5. Kapitel: German

555 49 14
                                    

4 Monate später


Als ich am Morgen aufwachte, blickte ich in das lächelnde Gesicht meiner Verlobten Esmeralda. "Guten Morgen mein Schatz. Und bereit für den großen Tag?", fragte sie mich glücklich. Richtig, beinahe hätte ich es vergessen, heute fand unsere Hochzeit statt. Die letzten 4 Wochen hatten wir damit verbracht, alles bis ins kleinste Detail zu planen. Die Hochzeit sollte schließlich perfekt werden. Ich nickte Esmeralda lächelnd zu. Auch am Frühstückstisch war zu spüren, dass es ein besonderer Tag werden sollte. Nur Violetta's Laune hatte einen kleinen Dämpfer, sie wollte unbedingt, dass Angie bei der Hochzeit dabei war, doch sie hatte sich noch nicht gemeldet. Vor zwei Wochen war sie plötzlich Hals über Kopf ausgezogen und hatte ihre kleine Wohnung im Zentrum wieder bezogen. Dass sie sich nicht meldete war tatsächlich merkwürdig und da der Tag auch für Violetta besonders werden sollte, beschloss ich, mit ihr zu Angie's Wohnung zu fahren.

Bereits kurze Zeit später saßen wir beide im Auto. Den Weg zu Angie's Wohnung kannte ich schon lange auswendig, es war eine schöne lange vorallem aber gerade Straße, auf der man gerne mal seinen Fuß auf dem Gaspedal benutzt. Wenige Minuten später kamen wir an Angie's Wohnung an. Das ganze Haus wirkte irgendwie verlassen, nicht einmal Pflanzen standen auf einem der zahlreichen Fensterbretten. "Die Tür ist verschlossen!", rief ich, nachdem ich an ihr gerüttelt hatte. "Wie wäre es mit Klingeln?", fragte Violetta mich genervt. Sie drückte immer wieder auf die Klingel, doch Angie öffnete nicht. "So wie ich Angie kenne, hat sie hier bestimmt irgendwo einen Schlüssel liegen lassen", murmelte Violetta vor sich hin. Ich half ihr beim Suchen und wir entdeckten den Schlüssel schließlich unter einem Stein neben der Haustür. Ich schloss die Haustür auf und rief "Hallo Angie, wir sind's bloß, keine Sorge!"Doch es kam keine Reaktion. Komisch. Was ist, wenn Angie etwas passiert ist und sie bewusstlos auf dem Boden lag? Ich machte einen weiteren Schritt in die Wohnung hinein. Das Einzige was mir einfiel, war einsam. Keine Farbe, keine Pflanzen kein garnichts war hier zu finden. Es sah aus, als wäre Angie schon lange nicht mehr hier gewesen. "Papa? Hast du Angie gefunden?", fragte mich meine Tochter hinter mir ."Nein Vilu, hier ist alles so leer", antwortete ich ihr ohne den Kopf zu wenden. Irgendetwas stimmte hier nicht. Ich lief in der Wohnung umher, überall dasselbe: Alles grau, weiß oder schwarz, alles leer. Wo ist Angie nur hingegangen? Hier stimmte irgendetwas ganz und gar nicht. Da betrat ich wahrscheinlich das Schlafzimmer. Neben einem gemachten Bett stand hier noch ein Tisch und ein Stuhl. Beim näheren Hinsehen erkannte ich ein Bild auf dem Tisch. Ich ging darauf zu und drehte das Bild um. Es war das Bild, dass einmal in dem Bilderrahmen auf meinem Schreibtisch stand. Das Bild, weshalb sie so sauer wurde. Das Bild, mit dem sie sich verbunden gefühlt hatten. Ich nahm das Bild in die Hand und betrachtete es eingehend, doch dort war kein Hinweis darauf zuerkennen, wo Angie sein könnte. Als ich das Bild zurück legen wollte, entdeckte ich den Briefumschlag auf dem Tisch. Das Bild muss wohl darauf gelegen haben, ich hatte ihn vorher einfach übersehen. German Castillo stand in ihrer wunderschönen Handschrift darauf geschrieben. Ich ahnte Böses und öffnete mit zitternden Fingern den Umschlag. Eine Seite Papier war darin, gefüllt mit Angie's schwungvoller Schrift. Ich begann zu lesen:

Lieber German,

wenn du das hier liest, bin ich nicht mehr in Buenos Aires. Ja, du hast richtig gelesen, zu diesem Zeitpunkt werde ich schon längst in Frankreich wohnen. Vor einiger Zeit hat man mir hier einen Job angeboten und ich bin ihm gefolgt. Es tut mir Leid, dass ich Violetta nichts erzählt habe, sie hat vermutlich in der Zwischenzeit versucht  mich zu erreichen. Doch, der Job ist nicht der einzige Grund, weshalb ich es hier nicht mehr aushalte. Richtig, der andere Grund bist du. Verdammt, German, ich weiß gar nicht wie mir geschieht, du bist der Man meiner verstorbenen Schwester und bist verlobt, trotz allem jedoch, kann ich es nicht anders sagen, ich liebe dich. ich liebe dich von ganzem herzen und zu wissen, dass du meine Gefühle nie erwidern wirst, splittert mein Herz. Wenn du den Brief liest, bist du vermutlich längst verheiratet, hast bestimmt schon Kinder mit Esmeralda, was weiß denn ich. ich möchte es gar nicht wissen, genau das ist der Grund, weshalb ich vermutlich nicht reagiere. German, auch wenn ich es nicht wahrhaben will, du bist die Liebe meines Lebens, obwohl wir uns immer weiter voneinander entfernt hatten und ich mich fühle, als möchtest du mich nicht mehr in deiner Familie haben. German, das Einzige was ich möchte, vergiss mich nicht. Wenn du einmal alleine im Park bist, dann warte auf den Sonnenuntergang, kauf dir einen Karamellapfel und denk an mich. Das ist alles, was ich mir wünsche. Auch wenn und jetzt auch noch Flugstunden voneinander trennen, ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt. Angeles


Langsam ließ ich den Brief sinken. Ich konnte es nicht verhindern, Tränen flossen mir über die Wangen, fanden ihren Weg auf das Bild. Warum hatte ich nicht gemerkt, wie schlecht es Angie ging? Sie liebte mich so sehr, obwohl ich mit Esmeralda zusammen war. Wie viele Schmerzen meinetwegen hatte sie nur erleiden müssen? Und was war mit mir? Ich starrte wie ein Verrückzter auf das Bild und getsand mir ein, was ich erfolgreich verdrängt hatte. Meine Gefühle für meine Schwägerin waren nicht erloschen. Sie ist mein Engel. "Papa, kann ich etwas für dich tun?", fragte mich meine Tochter. Ich zuckte zusammen, ich hatte sie nicht kommen gehört. Ich gab mir einen Ruck, dass hätte ich einfach schon früher machen müssen. "Ja, ruf Esmeralda an, die Hochzeit wird gestrichen. ich löse die Verlobung auf. Und gib mir mein Handy, ich muss mit Angie sprechen", sagte ich entschlossen. Violetta schaute mich verwundert an und gab mir schließlich mein Handy.

Nachdem dritten Klingeln hob Angie endlich ab. Nervös wartete ich auf ein Zeichen von ihr. Es war ein lautes Schluchzen. "German, lass mich alleine, ich weiß nicht mal, wieso ich überhaupt an das Hand gegangen bin. Ich möchte alleine sein, meine Ruhe habe", sagte sie gequält. Ein weiteres Schluchzen entfuhr ihr und ich sah sie vor mir, wie sie weinend auf ihrem Bett saß, ihr schönes Gesicht blass und mit geröteten Augen und Wangen. "Angie, warte, ich glaube, ich muss dir da etwas sagen", fing ich an, doch Angie's müde Stimme unterbrach mich. "Nein, lass es German. Nicht, dass Esmeralda wieder auftaucht und du dich noch vor deiner Ehefrau rechtfertigen musst. Mach dir keine Sorgen, mir geht es gut", wisperte sie kaum hörbar. "Warte doch Angie, es ist anders als du denkst!", fing ich an, doch sie hatte schon aufgelegt. Ich wählte wieder ihre Nummer, doch die Mailbox sprang sofort an. Mit Tränen in den Augen blickte ich auf mein Handy. Hatte ich nun an einem tag meine Verlobte und meine Schwägerin verloren? Es ging Angie schlecht und das war mehr als ich ertragen konnte. Wie konnte es nur soweit kommen?

Germangie-DownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt