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Für die Rückfahrt setzte ich mich dieses Mal nach hinten. Dort konnte ich ganz unbeobachtet immer wieder am Hoodie riechen. Doch je mehr ich roch, desto mehr stellte ich fest das Ace Geruch immer weniger wurde. Ich konnte mich noch daran erfreuen, doch ich fürchtete je länger ich in Australien lebte desto mehr verloren seine Klamotten seinen Geruch und ich würde ihn bald schon vergessen.
"Alles klar Nathe? Du bist so still." Nach mehr als dreiviertel der Fahrt wandte sich mein Onkel erstmals an mich. Bis dahin hatten er und John es fast schon völlig fix gemacht was Johns zukünftige Aufgaben sein. Fehlte nur noch ein Vertrag und ihre Unterschriften.
"Ja klar. Alles super. Ich hab mich übrigens entschieden was ich mit dem Geld von Ace machen will." Jetzt wurde mein Onkel hellhörig und auch John drehte seinen Kopf leicht zur Seite um mich mit einem Seitenblick zu beobachten.
"Und was?"
Ich beobachtete die vorbei fahren Autos und Gebäude, legte den Kopf an die Scheibe und atmete tief aus.
"Ich will mit seinem Geld in eine neue Design-collection von dir investieren. Ich hab gestern gehört das für die aktuelle auch jemand privat investierte." Im Rückspiegel sah ich meinen Onkel Sam zufrieden lächeln. "Gut gut. Lass uns das später festhalten."
Ich habe Ace etwas furchtbares angetan und er wusste es noch nicht Mal. In meinen Gedanken ging ich alles mögliche durch und war fest entschlossen ihm wenigstens eine finanziell sichere Basis zu schaffen, sobald er wieder in Freiheit wäre. Ich befürchte schon das Schlimmste sobald ich ihm die Wahrheit sagen würde. Mehr konnte ich aber nicht für ihn tun.
"Wieso willst du all die Arbeit überhaupt auf dich nehmen? Kann er das nicht auch selbst? Sollte doch nicht dein Problem sein. Was treibt er eigentlich die ganze Zeit, während du hier bist?"
Fast schon ungehalten stellte John eine Frage nach der anderen. "Ich habe es ihm versprochen. Er hat viel für mich gemacht. Ganz einfach. Und du hast doch vorhin mitbekommen was übermorgen passiert. Wieso fragst du dann?"
Nun bemerkte auch mein Onkel Johns merkwürdige Ausdrucksweise. "Was hat er angestellt? Zwei Jahre für was?"
"Gut jetzt. Steck deine Nase nicht in Dinge von Menschen die du nicht kennst. Das kann ungesund enden." Mit nur einer kurzen Ansage setzte Onkel Sam seiner Neugier ein Ende und ich war unendlich dankbar dafür. Der Gedanke daß alles von damals wieder über mich herein brach war beängstigend. Es machte mir Angst daran zu denken, das Adam und Linda und mein Schwimmteam das Video zusehen bekamen.
"Gut John da wären wir. Ich melde mich demnächst bei dir."
Wir hielten vor einem schönen Haus mit grüner Fassade, weißen Fensterrahmen, einem schönen saftig grünen Vorgarten und einer großen Dachterrasse auf dem eine große Vogelvoliere mit bunten Vögeln war. Alles in allem sah sein Haus gemütlich aus und definitiv gehobene Klasse. Kaum auf den Weg zur Tür öffnete sie sich schon und eine schöne junge Frau nahm John in Empfang. Sie sah jung aus, nicht wie eine Mutter.
"Wer ist das?" Ich deutete unauffällig ihn die Richtung und sah zu wie John sie mit einem Kuss auf die Wange begrüßte.
"Seine ältere Schwester. Er wohnt bei ihr seit er klein ist. Deren Eltern sind früh verstorbenen. Danach lebten sie in einen Heim bis sie alt genug wurde und das Sorgerecht für ihren Bruder bekam."
Es war etwas erschreckend wie viel mein Onkel wusste. "Du weißt wirklich alles über die Leute um dich herum oder?" Er brach in großes Gelächter auch, während wir zurück nach Hause fuhren. "Natürlich! Es ist besser zu wissen wer um einen herum ist, als später das nachsehen zu haben. In dem Fall hat er's aber bereits bei seiner Bewerbung erzählt. Er ist sehr gesprächig. Nicht wahr?"
"Mhm" mehr als nur bestätigen konnte ich nicht, aber das rief seine Skepsis auf den Plan. "Er ist sehr gesprächig, anders als andere Personen."
Wieder trafen mich seine Blicke im Rückspiegel. "Ich hab nichts. Wirklich. Aber findest du es nicht unfair auf mich zu gucken? Was ist mit dir?"
Bis wir wieder daheim waren bekam ich keine Antwort, aber beim einbiegen zum Haus konnte mein Onkel sich auch mit seinem Schweigen nicht mehr retten. Vor uns stand bereits André angelehnt an einer alten Rostlaube, die das Grundstück verschandelte, und wartete ungeduldig darauf das wir ausstiegen.
"Fein okay. Eine Frage. Ich beantworte dir genau eine Frage."
Ich dachte scharf nach was ich fragen sollte, wobei ich doch mindestens fünf hatte. "Wieso ist er bei... Nein warte... Was läuft... Ne .. ah Mist eine Frage ist verdammt schwer. Okay. Ich Fall einfach mit der Tür ins Haus. Ich hab ja schon mitbekommen, dass deine Ex Frau zum eigentlichen Holay Sohn ging, weil sie dachte er bekäme die Firma. Sie dachte anscheinend nur ans Geld, wenn er die Firma groß macht. Scheint sich aber ins eigene Fleisch geschnitten zu haben, an zu nehmen das nicht du die Firma bekommen würdest. Das hab ich mir zusammen gereimt. Korrigiere mich, wenn ich falsch liege, aber André hat keinen guten Grund nun für dich zu arbeiten. Immerhin hat sein Vater eine neue Firma gegründet, die aber scheinbar nur so durchschnittlich läuft wenn deine Ex erneut mit dir liebäugelt, und André hatte dort Arbeit. Außer es ist etwas persönliches. Also... Wie persönlich ist deine Beziehung zu André?"
Ich sah wie mein Onkel damit ringte wie gerissen ich meine Frage formulierte.
"Ohi du hast mich echt kalt erwischt. Zunächst... Nein nichts großartig zu verbessern. Und zu deiner Frage: ich kann absolut nichts dafür, wenn ein junger Mann sich für einen älteren interessiert. Ich meine mittlerweile ist er erwachsen und kann seine eigenen Entscheidungen treffen."
Er schnalle sich ab und war im Begriff aus zu steigen. "Ja aber ist er..." Ein Finger unterbrach mich. "Nathe ich finde es gut, dass du alles um dich herum hinterfragst, aber denk kurz nach. Denkst du es ist gut wirklich alles über mein Privatleben zu wissen? Ich dein Onkel."
Als ich genauer drüber nachdachte hatte er Recht. Er war mein Onkel, beide Erwachsen und es war eigentlich auch nicht meine Angelegenheit. Selbst wenn ich die einstige Situation als aufregend seltsam empfunden hatte. Es war sein Privatleben, nicht meins. Meins war schon anstrengend genug.
"Du hast Recht. Mach was du willst. Ich bin der Letzte der urteilen sollte. Ich komme mit allem zurecht. Du musst also nicht denken du müsstest mir was verheimlichen."
Er betrachtete mich eine Weile und lächelte anschließend sanft. "Du bist deiner Mutter ähnlicher, als du denkst. Naja also komm es wird langsam spät."
Es wurde langsam spät, aber das interessierte mich weniger. Viel mehr machte mir mein Gespräch mit Ace zunehmend Sorgen.

Wolke 6 1/² - für mehr hat's nicht gereichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt