. Ich leg jetzt auf. Machs gut." "Pass auf dich auf und melde dich, ja?" "Mach ich. Bis bald." Ich drücke auf den roten Hörer und die Stille ist zurück.
Lediglich mein Schluchzen ist zu hören. Ich starre auf mein Display und er grinst mich an. Meine Verzweiflung geht über in Wut. Wie kann er mich in dieser Situation alleine lassen? Ich schalte mein Handy aus und feuer es in die Ecke, stehe auf und lasse mir kühles Wasser über die Hände laufen. Ein Blick in den Spiegel zeigt mir meine verquollenen Augen und mein bleiches Gesicht. Ich wische den verschmierten Mascara weg und Atme noch einmal tief durch. Mein Magen ist noch immer verkrampft. Das letzte was ich gegessen habe ist mir wieder hoch gekommen. Ich sollte runter in die Küche, aber da wird sicher seine Mom sein. Ich weiß nicht, ob ich das schaffe.
Mein Hunger ist so groß, dass ich mich doch nach unten in die Küche traue. Anne steht am Herd, es duftet köstlich. "Essen ist gleich fertig." Sagt sie mit freundlicher Stimme. Sie wird Harrys plötzlichen Aufbruch natürlich mitbekommen haben, aber sie scheint sensibel genug zu sein, um nichts zu sagen. "Wo finde ich die Teller? Dann kann ich schon den Tisch decken." "Gerne. Oben rechts im Schrank. Gläser sind daneben im Schrank und Besteck findest du dort in der Schublade." Schweigend suche ich alles zusammen und decke den Tisch. Anne stellt die große Pfanne mitten auf den Tisch. Es sieht toll aus. Kartoffeln mit verschiedenem gebratenen Gemüse. Dazu holt sie noch Kräuterquark aus dem Kühlschrank. "Harry wird wohl nicht zum Essen kommen?" Etwas in ihrer Stimme lässt mir Tränen in die Augen steigen. Ich schüttle nur den Kopf. "Na dann bleibt mehr für uns." scherzt sie. Ich mühe mir ein Lächeln ab, was aber nicht meine Augen erreicht. "Wenn du reden möchtest, ich höre dir gerne zu. Ich sehe doch, dass dich was bedrückt. Das euch etwas bedrückt."
Das Essen schmeckt so gut, dass ich mir noch einmal auffülle und eine zweite Portion esse. "Möchtest du einen Wein oder einen Schnaps?" "Nein danke. Ich bin... Ich trinke keinen Alkohol." Das war knapp. Anne grinst mich breit an. Jetzt weiß ich woher Harry sein Grinsen hat. Anne hat beim Lachen die gleichen kleinen Fältchen um die Augen wie er. Er hat wirklich viel Ähnlichkeit mit seiner Mutter. Wut steigt wieder in mir auf. Meine Hände sind zu Fäusten geballt. So sehr, dass meine Fingerknöchel weis heraus stehen. Anne legt ihre warme, weiche Hand auf meine Faust. "Raus mit der Sprache. Was ist los?" "Ich bin so wütend, dass er gerade jetzt einfach abhaut. Ohne ein Wort. Er ist einfach gegangen und hat mich alleine gelassen. Dabei betrifft es uns beide. Ich weiß nicht, was ich jetzt machen soll." "Das ist so typisch für meinen Sohn. Sobald es kompliziert wird, haut er ab. Er schafft es einfach nicht, sich seinen Problemen zu stellen. Hast du ihn schon angerufen?" "Nein, das werde ich auch nicht tun. Entweder er merkt alleine, was er für ein Idiot ist oder er hat Pech." Anne lacht laut. "Ich bin froh, dass er dich gefunden hat. So einen Arschtritt kann er gut gebrauchen. Er kommt wieder. Er liebt dich. Ihr werdet euer Problem auf die Reihe bekommen." "Ich weiß nicht. Ich denke eher nicht. Ich denke eher, das wird unser Ende sein." Tränen laufen mir über die Wange. Der Gedanke daran ohne Harry zu sein, zerreist mir das Herz. Egal was für ein Idiot er ist. Ich liebe ihn.
"Nicht weinen. Was ist denn passiert, dass es so aussichtslos ist?" "Ich bin schwanger." Ich kann Annes Gesichtsausdruck nicht ganz deuten, aber ich denke es liegt Freude in ihm. "Das ist alles? Das ist doch aber kein Grund sich zu trennen. Glaube mir, da gibt es Gründe die etwas tiefgreifender sind." "Wir wollen aber beide noch keine Kinder. Harry und ich kennen uns kaum und wir wissen doch beide nicht, wo unsere Wege hin führen. Ich will studieren und er weiter an seiner Musik arbeiten. Wie soll da ein Kind rein passen." "Ein Kind passt nie. Es ist eine Aufgabe an der man wächst." Wir unterhalten uns noch bis mitten in die Nacht. Bis alle Tränen geweint sind. Ich bin fix und fertig. Anne nimmt mich noch einmal in den Arm und drückt mich fest. "Egal wie du dich entscheidest und wie es mit euch beiden weiter geht. Du bist hier immer willkommen, okay?" "Dankeschön."
Gerade als ich die Treppe nach oben gehen will, knallt die Tür. Harry poltert herein. Er kann kaum gerade stehen. Er ist betrunken. Er hat mich also alleine gelassen, um sich zu betrinken. Ich bin so sauer. Ich muss mich zusammen reißen, um vor Anne keine Szene zu machen. "MAARRLLEEENNNE eschh tuut mir sooo leid." lallt er etwas zu laut. Anne rauscht an mir vorbei rüber zu ihrem Sohn. "Was fällt dir ein? Du bist so ein Schwachkopf. Lässt Marlene hier alleine, um dich zu betrinken? Sieh zu, dass du in dein Bett kommst. Wir reden morgen." Wenn die Situation nicht so ernst wäre, hätte ich jetzt lachen müssen. Anne packt ihn am Arm und schleift ihn nach oben. Ohne ein Wort folge ich den beiden. Sie reißt die Tür zum Gästezimmer auf und schiebt ihn ins Bett. Harry fällt vorne über und liegt mit ausgestreckten Armen mitten im Bett. "Maaaarlene komm insch Bett." "Halt dein Mund du Schwachkopf." schreit Anne ihn an. Sie ist so sauer. "Komm Marlene, wir finden einen anderen Schlafplatz für dich. Lass ihn erstmal seinen Rausch ausschlafen." "Ich möchte gerne bei ihm bleiben. Er scheint einiges getrunken zu haben. Betrunkene ersticken gerne an ihrem Erbrochenen." scherze ich.
"Wie du möchtest. Verdient hätte er es. Also nicht das er erstickt, aber das es ihm schlecht geht. Wenn du etwas brauchst oder mit ihm was ist, mein Schlafzimmer ist unten." "Alles klar, danke. Gute Nacht." "Wünsche ich dir auch. Schlaf gut." Ich gehe rüber zu Harry und fange an ihn auszuziehen. Er hat es unten nicht einmal geschafft, sich von seinen Schuhen zu trennen. Wie schwer kann eigentlich so ein Bein sein? Ich schaffe es nicht, ihm die Hose auszuziehen. Ich rolle ihn auf die Seite und lege seinen Kopf etwas in den Nacken. Stabile Seitenlage hilft nicht nur bei Verunfallten, sondern auch bei Schnapsleichen. Harry bekommt von alldem nichts mit. Er schläft tief und fest und ein leisen Schnarchen kommt aus seinem Hals. Er stinkt nach hartem Alkohol, Bier und Kippe. Wahrscheinlich ist er in irgendeiner Kneipe gelandet. Ich hoffe nur, dass er kein Auto mehr gefahren ist.Völlig erledigt lege ich mich zu ihm ins Bett. Ein unruhiger Schlaf überkommt mich.
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Flos || Harry Styles (h.s. Ff)
Fanfictionflos - m <flōris> Latein Blume, Blüte 🌻 *"Weißt du, eigentlich habe ich gehofft, wir können genauso weiter machen." Harry wirkt verlegen.* *Ehrliche grüne Augen mit einem Funken Schmerz* Marlene arbeitet in einem kleinen Blumenladen mit dem...