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Harry

Von der Toilette zurück, kuschelt sie sich sofort wieder an und Leere und Kälte ist verschwunden. "Marlene? Was hältst du davon, wenn wir morgen nach Holmes Chapel zu meiner Mom fahren?" Ich vermisse sie wirklich und der letzte Besuch ist einfach schon zu lange her. "Können wir gerne. Ich bin so gespannt auf deine Mom und dein zu Hause." Die beiden werden sich super verstehen. Wahrscheinlich werden sie sich so viel zu erzählen haben, dass ich nicht zu Wort kommen werde. Die Auszeit von der Stadt, den Medien und allem anderen werden uns gut tun. Ich weiß das Marlene auch aus einem kleinen Dorf kommt und sie das Landleben kennt. "Wollen wir eigentlich auch mal deine Eltern besuchen?" Sie denkt über meine Frage nach. Will sie mich etwa nicht ihren Eltern vorstellen? Unsicherheit steigt in mir auf. 

"Weißt du Harry, ich habe nicht das beste Verhältnis zu meinen Eltern. Sie haben meine Entscheidungen nie wirklich akzeptiert. Mein Bruder und seine Familie wurden schon immer bevorzugt. Er hat ein Haus, zwei wundervolle Töchter, eine Frau und einen gut bezahlten Job. Er ist nie von der Norm abgewichen. Ich bin nach dem Abitur direkt nach Berlin, habe mein Studium abgebrochen und in einem Blumenladen gearbeitet. Ich war nie wirklich gut genug. Sie haben sich für mich einen anderen Weg vorgestellt. Ich bin 28, habe keinen Job und keine Kinder. Wo ich herkomme, ist das Leben noch sehr altmodisch. Da wird mit 25 geheiratet und man bekommt früh Kinder. Das war aber nie mein Wunsch. Ich will mein Leben so leben, wie ich es möchte. Ich möchte frei sein. Ich will die Welt bereisen. Es ist nicht so, dass ich dich nicht meinen Eltern vorstellen möchte, aber ich sehe es nicht als wichtig. Verstehst du mich?" 

"Nicht wirklich, aber es ist okay für mich. Wenn es sich für dich nicht richtig anfühlt, dann machen wir das auch nicht. Ich kann deine Eltern einfach nicht verstehen. Sehen sie denn nicht, was du für ein toller Mensch bist? Du bist selbstständig, hast Träume und Ziele. Wer sagt denn, dass Kinder und ein tolles Haus zu einem Leben dazugehören müssen? Wer bestimmt, wann der richtige Zeitpunkt für ein Kind ist? Sollte man nicht erst mit sich im reinen sein, um so einen großen Schritt zu wagen?" "Mal abgesehen davon, hatte ich nie einen Partner." Sie lacht laut los. "Ich weiß auch gar nicht, ob ich überhaupt Kinder möchte. Ich mag mein Leben so wie es ist. Unabhängig. Ich brauche auf niemanden Rücksicht nehmen. Wenn wir feiern oder auf Reisen gehen wollen, hält uns niemand auf." "Ich bin auch definitiv noch nicht bereit für Kinder, aber ich will es nicht ausschließen. Irgendwann hätte ich schon gerne welche." Ich liebe Kinder aber Marlene hat Recht, so ein unabhängiges Leben ist auch schön. "Es tut mir wirklich leid, dass du so ein komisches Verhältnis zu deiner Familie hast." "Das braucht dir überhaupt nicht leid tun. Es ist okay für mich. Es ist ja nicht so, dass wir gar keinen Kontakt haben und ich liebe sie auch. Die Beziehung ist halt nur nicht so innig, wie bei dir zu deiner Familie."

