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Auch wenn es am Tag zuvor schwierig war hatte ich endlich wieder vernünftig geschlafen. War ausgeruht und zufrieden mit mir selbst. Auch wenn ich keinerlei Träume hatte oder zumindest keinen an den ich mich erinnerte. "Nathe! Nathe!" So friedlich wie mein Morgen begann so abrupt wurde er auch schon wieder unterbrochen.
Zum ersten Mal hielt sich mein Onkel nicht an seine Manieren und schlug die Tür kurz nach seinem Brüllen auf. "Oh Gott. Was ist los?"
Wie auf Kommando sprang ich auf und saß kerzengerade im Bett.
"Das ist los" Er hielt mir mein von Blut beschmutzten Hemd entgegen und wartete auf eine Antwort.
"Das ist nichts. Du weißt doch das Blut immer schlimmer aussieht, als es ist. Nur ein kleiner Rückfall. Guck wie lange ich es nicht mehr gemacht hatte."
Ich hätte nie gedacht, dass er Mal so ernst die Stirn in Falten ziehen würde. "Dein Tablet. Wo ist es?"
Ich deutete auf meinen Rucksack und sah zu wie Onkel Sam das alte Hemd im Vorbeigehen auf mein Bett warf und geradewegs auf mein Tablet zu steuerte.
"Du bleibst erst einmal Zuhause und ich schicke dich zu einem Arzt. Einen der sich das da ansieht und einen der Mal in deinen Kopf sieht. Du baust mir eindeutig zu viel Mist. Das kannst weder du dir, noch ich mir leisten."
Er tippte einige Minuten auf meinem Tablet herum um es mir anschließend in die Hand zu drücken.
"Online. Ich hab dich für den Online Unterricht eingetragen. Jetzt zieh dich an und komm Frühstücken."
So wie er herein gestürmt war, so verließ er mein Zimmer auch wieder.

"Du kannst doch nicht rein stürmen wie so ein Panzer, ihn an brüllen und dann erwarten das er dir gleich eine Antwort gibt wieso er wieder damit anfing." Schon im Flur hörte ich André mit meinem Onkel in der Küche sprechen, während das Geschirr klapperte. "Ich habe keine Ahnung was man mit Teenagern macht und schon gar nicht, wenn sie solch einen Mist machen. Soll sich ein Arzt drum kümmern. Ich bin kein Seelenklempner."
André seufzte laut und schien den Herd gerade aus zu machen um kochendes Wasser in die Spüle zu schütten. "Eier sind fertig. Und du musst keine Ahnung haben. Feingefühl sollte reichen. Was hättest du dir von deinen Eltern gewünscht, wenn du in seiner Situation wärst?" Einen Moment lang war es still und er schien nach zu denken. "Was weiß ich denn! Ich war nie so. Und wieso er so ist weiß ich genau so wenig. Er ist intelligent genug um zu wissen wie irrational dämlich sein Verhalten ist."
"Gefühle haben nichts mit Intelligenz zu tun. Die sind nun Mal irrational und Teenager müssen ihre sozial-emotionale Kompetenz erst aufbauen. Das geht nur mit Verständnis. Nicht mit Brüllen." Auf dieses Konter hatte mein Onkel tatsächlich keine Antwort parat und lenkte ab.
"Mach ihm lieber sein Essen fertig. Sonst meint er noch er habe keinen Hunger und nimmt kaum etwas. Das er verhungert kann ich seinen Eltern nicht auch noch erklären." Danach war es still und ich wagte es langsam in die Küche zu kommen.
"Guten Morgen."
Nur in Shirt und Unterhose blieb ich mitten im Raum stehen und wurde von vier Augen gemustert.
"Setz dich und iss. Später bringt dich André zum Arzt, der schaut sich deinen Arm genauer an. Und ich mache dir noch einen weiteren Termin bei .... "
"Einem Psychologen? Ich muss zu keinem gehen. Mama ist doch eine. Ich rufe sie einfach an."
Mein Vorschlag wurde mit einem einfachen Blick, nicht Mal einem Wort, abgelehnt. "Dr. Swanlee ist in direkter Nähe. Ich mache dir einen Termin."
Ohne Widerspruch setzte ich mich und aß das was André mir gemacht hatte.
Ein warmer Bagle mit Butter, daneben lagen Gurkenscheiben, Tomaten geviertelt und kleine Käsewürfel neben einem in Scheiben geschnitten hartgekochtem Ei. "Danke".
Er schob noch schnell einen grünen Tee zu mir herüber und fing an die Küche auf zu räumen.
"Hat es was mit Ace oder John zutun?" Nach einer Weile des Schweigen fragte Onkel Sam, aber nicht ohne mit dem Blick auf dem Teller zu bleiben. "Ich habe Ace alles gebeichtet. Natürlich ist er ... Heftig reagierte wäre wohl untertrieben."
John ließ ich bei meiner Erklärung außen vor. Viel zu sehr schämte ich mich dafür, dass John vielleicht Recht hatte und mein Körper einfach nur krankhaft lüstern war. Anders hätte ich es mir auch nicht erklären können wieso ich steht's auf ihn reagierte.
"Ach der Arme. Und jetzt könnt ihr nicht Mal sprechen um eure Beziehung zu retten." André schien mittlerweile im Bild zu sein und sah so aus als würde er weiter überlegen. "Dürfen sie überhaupt telefonieren? Also kurz zumindest. Ist das erlaubt? So dass ihr wenigstens versuchen könnt die Beziehung zu retten." Unwissend sah ich zu meinem Onkel rüber, doch auch der zuckte lediglich mit den Schultern.
"Keine Ahnung. Ich kann mich aber schlau machen. Aber sicher das ihr noch zusammen seit?"
Jetzt war ich es der nur mit der Schulter zu zucken konnte.
"Ich glaube kaum das er noch eine Beziehung mit mir will. Du hast seinen Blick nicht gesehen kalt und emotionslose."
Mir verging der Appetit nach nur einem halben Bagle, drei Stücke Ei und einer Scheibe Gurke.
"Ich geh online, sagt bescheid, wenn wir los müssen."

Wolke 6 1/² - für mehr hat's nicht gereichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt