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"Marek, wusstest du das Nathe heute Geburtstag hat?"
Wie aus dem Nichts riss er meinen Blick fort von seinem Fuß, so dass ich ihn ungewollt die volle Aufmerksamkeit schenkte.
"Woher weißt du das?"
"Stand in dem Anmeldeschreiben. Ich bin dein Guide. Ich weiß sowas." Er lächelte und deutete auf Marek. "Er hat am sechsten November. Also ich lade dich gerne ein. Wir können zusammen in dieses eine Restaurant am Strand."
Ich hatte meinen eigenen Geburtstag komplett vergessen und war durch das Gespräch mit Ace so abgelenkt, dass ich wahrscheinlich auch gar nicht mehr dran gedacht hätte.
"Glückwunsch." Marek stotterte es heraus, während John seinen Fuß schlussendlich doch weg nahm.
"Ich hatte es glatt vergessen, aber wenn dann würde ich mit Linda und Adam und dem Schwimmteam wohin gehen. Ich glaube nicht das du alle einladen willst. Sorry."
Endlich stand ich auf und hörte John sehr tief Ausatmen. Als wäre er frustriert und ganz und gar nicht glücklich über meine Absage.
"Dann müssen wir uns wohl zu zweit begnügen Marek."
Ich hatte das Gefühl er sprach extra laut, damit ich mich umdrehte und dies tat ich leider Gottes auch. Wenn auch nur mit einem Schulterblick, aber ich sah wie sich Marek freute und mit roten Wangen lächelte.
Es war eindeutig das er Marek benutzte, hoffte ich würde eifersüchtig werden und mich störte sein Verhalten tatsächlich. Er lächelte immer so, als wäre nichts dabei. Als wäre es ganz normal sich so zu verhalten und mit anderen zu spielen.
Denn mehr wollte er nicht. Ihm ging es um Sex, nicht um Liebe.

Ich hatte es nicht eilig zum nächsten Kurs zu kommen bereute es aber nicht schnell genug gelaufen zu sein.
John hatte mich doch noch einmal eingeholt und war nun mit einem kleinen Sprint wieder genau vor meiner Nase.
"Warte mal kurz. Ich habe noch was."
Er wühlte in seinem Rucksack, während ich einige Schüler dabei beobachtete genauso wie ich die Mensa gerade zu verlassen.
"Was denn? Ich muss los und du sicher auch."
Er holte ein kleines rotes Päckchen heraus,  das mit einer weißen Schleife verziert war.
"Hast du noch nie Geburtstag gefeiert? Normalerweise bekommt man von seinen Freunden Geschenke."
Skeptisch sah ich es mir an, dann zu ihm und öffnete es doch noch.
Es nicht zu tun wäre unhöflich und um genau zu sein war das auch mein aller erstes Geschenk das nicht von der Familie stammte.
"Normalerweise feier ich nicht. Aber danke."
Im Päckchen war ein aus Leder geflochtenes Armband mit kleinem Muscheln außen befässtigt. Es sah schon echt gut aus, das musste ich zugeben.
"Danke schön. Es gefällt mir." Ohne zu zögern fummelte John es schon aus dem Schlitz im Polster heraus und öffnete den Verschluss.
"Ich mach's dir gleich dran." Völlig überrumpelt machte er es an mein rechtes Handgelenk fest und drehte es noch einmal ordentlich.
"An deinem zarten Arm sieht es etwas kräftiger aus, aber ich finde es steht dir gut. Mit den Muscheln hast du immer etwas Strand und Erinnerung bei dir."
Ich sah es mir noch eine Weile an, als ein beleidigtes Schnauben zu hören war.
Mittlerweile war auch Marek im Flur angekommen und schien offensichtlich zu schmollen. Sagte aber kein Ton bis John sich umdrehte und dessen Haar wild durchwühlte. "Guck nicht so. Es ist sein Geburtstag und da muss es was besonderes sein."
Immer noch sagte Marek nichts, sondern schmollte einfach weiter und blieb stumm hinter John stehen bis ein Klingeln ertönte und wir alle unsere eigene Wege gingen.


In all meinem Chaos hatte ich zwar stets gelernt und auch alles erledigt, doch der Mitteilungsordner ging mir doch irgendwie unter oder zumindest die Nachricht meiner Lehrerin unter all denen von Linda oder Adam.
Denn wenn ich es gelesen hätte würde ich mich jetzt nicht in einer der seltsamsten Situationen wiederfinden die ich je in der Schule erlebte.
In der Mitteilung wollte unsere Lehrerin das sich ein Mädchen sich meldete die für ein Projekt model stehen wollte. Nur wollte keine Einzige und der Kelch blieb an mir hängen. Mit der Begründung das mein Körperbau eh feminin sei.
Ein Diskriminierungs - Einwand wurde mit einer großen Portion Welpenaugen aus der ganzen Klasse irgendwie abgeschmettert, sodass ich mich doch in einem rosa Outfit aus lockerer Hose und Crop-Top Hoodie wieder fand.
"Muss es so ein Outfit sein?" Mir hatte sich noch nicht der Sinn ihrer Auswahl erschlossen, aber zumindest wusste ich nun wieso kein Mädchen wollte.

"Die Aufgabe ist simple. Du stehst einfach nur Modell oder viel eher liegst du hier auf dem Polster und deine Klasse muss es irgendwie möglich machen dich so lebendig wie möglich ein zu fangen und als Skulptur dar zu stellen.
Die Materialien sind Ton, Stroh, Draht als Basis alles weitere könnt ihr frei wählen.
Dir geb ich schon mal Punkte fürs Model stehen und weil du's leider wohl Zuhause vor einem Spiegel wiederholen musst."
Ich war zufrieden und eigentlich auch einverstanden es Zuhause zu machen. Hier in der Schule hatte ich auch weniger Hemmungen mit meinem Körper, weil ich einfach nicht gemobbt wurde. Nicht eine einzige Person hatte je etwas gesagt oder mir das Gefühl gegeben schlechter als sie zu sein. Viel eher genoss ich sie dabei zu hören meine  Körperlinie zu bewundern und wie einige fast schon neidisch waren.

Wolke 6 1/² - für mehr hat's nicht gereichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt