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"Aber wieso hat er das gemacht?" Linda war komplett aufgelöst, weil sie Yuta am Morgen schon nicht erreichen konnte und mit Sorge zur Schule kam.
Sie war so besorgt das sie sogar ihre Uniform falsch geknöpft hatte.

Trotz der Einwände meines Onkels ging ich am nächsten Morgen dennoch zur Schule.
Ich wollte weder Linda noch Kai oder Alen von den Ereignissen am Telefon erzählen.
Deshalb ging ich früher hin und verabredete mich schon früh am Morgen mit ihnen direkt am Aufenthaltszentrum.
"Ich dachte ehrlich gesagt das er es nur so daher gesagt hätte er würde schon aufpassen, aber nicht das er mich tatsächlich einsperrt und sich mit John anlegt. Ich konnte absolut nichts machen." Vollkommen geknickt berichtete ich ihnen alles und versuchte nicht zu weinen.
Linda weinte dafür schon fast los, als ich vom ebenfalls vom Treppensturz erzählte und auch Alen war den Tränen nahe.
"Ich bin mir sicher Yuta steht bald schon wieder am Beckenrand. Macht euch keine Sorgen." Kai war der Einzige der versuchte die düstere Atmosphäre mit etwas positiven Sinn zu füllen.
"Wir kennen ihn doch. Yuta ist zäh und Willensstark. Nächste Woche steht der schon wieder hier. Ich bin mir ganz sicher."

Den ganzen Tag hoffte ich das Kai Recht behalten würde und saß wie auf heißen Kohlen, während ich permanent auf mein Handy schaute. Doch jedes Mal war nichts zu sehen. Kein Anruf von meinem Onkel über irgendwelche Neuigkeiten.
'hey Nathe. Hast du schon die Nachrichten gesehen?'
Linda schrieb mir mitten im Unterricht und hing einen Link zu einem online Artikel dran.
'Holay Nachfolger von Stalker bedroht.'
Die Headline sprang mir, so dick gedruckt wie sie war, direkt ins Auge.
Die Reporter waren schneller, als ich es mir vorstellen konnte und schon begannen sie ihren Artikel mit '...am gestrigen Abend...'. Es waren keine 24 Stunden vergangen schon prangerte ein Foto zum Artikel in diesem Online Klatschblatt. Glücklicherweise waren lediglich Polizei- und Krankenwagen vor der Hauseingfahrt zu sehen und weder John noch Yuta abgelichtet.

Während ich ab und zu hoch zu unserem Lehrer blickte senkte ich auch zügig wieder den Kopf um den Artikel zu lesen.
Ich war zunächst etwas überrascht, dass sie Dinge schrieben wie zum Beispiel: "laut Aussagen des Firmenchefs Holay und Onkels des Nachfolger handelte es sich um einen obsessiven Stalker.", aber auf die ersten überraschten Sekunden kam mir der Gedanke das er lieber vorher eine Aussage trifft bevor Spekulationen über den Täter getroffen werden.
Alles konnte mein Onkel nicht kontrollieren, aber er schien sein Möglichstes zu tun um Johns Namen und Gesicht, so wie die vorherige Entführung und meine Verletzung geheim zu halten.

Auf die Frage wieso man mich überhaupt auf Krücken sah äußerte er sich das es ein selbstverschuldeter Unfall gewesen sei. Nicht gelogen, aber auch nicht die hundertprozentige Wahrheit. Schlussendlich war die Aussage ja aber dennoch korrekt.
Wenn es darum ging sich geschickt aus zu drücken müsste ich noch viel von meinem Onkel lernen. Beeindruckend war es aber alle Mal.

'Denkst du die Pressetypen finden raus das es John war?'
Linda schrieb mir und sah mich von der Seite traurig an.
'Ich hoffe nicht. Aber weißt du was? Ich frag mich wieso er das Video nicht veröffentlicht hat.'
Bei all dem Trubel und bei der Tatsache das John es bislang nicht veröffentlicht hat hatte ich es fast schon komplett vergessen.
Er müsste es ja noch irgendwo haben und bislang wusste niemand wo.
'Ich hoffe er geht nicht drauf und kann's dir wenigstens doch noch einmal verraten.'
'Du meinst er habe noch ein letztes bisschen Anstand im Leib?'
Ich selbst hätte meine Frage verneint und als ich zu Linda rüber sah verzog sie ebenfalls verneinend nur den Mund und zuckte mit den Schultern. Ihre ablehnenden Augen sprachen Bände.
'irgendwo muss das Video sein. Bei ihm fand die Polizei scheinbar nichts. Vielleicht in seinem Versteck.' mit einem schräg lächelnden Smile wollte ich mein Gemüt ausdrücken und der passte am besten.
'nicht zu wissen wo es ist muss eine Qual sein.'
'ich bin's ja schon fast gewöhnt.'

Mit meinem letzten Satz brachte ich sie etwas zum Schmunzeln und auch ich dachte darüber nach. Es quälte mich, gleichzeitig konnte ich nie sicher sein das es nicht wieder auftauchen würde.
Was einmal im Umlauf war verschwand heut zu Tage nicht mehr.
So war das Internet nunmal. Erst hatte es Alex überhaupt gemacht, dann ging es an jeden an meiner Schule und darüber hinaus, dann an Marek, dann an John...
Ich fürchtete das es niemals aufhören würde und ich mit dem Video einfach leben müsste. Mit Sicherheit war es sowieso schon bei irgendwelchen perversen Typen die es geil finden zu wissen das ich minderjährig bin.
Der Gedanke allein ekelte mich an weshalb ich mich wieder auf den Unterricht konzentrierte. Doch konzentrieren war schwieriger, als gedacht. Immer wieder starrte ich auf mein Handy nur im keinerlei Neuigkeiten über Yuta zu sehen.

Wolke 6 1/² - für mehr hat's nicht gereichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt