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"Guten Morgen." Auf meine Ansprache kam nur ein Raunen und das anschließende gewühlt von Ace, als er sich umdrehte um weiter zu schlafen. "Ich bin wach." Genervt drehte er sein Handy um und stöhnte laut auf. "Es ist halb 12. Geh dich waschen, iss was, aber sei leise." Wie tot fiel er mit dem Kopf zurück ins Kissen. Ihn schlafen lassen schlich ins Bad und staunte nicht schlecht. Neben seiner Zahnbürste stand nun eine zweite Grüne, unbenutzt. Auf seiner stand an A, auf der anderen ein N. "Die ist für mich?" Ich sprach mit mir selbst während ich die zwei gleichen Bürsten ansah.

Gestern war ich nach dem satten Essen eingeschlafen und entdeckte erst jetzt diese kleine Bürste direkt neben seiner. Ich konnte kaum richtig putzen mit dem breiten Grinsen in meinem Gesicht.
Es hörte auch nicht auf, als die Tür auf ging und Ace schlaftrunken herein trampelte, sich von hinten anschmiegte und den Kopf auf meine Schulter abgelegte. "Aufstehen ist echt nicht so dein Ding oder?" Mit nur einem Auge starrte er in den Spiegel direkt in mein Gesicht. "Koch was, ich muss später arb....arbeiten..." Sein langes Gähnen unterbrach ihn selbst.
"Gut mach ich. Ich bleibe heute hier und warte?" Lediglich ein mhm reichte und ich fühlte mich fast wie auf Wolken. Eigentlich hätte ich direkt einziehen können. Ich bin klein und brauche nicht viel Platz und Ace vertraut mir so sehr, dass er mich auch alleine lässt.
Als Ace heraus kam stand ein völlig neuer Mensch vor mir. Schwarz von Kopf bis Fuß mit einer weißen Krawatte und einem weißen Anstecktuch in der Brusttasche. Haare ordentlich gestylte und sogar ein angenehmer Duft strömte aus seiner Richtung. Er hingegen hielt seine Nase in meine Richtung. "In deinem Kühlschrank war nicht besonders viel, aber ich hab die Tiefkühlpizzas mit Thunfisch, Paprika, Zwiebeln und Mozzarella etwas aufgepeppt." Ein dickes Lächeln zog sich über sein Gesicht und kaum standen die Teller auf dem Tisch fing er auch schon an ein Stück nach dem auf seinen eigenen zu Schaufeln. "Bist du bei Wölfen aufgewachsen? Dir klaut keiner was!". Sein furchtbares Tischbenehmen würde meine Mutter in den Wahnsinn treiben. "Vielleicht bin ich das ja." Lachte er, rollte ein Stück zusammen und biss einfach ab. "Ich kann dir auch gleich die ganze Pizza rollen. Aber wo wir schon dabei sind. Wieso wohnst du eigentlich alleine." Ace kaute unendlich lange und schluckte dann ein gewaltiges Stück herunter. "Weil meine Eltern mich raus geworfen haben. Deshalb. Ich kam eines Tages nach Hause und meine Sachen waren gepackt, die Schlösser ausgetauscht." Ich war total schockiert über sie Gleichgültigkeit seiner Eltern und gleichermaßen über die selbige wie er darüber erzählte. "Und dann? Und wieso?"
Nun atmete er tief durch. "Hat man dir etwa noch nicht erzählt was mit meinem Bruder passiert ist oder über mich? Vor zwei Jahren hatten wir, also Alec und ich, zusammen mit Freunden ziemlich dumme Ideen. Und eine davon war halt zu trinken. Zu viel. Wir waren ständig unterwegs und haben dumme Dinge gemeinsam gemacht. Für meine Eltern war mein Bruder aber sowas wie ein Heiliger. Ihr kleiner zarter zerbrechlicher Junge."
Es verwirrte mich etwas. "Nur weil er zarter war als du?" Ace schüttelte nachdenklich denk Kopf.
"Naja und weil ich ihn meistens gedeckt habe, weil...ach keine Ahnung. Er war halt kleiner als ich und so."
Ich kaute mein Stück ordentlich und wollte einfach noch viel mehr wissen. Lisa hatte nämlich vollkommen Recht, wenn sie fragte was ich überhaupt über ihn wüsste.
"Und geben sie dir die Schuld an seinem Tod?"
"Ja tun sie, tat der Richter ja auch und außerdem habe ich dem auch nie widersprochen." Ich dachte mich verhört zu haben und stoppte in jeglicher Bewegung. "Guck nicht so. Okay ich erzähle es dir."
Er trank einen kräftigen Schluck und wedelte mit seiner Wasserflasche vor meiner Nase herum.
"Alec war zwar kleiner als ich, aber eben auch viel risikoreicher. Wenn du gewettet hast er schafft es nicht von Dach zu Dach zu springen meinte er nur 'doch' und tat es einfach. Er brach sich zwar das Bein, aber das war's ihm wert. Er hat sich selbst gefeiert. Naja bis wir wirklich zu weit gingen. Er hat gemeint das er mit dem Auto der Nachbarn ne Tour machen kann ohne erwischt zu werden." In meinem Mund sammelte sich die Spucke und ich schluckte sie kräftig herunter bevor er weiter erzählte. "Wir waren angetrunken. Und ich wollte das er es lässt, stieg mit ein, aber er fuhr los. Es endete vor einem Baum." Ich ließ ihn nicht aus den Augen und vergaß vollständig zu essen. Ace sprach ruhig und gesetzt und ich wusste nicht wie ich das irgendwie ein zu ordnen hatte. "Aber wenn er fuhr, wieso gab man dir die Schuld?"
Einen kurzen Moment sah er weg, bevor er mit einem leichtem Lächeln das nächste Stück Pizza rollte.
"Ich hab ihn immer beschützt und.... Ich kann's dir nicht erklären, aber trotz dem Lärm der Feuerwehr, Polizei und Rettungskräfte konnte ich meine Mutter mehr als deutlich hören. Ich meine wir waren in der Nachbarschaft, sie waren sofort da und sie brüllte: "Was hast du getan!"

Wolke 6 1/² - für mehr hat's nicht gereichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt