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Vorsichtig öffne ich meine Augen. Mein Magen fühlt sich komisch an. Wie lange ich geschlafen habe, weiß ich nicht.  Ich fühle mich auf jeden Fall besser als vorhin. Ich glaube, ich musste mich noch nie vom Alkohol übergeben. Einen üblen Kater hatte ich schon oft nach einer langen Nacht, aber so mies ging es mir noch nie. Mir ist das ganz schön unangenehm, so sollte Harry mich nicht sehen. Wo ist er überhaupt? Das Bett neben mir ist leer und kalt. Nur ein Tablett mit einer Schüssel Müsli, einem Tee und Milch stehen dort auf seiner Seite. Ich setze mich auf und gucke noch einmal auf das Tablett. Da liegt ein kleiner Zettel. 

Wollte dich nicht wecken. Bin schnell einkaufen 

xxx

H.

Mein Magen knurrt laut. Ich sollte etwas essen, dann geht es mir sicher gleich besser. Ich schütte etwas Milch in die Schale und fange an zu kauen. Gefühlt wird es immer mehr in meinem Mund und ich habe mühe das Zeug runter zu bekommen. Ich bin froh, dass Harry einen Tee gekocht hat, denn der dürfte inzwischen kalt sein. Ich spüle das Müsli mit dem Tee runter. Das mit dem Essen lass ich lieber erstmal. Ich beschließe duschen zu gehen und stelle die Schale wieder zurück. 

Heißes Wasser läuft über meinen Nacken, mein Körper entspannt sich. Ich nehme mir Duschgel und fange an meinen Körper einzuschäumen. Ich fühle mich schlapp und kraftlos. Ich hoffe, das legt sich bald und ich werde nicht krank. Ich dusche den Schaum weg, drehe das Wasser ab und wickel mich in ein großes Handtuch. Der große Spiegel überm Waschbecken ist beschlagen. Durch den Nebel erkenne ich eine blasse Gestalt mit tiefen Augenringen. So wie ich mich fühle, sehe ich also auch aus. Nicht gerade vorzeigbar. Ich krame in meiner Tasche nach Concealer, wenigstens die dunklen Schatten kann ich damit etwas verstecken. 

Ich stehe wieder in seinem Ankleidezimmer, hier hat dieser verrückte Abend gestern angefangen. Nur ist mir jetzt nicht nach einem schicken Outfit, sondern nach Hoodie und Jogginghose. Wieder bediene ich mich an seinem Schrank. Grauer Pulli und eine schwarze weiche und bequeme Hose. Perfekt, das sollte gehen. Heute wird eh nicht mehr viel mit mir los sein. Couch und Netflix. Mehr geht heute nicht. Sein Pullover duftet nach frischer Wäsche und nach ihm. Ich nehme noch einmal einen tiefen Atemzug, hänge das nasse Handtuch über die Tür und gehe zurück ins Schlafzimmer. Da schnappe ich mir das Tablett, um es in die Küche zu bringen. Wie in Zeitlupe räume ich die Sachen an ihren Platz zurück. Ich lese noch einmal den Zettel und streiche mit meinem Daumen über das kleine H. Danach stecke ich ihn mir in meine Hosentasche. Nachher packe ich ihn mir in meinen Kalender, wo auch schon die Postkarten und die anderen kleinen Zettel von Harry sind. 

Im Wohnzimmer angekommen stehe ich vor Harrys großem Regal mit seinen Platten. Ich stöbere durch. Harry hat einen weit gefächerten Musikgeschmack von alten Rockklassikern aus den 70er Jahren bis heute ist alles vertreten. Mir fällt eine alte Platte auf, die schon ziemlich abgegriffen ist. Ich ziehe sie vorsichtig aus dem Regal. Van Morrison- Astral Weeks

Harry erwähnte, als wir uns über Musik unterhalten haben, dass er gerne Musik von Van Morrison hört. Mir sagt das gar nichts, aber ich werde es mal versuchen. Ich schalte den Plattenspieler an und lege die Platte behutsam auf den Plattenteller. Der Arm mit der Nadel macht einen kleinen Satz und senkt sich automatisch. Leises Knacken kommt aus den Boxen. Ich mag die Geräusche von einem Plattenspieler. Irgendwie beruhigend. Ich gehe rüber zur Couch, schnappe mir die große Decke, wickel mich darin ein und schmeiße mich auf die breite Sitzfläche. Ich lasse mich von der Musik berieseln. Ein Lied gefällt mir besonders. Ich suche in meinem Handy nach dem Songtext. Madame George. Nur eine Gitarre begleitet von ein paar Streichern und dieser Stimme. 

Say goodbye to Madame George
And the loves that love to love that loves to love
That loves to love the loves that loves to love
The love that loves to love
Say goodbye, goodbye, goodbye

Say goodbye, goodbye, goodbye, goodbye Goodbye, goodbye, eh-eh to Madame George Dry your eye for Madame George Wonder why for Madame George Oh, the love that loves, the love that loves to love the loveThat loves to love the love that loves to love Say goodbye, goodbye Get on the train Get on the train, the train, the train The train, the train darling This is the train, this is the train darling This is the train Whoa, say goodbye Goodbye, goodbye, goodbye Goodbye, goodbye, goodbye Goodbye, goodbye, goodbye, ah-ah Get on the train, get on the train


Tränen kullern mir über die Wangen. Irgendwie ist das Lied ergreifend. Dazu die Streicher. Mein Herz. Ich bin so mit mir und der Musik beschäftigt, dass ich gar nicht mitbekommen habe, dass Harry zurück ist. "Gefällt sie dir?" fragt er. Ich schrecke kurz zusammen und schaffe es nur zu nicken. "Das ist eine meiner liebsten Platten." Er stellt den Einkauf ab und kommt zu mir rüber. Er begrüßt mich mit einem Kuss auf die Stirn. Er sieht umwerfend aus. Er hat sich die Haare zu einem Knoten gebunden, dazu einen schwarzen Hoodie, schwarze Shorts und Sneaker. Er hat so ein schönes Gesicht, dass immer von seinen langen Haaren umrandet wird. Mit Zopf wirkt sein Gesicht noch markanter. Er sieht erwachsener aus. Seine Augen strahlen. "Welcher Titel gefällt dir am besten?" Er ist ganz aufgeregt. "Madame George hat es mir angetan." Ich wische meine Tränen weg. "Der Abschied ist so schmerzhaft." Harry nickt und lässt sich auf die Couch fallen. "Ja der Song ist wirklich besonders. Ich bekomme auch jedes mal eine Gänsehaut, wenn ich ihn höre. Warte kurz. Geh nicht weg." Harry steht auf und verschwindet wieder. Überrascht schaue ich ihm hinterher. 

Er setzt sich mit seiner Gitarre wieder neben mich. Bisher hat Harry nur einmal kurz im Auto bei einem Song mitgesungen. Ich richte mich auf und schaue ihn gespannt an. Er fängt an die Gitarre zu spielen. Zaghaft zupft er an den Saiten. Die Gitarre hat einen wunderbaren Sound, sanft und klar. Leise und etwas unsicher fängt er an zu singen: 

I've got a girl crushHate to admit it butI got a hard rushIt's slowin' downI got it real badWant everything she hasThat smile and that midnight laughShe's givin' you nowI want to taste her lipsYeah, 'cause they taste like youI want to drown myselfIn a bottle of her perfumeI want her long blond hairI want her magic touchYeah, 'cause maybe thenYou'd want me just as muchI've got a girl crushI've got a girl crushI don't get no sleepI don't get no peaceThinkin' about herUnder your bed sheetsThe way that she's whisperin'The way that she's pullin' you inLord knows I've triedI can't get her off my mindI want to taste her lipsYeah, 'cause they taste like youI want to drown myselfIn a bottle of her perfumeI want her long blond hairI want her magic touchYeah, 'cause maybe thenYou'd want me just as muchI've got a girl crushI've got a girl crushHate to admit it butI got a heart rushIt ain't slowin' down


Ich kann es nicht glauben. Diese tiefe, raue und doch sanfte Stimme. Dieser Moment ist etwas besonderes. Würde ich ihn nicht schon so unglaublich lieben, würde ich es spätestens jetzt tun. Mein Herz rast. Was er gerade gespielt hat, ist so unglaublich schön und traurig. "Ist der Song von dir?" Er stellt die Gitarre zur Seite. "Nein der ist von Little Big Town, aber ich spiel ihn einfach so gerne." "Der ist wirklich toll und steht dir unglaublich. Harry es wird Zeit das du wieder auf die Bühne kommst. Jetzt weiß ich warum dich so viele Mädchen anhimmeln. Ich habe ja ein paar Songs von euch gehört, aber dich hier mit der Gitarre und nur deine Stimme... Mr. Styles, dass bringt mein Herz zum Schmelzen." Ich greife mir theatralisch an die Brust und lass mich in die Kissen sinken. Mit leuchtenden Augen, grinst er so breit, dass seine Grübchen zum Vorschein kommen.  

Flos || Harry Styles (h.s. Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt