Der Wurmlochtransporter

36 2 0
                                    


Eine ganze Weile saßen wir nun schon im Wohnzimmer unserer Superschurken. Wir wurden kurzerhand in den anderen Raum verfrachtet. Den Grund dafür kenne ich nicht. Es schien wohl ein Geheimnis zu sein, denn Papa Bösewicht wollte nicht mit der Reparatur des Wurmlochtransporters beginnen, bis wir die Küche verlassen hatten. Und Amy schien ganz genau darauf zu achten, dass bloß niemand das Wohnzimmer verlässt.
„Und dort weiß wirklich niemand, dass es Superhelden gibt?"
Hartley war für unsere Unterhaltung zuständig. Somit wurde uns wenigstens nicht langweilig.
„Nein, niemand. Und sollte es jemand herausfinden, werden seine Erinnerungen gelöscht."
Oliver klärte sie in sämtlichen Fragen auf. Dennoch konnte ich sehen, wie schwer es ihm fiel. Wie bei Kaz. Die Beiden mussten ihr Geheimnis so lange geheim halten, kein Wunder, dass es für sie nicht so einfach war, darüber zu sprechen.
„Es gibt ein paar Menschen, die Bescheid wissen, aber nicht viele. Und dass soll auch so bleiben."
„Wieso erzählt ihr es dann uns?"
Hartley schaute Oliver neugierig an. Doch nicht dieser, sondern Skylar antwortete ihr.
„Angesichts dessen, dass ihr eh über die Existenz bescheid wisst und in einer ganz anderen Welt lebt, macht es das zu keiner Bedrohung mehr."
„Denkt ihr, jemand könnte es herausfinden?"
Diese Frage erinnerte mich an das Video, das Kaz mir gezeigt hatte. Ich fragte mich, wie schlimm die ganze Sache wirklich war. Würden sie wirklich die Existenz der Superhelden herausfinden? Und wenn es so wäre, was würde danach geschehen? Vielleicht würden sie Kaz, Oliver und Skylar einsperren und Tests mit ihnen machen. Um zu erfahren, wie sie selbst an Fähigkeiten kommen könnten.
So stellte ich es mir zumindest vor. Doch für das Schicksal meiner Freunde hoffte ich, dass ich die Wahrheit nie herausfinden würde.


„Was ist mit ihr?"
Ich wurde aufmerksam, als Amy mit dem Finger auf mich deutete.
„Was soll mit ihr sein?"
Oliver schaute verwirrt in die Runde.
„Sie ist keine Superhelden, hab ich recht?"
Das hatte sie, aber wie kam sie darauf?
„Nein", bestätigte ich, dezent verwirrt.
„Wieso weiß sie Bescheid?"
Die bessere Frage war, warum sie Oliver fragte, und nicht mich. Als würde ich nicht selbst antworten können.
„Ich bin bionisch", antwortete ich also.
Und tun ersten Mal schaute sie mir in die Augen. Ihre Haselnussbraunen Augen fixierten mich. Musterten mich genau. Ein leichtes Schimmern war darin zu erkennen.
„Bionisch?"
Ihre Augenbraue hob sich. Also erklärte ich ihr, was ich damit meinte.
„Ich bin ein Mensch. Aber durch einen Chip in meinem Nacken besitze ich Fähigkeiten wie die von Superhelden. Nur das alles rein auf Wissenschaft basiert."
Ich hatte damit gerechnet, dass es sie mehr interessieren würde, doch sie tat alles mit einem einfachen Nicken ab. Doch Hartley betraf dies nicht. Sie schien völlig Begeistert zu sein.
„Heißt das, jeder könnte ein Superheld sein?"
„Theoretisch ja."
„Weißt du was das heißt, Amy?"
Sie wandte sich aufgeregt an ihre Freundin.
„Wir könnten zusammen die Stadt unsicher machen. Also nicht wirklich unsicher. Ich werde sicher niemanden weh tun, eher helfen. Aber..."
„Hartley."
Mahnend schaute Amy zu ihrer Freundin, die daraufhin verstummte.
„Ich würde wirklich gerne mehr darüber erfahren. Wie funktioniert das denn genau?"
Sie schien plötzlich doch Interesse daran zu haben, doch sie schien mir nicht ehrlich. Ihr Lächeln wirkte aufgesetzt. Ich hatte kein gutes Gefühl dabei, ihr mehr darüber zu verraten.
„Ich weiß ehrlich gesagt nicht allzu viel darüber."
Komplett gelogen war es dennoch nicht. Natürlich wusste ich im Groben was der Chip bewirkte, doch ich hatte keine Ahnung wie er funktionierte. Und selbst wenn ich es gewusst hätte, wäre Davenport sicher nicht erfreut gewesen, hätte ich die Geheimformel ausgeplaudert.
„Hm, schade. Wie auch immer. Ich schaue mal nach eurem Gerät."
Sie funkelte mich noch kurz an und verschwand danach hinter der Küchentür.


Es war leise. Selbst Hartley blieb ruhig und sagte keinen Ton. Sonderlich gesprächig waren wir alle nicht. Den anderen Dreien ging es bestimmt wie mir. So aufregend es zwar war, in eine fremde Welt zu reisen, den Nerv dafür hatte ich zurzeit nicht. Gerade jetzt, wo sich die Ereignisse immer weiter zuspitzten und die Geburt immer näher rückte, umso versessener wurde ich, all das hier zu beenden.
Noch vor einem Jahr hätte ich solch eine Gelegenheit mit offenen Armen begrüßt, um dem einfachen Alltag zu entfliehen und Abenteuer zu erleben. Doch jetzt wollte ich einfach nur zu Hause bei Chase sein und mit ihm Zeit verbringen. Gemeinsam mit ihm Baby Kleidung shoppen, das Zimmer einrichten, alles durchplanen, was noch geplant werden musste. Mehr wollte ich zurzeit nicht. Einfach nur Ruhe, Entspannung und meine Familie.


„Hier."
Amy kam aus der Tür raus und hatte dabei den Transporter in der Hand. Diesen drückte sie Kaz in die Hand. Dieser begutachtete das Gerät einmal.
„Sieht normal aus."
„Sollte funktionieren."
Sogleich stand ich auf und machte mich bereit.
„Ach, seid doch so nett und schickt meinen Bruder zurück. Es muss nicht in einem Stück sein, aber..."
Hartley haute ihr sanft gegen die Schulter, was ihr diabolisches Grinsen erlöschen ließ. Sie war mir kein Stück sympathisch. Doch ich schätzte, das lief als Schurke so. Schließlich hatte ich bisher mit keinem etwas zu tun gehabt.
„War nett euch kennenzulernen."
Skylar Stand auf und begab sich zu uns anderen.
Das Wort nett betonte sie extra sarkastisch. Sie hielt wohl genauso viel wie ich von Amy.
„Kommt gut zurück."
Hartleys lächeln strahlte uns an, während sie uns zu winkte.
Wir stellten uns dicht zusammen. Ich schielte zu Kat und beobachtete, wie er die Einstellungen am Transporter betätigte. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wie dieses Gerät funktionierte. Wahrscheinlich mit irgendeiner Superheldenmagie. Oder mit Technik, für die mir die Intelligenz fehlte. Wichtig war auch nur, dass es funktionierte.
Kaz betätigte den Auslöser und sofort begann alles vor mir zu verschwimmen. All die Farben, die ich sah, verblassten, nur um dann von neu hinzugefügten ersetzt zu werden. Diese erstrahlten und ergaben ein neues Bild vor meinen Augen. Die vielen neuen Farben formten sich zu Wänden. Und zu Regalen. Und zu vielen Heften, die auf dem Boden lagen.
Wir waren zurück in Comic laden.
Ich schaute zu Skylar. Ihre Erleichterung, dass es funktioniert hatte, konnte ich ihr direkt ansehen. Dann schaute ich zu Oliver, der ein Stück vor mir stand. Genau an der Stelle, an der Riker stand, bevor wir unsere Reise antraten.
„Ist er wirklich tot?", flüsterte ich vor mich hin.
Ich konnte es noch gar nicht fassen. Es erschien mir so surreal. Riker war weg. Ein großer Teil der Gruppe, die uns seit Jahren bedrohte, war endlich weg. Wir waren unserem Ziel so viel nähergekommen, dass ich Hoffnung schöpfte, dass alles wieder in Ordnung kommen würde.
Kaz legte einen Arm um meine Taille.
„Noch ist es nicht zu Ende", sagte er mit tot ernster Stimme.
Ich schaute zu ihm und nickte. Sein Gesichtsausdruck verriet mir, was er dachte. Wir durften trotz unseres kleinen Sieges nicht leichtsinnig werden. Wie sagten sie in Filmen immer so schön? Die Schlacht war gewonnen, doch nicht der Krieg.
Mein Blick schweifte zu einem nach dem anderen.
„Wir sollten zurück in die Akademie. Ich denke nicht, dass es lange dauert, bis Roman angreift. Wir sollten uns darauf vorbereiten."

Zwischen Bionic und SuperkräftenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt