"Jetzt tu nicht so, als wärst du hier das Opfer. Läufst spät Abends noch herum und das mit so einem Asozialen." Meine Mutter war in Höchstform und hatte sich auch auf der gesamten Fahrt nach Hause darüber ausgelassen wie ich sie hintergangen hätte und das sicher diese merkwürdige Typ schuld sei. Schließlich habe ich sie noch nie belogen. Mit Sorgfalt stellte sie ihre Schuhe in die Kammer und hing ihren Mantel ebenfalls auf. "Klaus! Klaus hörst du mich!" Übers Geländer gelehnt rief sie nach oben und wartete bis sich die Bürotür meines Vaters öffnete, aber nichts geschah. "Papa arbeitet noch?" Ich fragte zwar, war aber nicht besonders verwundert. Er war immer da oben hinter seiner verschlossen Tür, wenn er nicht ins Büro in der Stadt fuhr. Als Ingenieur konnte er auch oft einfach von daheim arbeiten, ansonsten war er auch mal Tagelang weg. Je nach Projekt. Als er nicht öffnete lief sie zügig hinauf und nur ganz langsam folgte ich ihr. "Klaus! Mensch hörst du mich nicht? Ich hab unseren Sohn gerade in der Stadt eingesammelt. Er war mit so einem komischen Typen unterwegs! Sicher so einer aus dem Block!" Als ich oben angekommen war musterte sie mich. "Nathe. Schuhe aus. Der Teppich!" Seufzend tat ich was sie von mir verlangte und schlüpfte mit den Schuhen in der Hand den Flur zu meinem Zimmer entlang. "Und? Teenager gehen Abends mal aus." Mehr hörte ich nicht von meinem Vater. Ihm war es relativ egal und er schob immer alles auf die 'Teenager sind so' - Karte. Im Film 'Girls Units' gab es auch so einen Vater und das coole beliebte Mädchen nutzte es immer für sich aus. Am Ende lief aber alles schief und sie verlor die Kontrolle über ihre grenzenlose Freiheit. Deshalb ließ ich meinen Vater gerne für alle meine Pläne lieber außen vor. Ich könnte ihn in ferner Zukunft vielleicht benutzen. Wenn ich z.b. eine Houseparty schmeißen würde und er so meiner Mutter kontern könnte. Allerdings ist so eine Party wie man sie aus den typischen American movies kennt für mich eher Utopie.
In meinem Zimmer warf ich meine Schuhe achtlos in die Ecke und war im Begriff mich aufs Bett zu werfen, als ich doch noch einmal zurück ging um sie ordentlich aneinander hin zu stellen. "Toll Nathe... Nicht mal unordentliche Schuhe kannst du ertragen. So uncool." Ich ärgerte mich über mich selbst, während ich vor meinen Schuhen hockte und sie betrachtete. Fest die Knie umschlungen empfand ich mich als pedantisch.
Nach einigen Minuten die ich starrend auf meine Schuhe verbrachte warf ich mich endgültig ins Bett und fuhr lustlos mit dem Finger über den jeweiligen Rücken jeder DVD die sich auf meinem Nachttisch stapelten. Doch große Lust hatte ich keine mehr und versuchte dann doch lieber zu schlafen. Doch auch das stellte sich als komplizierter heraus, als gedacht denn die Szenen des Kinofilms wiederholten sich immer und immer wieder vor meinen geschlossenen Augen. Erneut wurde mir schlecht und ich versuchte mich lieber auf den Typen in schwarz zu konzentrieren. Wenn man Mal davon ab sah das er einen gruseligen Eindruck machte schien er doch Recht ansehnlich gewesen zu sein. Im Gegensatz zu seinem Punk Revolution Kollegen war er gepflegt und hatte ein hübsches Gesicht.
Im Kopf ging ich die Schüler meiner Schule durch, aber weder in meinem Jahrgang noch in den drunter oder drüber konnte ich mich an einen erinnern der so aussah oder zumindest das Gesicht. "Nathe?" Vor meiner Tür rief mich meine Mutter und klopfte zaghaft an bevor sie aber noch im selben Moment rein trampelte. "Die Höflichkeits - Etikette verlangt zu warten bis man hinein gebeten wird."
Sie winkte ab, stellte mir einen Tee neben das Bett und drückte mich ganz fest. "Ah ich wollte dir nur noch fix gute Nacht sagen. Und treib dich nicht mehr mit solchen Typen herum."
Kaum war sie verschwunden blieben meine Gedanken an diesem Typen, googelte das Buch welches er ausgeliehen hatte und laß es als E-Book. Nachdem ich die Grundlagen verinnerlicht hatte und erstaunt war welche harte Kost so jemand verschlang war es auch schon kurz vor zwei morgens und ich konnte endlich schlafen.'Ey lass mal zum Schwimmbad.' Im Klassenchat fand diese Idee schon um halb Acht großen Zuspruch, aber noch größerer Beliebtheit erfreute sich der Vorschlag doch lieber an den Baggersee zu fahren. Meine Mitschüler planten wer wen auf dem Weg treffen würde und wer was mitbringen soll. Snacks, Getränke, Musik alles wurde organisiert bis einem meiner Mitschüler doch noch einfiel welche Aufgabe unser Deutschlehrer uns über die Ferien aufgab. Allgemeines Stöhnen über die Tatsache das viele es vergaßen brach ebenfalls aus. Und nach über vierzig Nachrichten fiel zum ersten Mal mein Name.
'Ey Nathe kommst du auch?'
'Ich? Klar.'
Überrumpelt über diese plötzliche Einladung saß ich augenblicklich aufrecht im Bett und war total glücklich. Doch schon im nächsten Moment, verdrehte ich mir fast den Kopf nach links und starrte in meinen Boden langen Spiegel. Allein daheim war ich total okay damit ohne Shirt zu schlafen oder herum zu laufen. Auch dies lediglich in meinen eng anliegenden Unterhosen zu machen, aber nicht sobald andere dabei waren. An mir war weder Fett noch Muskeln. Nur ein langes gerades Skelett formte meinen Körper und das mochte ich nicht herzeigen.
Ein Notfallplan musste her, denn zugesagt hatte ich bereits und so entschloss ich mich für einen dünnen lockeren Pullover und Jeans. Ich müsste ja nicht ins Wasser und wenn es am Nachmittag wärmer wird würde ich einfach verschwinden. Ich könnte meine strenge Mutter als Ausrede nehmen und behaupten ich müsse früh zurück, weil ich am Tag zuvor so lange unerlaubt weg war. Der Plan schien perfekt und ich war zuversichtlich das ich es genauso auch schaffen könnte.
Kurz nach Acht war ich bereit aufzubrechen, als ich doch noch eine Nachricht erhielt. Auf meinem Display erschien Lauras Name zum ersten Mal und noch ohne zu lesen was sie schrieb sorgte allein der Name neben ihrem Profilbild für Herzrasen.
'Hey Nathe! Sry bist du noch daheim?'
'Ja ist denn etwas passiert?'
Ich wartete gespannt bis sie antwortete und blockierte den ganzen Flur, sodass mein Vater auf dem Weg nach oben automatisch einen Blick auf mein Hand werfen konnte. "Uh hast du endlich eine Freundin?" Mit dem peinlichsten Papa-uhiiii- Ton und Grinsen lief er langsam nach oben ins Büro. "Boah Papa quatsch! Hab ich nicht!"
Er konnte richtig peinlich sein, wenn es um Mädchen ging. Noch genervt kam die Antwort endlich an und ich war wieder im Herzrasen-Modus.
'Ich hab Deutsch vergessen. Könnte ich deine nicht vielleicht abschreiben? Bitte Nathe.' Hinter der Frage ploppte plötzlich eine neue auf mit einem Kuss Smilie und sorgte für ein Grinsen in meinem Gesicht. 'Klar! Bring was zum Schreiben mit.'
Beschwingt zum ersten Mal mit meinem Schwarm persönlich geschrieben zu haben lief ich kurz zurück in mein Zimmer und packte meine ausgearbeitete Mappe ein.
DU LIEST GERADE
Wolke 6 1/² - für mehr hat's nicht gereicht
Novela JuvenilNathe ist der Inbegriff eines 18 jährigen Nerds. Schlank und mit 1,70m machte er eine ziemlich drahtige Figur, mittellanges braunes Haar und von der Sonne gemiedene Haut taten ihren übrigen Dienst. Zu seinem Leid sticht er ebenfalls mit seiner überr...