Wir liegen den ganzen Nachmittag auf dem Sofa und gucken Sherlock bis zur letzten Folge. Beiläufig erwähne ich von einem Treffen mit Benedict und ich spüre etwas wie Eifersucht, als Marlene ins Schwärmen für ihn gerät, was sie natürlich sofort wahrnimmt. "Entspann dich Harry, er ist ein toller Schauspieler. Du musst deine Eifersucht unbedingt in den Griff bekommen. Ist ja nicht auszuhalten." Mit einem Grinsen zwinkert sie mir zu. Ich mag ihre ironische und sarkastische Art. Oft muss ich überlegen, ob sie es wirklich ernst meint. Meistens gibt sie mir, wie eben das Zwinkern, kleine Zeichen damit ich auch wirklich verstehe, dass sie es nicht ernst meint. "Kann ich dich was fragen?" Marlene nickt. Sie richtet sich auf und wir schauen uns an. "Ich habe das Gefühl, du kommst mit jeder Art Mensch zurecht. Meine Freunde, meine Schwester und sicher auch meine Mom finden dich toll. Wie machst du das?" 

"Glaube mir, dass war nicht immer so. In meiner Schulzeit hatte ich es nicht leicht. Ich war gegen alles, immer ehrlich und direkt. Wenn ich auf jemanden keinen Bock hatte, habe ich es gesagt. Es war ein langer Weg, um zu sein, wie ich jetzt bin. Empathie ist ein großer Punkt. Ich war nie emphatisch, dass musste ich lernen. Wichtig ist, denke ich, einfach zuzuhören. Wenn du deinem Gegenüber aufmerksam zuhörst und etwas auf Körpersprache achtest, ist es ganz einfach. Jeder möchte irgendetwas erzählen, was ihm gerade wichtig ist. Man muss einfach darauf reagieren, offen sein und schon läuft ein Gespräch. Manchmal ist es wichtig sich in einem Gespräch zurück zu nehmen und sein Gegenüber erzählen lassen. Sarkasmus und Ironie finden trotzdem immer Platz und machen ein Gespräch auch interessanter. Aber du solltest doch mit Kommunikation kein Problem haben?" "Weißt du, wenn man in der Öffentlichkeit steht, ist es nicht so einfach. In Interviews überlege ich dreimal, was ich sage. Alles wird dir im Mund umgedreht und anders wiedergegeben. Es ist wirklich nicht einfach. Bei meinen Freunden habe ich da kein Problem. Da kann ich so sein wie ich bin. Doch habe leider traue ich mich nicht immer, dass zu sagen was ich gerade denke. Es ist wie eine Blockade." 

"Harry Styles fehlt es an Selbstvertrauen. So so." Sie macht sich lustig über mich. Sie bemerkt meinen Stimmungswechsel und greift nach meiner Hand. "So war es nicht gemeint Harry. Ich will mich nicht über dich lustig machen. Aber man sollte denken, bei dem was du erreicht hast, dass du ein bisschen mehr zu dir stehst. Sicher kannst du in einem Interview nicht das erzählen, was du deinen Freunden sagen würdest. Aber bei deinen Freunden? Denen solltest du schon sagen, was du denkst." "Ja schon, das mache ich auch, aber ich will halt niemandem weh tun oder zu nahe treten." "Aber dafür sind doch Freunde da, oder? Du möchtest doch auch, dass ich dir sage was ich denke? Auch wenn es weh tut." Ich nicke. "Ich sollte unbedingt an mir arbeiten." "Hast du schon mal überlegt, zu einem Therapeuten zu gehen? Zu einer unabhängigen und unbefangenen Person? Jemand der dir nicht nahe steht? Das kann manchmal helfen." "Ich hab doch dich Engel. Du hast mir bereits geholfen, wieder mehr ich zu sein." "Ich kann dir aber nicht bei allen Problemen helfen. Denk einfach darüber nach. Es ist keine Schande sich Hilfe zu suchen." "Das weiß ich. Ich denke darüber nach. Vielleicht ist es ja wirklich keine schlechte Idee." 

Nach dem Abendessen gehen wir noch duschen und fallen ins Bett. "Dir geht es besser oder?" "Ja auf jeden Fall. Das Essen und die Ruhe waren genau das Richtige. Es ist, als wäre nie etwas gewesen. Ich denke der letzte Schnaps war schlecht." "Erstmal keinen Alkohol mehr?" "Weiß nicht. Heute und morgen denke ich nicht, aber übermorgen?" "Aber bitte erstmal keinen Schnaps mehr." "Abgemacht." Sie hält mir die Hand hin. Ich greife nach ihr und schüttel sie fest. Danach ziehe ich sie in meine Arme und lege meine Lippen auf ihre.

Flos || Harry Styles (h.s. Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt