Das Date

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Als ich zuhause mein Zimmer betrat und die weiße Tür hinter mir schloss, lehnte ich mich mit dem Rücken gegen diese und musste erst einmal realisieren, was gerade passiert war. Chase, der berühmte, bionische Kerl hatte mich gefragt ob ich mit ihm auf ein Date gehen würde. Und ich habe ohne Nachzudenken auch noch zugesagt. Allerdings wusste ich gar nicht, ob ich das auch wollte. Es kam einfach überraschend. Andererseits, es musste ja nicht unbedingt ein Fehler sein.

Auch wenn es durch eine merkwürdige Situation zustande kam, sollte ich aufgeschlossen bleiben. Vielleicht wird es ja eine Überraschung.


Ich stieß mich von der Tür ab und ging zum noch geöffneten Fenster. Dieses schloss ich schnell.

Jetzt, da ich wusste, dass es irgendwelche bösen Leute auf meine Nachbarn abgesehen haben, und eventuell nun auch auf mich, sollte ich vorsichtiger sein. Das hieß, das große Fenster blieb erst einmal geschlossen.

Sobald ich dann das Bett erreichte, ließ ich mich in die weiche, kalte Bettdecke fallen. Ich lag quer über dem Bett, Kopf zur Wand und starrte an die Decke.


So richtig verarbeitet hatte ich das alles noch nicht. Und aus irgendeinem Grund fühlte ich mich etwas unwohl, wenn ich bei diesen Menschen war. Ich war mir nicht sicher an was das lag. Ich konnte nur mutmaßen. Ihre Charaktere waren es nicht. Meine Nachbarn waren eine Hand voll wunderbarer, netter Menschen. Ich glaube auch nicht, dass das etwas mit ihrer Bionik zu tun hatte. Vielleicht war es einfach, dass ich schüchtern und still war, und nie sehr viel zu sagen hatte.

Dennoch war ich mir in einer Sache sehr sicher. So merkwürdig mir das teils alles vorkommen mag, jetzt wo ich wieder in meinem Zimmer war, wünschte ich, ich wäre bei ihnen. Trotz anfänglichen Schwierigkeiten, fing ich nun an sie zu mögen.

Gerade Chase. Dieser war wohl doch nicht so übel wie ich dachte. Ich hatte ihn mehr als rumkommandierendes Arschloch eingeschätzt, aber so wie es aussieht, kommandiert er nur rum. Jedenfalls war er kein Arschloch. Und ebenfalls ziemlich nett, jetzt wo die ganze Sache passiert ist.

Nur was er mit diesem Date erreichen wollte, blieb mir ein Rätsel. Irgendwie hatte ich das Gefühl, es ging hier nicht um ihn oder mich, sondern darum, anderen etwas zu beweisen. Umso mehr hatte ich Angst, wie das ausgehen könnte. Dieses kleine Stück an Freundschaft, dass wir gewonnen hatten, könnte sofort wieder weg sein und zu weiteren Problemen führen. Das einzig Sinnvolle wäre wohl das ganze Abzusagen, doch aus mir unbekannten Gründen wollte ich das nicht.

Mir blieb also nichts anderes übrig, als mich auf morgen überraschen zu lassen und zu schauen, wie es dann weiter geht.


-


„Also, was ist der Plan?"

Ich schaute Chase an, der in einem rot-weiß kariertem Hemd vor mir stand und mich angrinste.

„Erst mal, weit weg von diesem Haus."

Verwirrt schaute ich ihn an und bekam auch sogleich eine Antwort.

„Die spionieren sonst alle nach."

Verständlich. Ist vielleicht besser so. Ich hätte auch keine Lust, wenn die anderen uns den ganzen Tag verfolgen würden, nur um sich zu amüsieren.


Als Chase dann aus dem Daventower lief, folgte ich ihm, beziehungsweise lief an seiner rechten Seite den Bürgersteig entlang. Für eine weile blieb es still zwischen uns.

Da waren wir wieder. Still und Schüchtern. Ich musste mir das echt bald mal ablegen.

„Also... ich dachte wir könnten vielleicht in ein Cafe gehen und uns besser kennen lernen...", durchbrach er nach einiger Zeit die Stille und schaute kurz zu mir rüber.

Ich nickte und antwortete knapp: „Mhm, klingt gut."

Es war wirklich unangenehm gerade. Ich hoffte, dass das Eis bald brechen würde, sonst würde das ein seeeehr langer Tag werden.

Es blieb also wieder eine weile Still, bis wir ein kleines Cafe, an der Ecke eines Hochhauses erreichten. Chase öffnete die Glastür und ging beiseite, sodass ich eintreten konnte. Ich musste kurz schmunzeln, da ich das nicht erwartet hatte.

Wir nahmen an einem kleinen Tisch an einer Fensterfront Platz. Ich machte es mir auf dem Holzstuhl bequem und schaute mich kurz um. Es waren wenig Menschen im Cafe. Hauptsächlich auch nur Menschen, die sich, wie man an der Arbeitskleidung erkennen konnte, nur einen Kaffee für die Mittagspause gönnten.


Ich merkte, dass er keine Anstalten machte, ein Gespräch zu eröffnen, sodass das wohl an mir lag. Ich dachte kurz nach, doch es dauerte nicht lange, bis ich etwas hatte, dass mich brennend interessierte.

„Sag mal..."

Ich hatte seine volle Aufmerksamkeit.

„... was genau hat es jetzt eigentlich mit diesen Roboterfreundinnen auf sich?"

„Ach das", lachte er kurz und fuhr dann fort.

Ich schaute ihn neugierig an, er allerdings, schaute etwas unbehaglich in der Gegend rum, ehe er mich wieder ansah.

„Ich wollte einfach auch eine Freundin haben..."

Ich sah, wie seine Wangen sich etwas rosa färbten und man konnte erkennen, dass es ihm etwas Peinlich war.

„Verständlich. Aber ob Androiden da die beste Wahl sind? Ich bin mir sicher, es gibt auch Frauen aus Fleisch und Blut, die dich toll finden."

Er zuckte kurz mit den Schultern. Man merkte ihm seine Unsicherheit an.

„Es hatte sowieso nicht funktioniert. Als Kaz die erste Androidin umprogrammiert hatte, habe ich noch eine erschaffen. Wir haben sie wählen lassen, aber sie wollte Kaz. Genauso wie die anderen, die danach gebaut wurden. Nach ein paar Tagen habe ich sie dann demontiert, weil sie nur noch Probleme machten."

Ich lächelte ihn sanft an. Es war ja schon ganz süß.

„Chase, eines kann ich dir versichern. Du brauchst keine Maschinen die dir eine Frau ersetzen. Du bekommst auch so eine. Bei manchen dauert das ganze einfach länger. Meine Mutter hatte ihren ersten Freund mit 22."

Ich bekam ein kleines Lächeln von ihm und ein nicken hinterher.


„Was möchten Sie bestellen?"

Unser Gespräch wurde von einer lächelnden Kellnerin unterbrochen, die mit Zettel und Stift an unseren Tisch trat und uns fragend ansah.

„Eine heiße Schokolade", kam es von mir und Chase gleichzeitig. Sofort trafen sich unsere Blicke und wir hatten beide ein Schmunzeln im Gesicht.

Auch die Kellnerin verschwand mit einem Grinsen im Gesicht, nachdem sie unsere Bestellung notiert hatte.


„Weißt du, ich hätte dich nicht so eingeschätzt...", kam es von Chase und verwundert sah ich zu ihm.

„Was? Als einen Hot-Chocolat-Trinker?"

Er lachte.

„Nein, dass wir tatsächlich etwas gemeinsam haben."

Auch ich grinste.

„Weißt du, manchmal überrascht uns das Leben. Wer weiß, was wir noch gemeinsam haben.

Zwischen Bionic und SuperkräftenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt