84. Kapitel: Angie

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Es ist ein tolles Gefühl, wenn man mit einem Lächeln auf den Lippen schlafen geht, man sich in die Arme eines tollen Mannes schmiegen kann, der das Lächeln erwidert und wenn bei Sonnenaufgang das Lächeln nicht verschwunden ist. Wie habe ich darauf nur verzichten können? Es ist doch einfach das schönste Gefühl der Welt, wenn man weiß, dass man immer Menschen an seiner Seite hat, die einen unterstützen und auf einen Acht geben. 

Ich bin vor German wach und nutze die wenigen Augenblicke, bis auch ihn die Sonnenstrahlen wecken, um sein schlafendes Profil zu betrachten. Sein dunkles Haar, das sich von den weißen Kissenbezügen abhebt. Sein sanftes Lächeln, das sein Gesicht weich zeichnet. Und dann ist der Moment schon vorbei, blinzelnd richtet German sich auf und kaum fängt er meinen Blick auf, beginnen seine dunkelbraunen Augen zu strahlen. Er gibt mir einen sanften Kuss und lächelt mich einfach an. Ich löse mich von seinem Blick und laufe an das Fenster, um mehr Sonne in den Raum hinein zu lassen. German folgt mir und legt seinen Arm um meine Seite. "Du bist das Beste, was mir passieren konnte", flüstert er an mein Ohr. Ich zwicke ihn als Antwort in die Seite, was ihn dazu verleitet, mich zu kitzeln. Das ist eindeutig meine Schwachstelle, lachend lasse ich mich auf das ungemachte Bett fallen und versuche mich unter seinen starken Händen weg zu winden. Vergebens. Als ich japsend auf dem Bett liege und um Gnade winsele, geht plötzlich die Türe auf und Violetta stürzt sich auf ihren Vater. "Frauenpower!", verkündet sie und zwinkert mir zu. Endlich gelingt es mir, aus Germans kitzliger Umarmung zu gelangen und ich rette mich an das andere Ende des Zimmers. Auch German lässt bald von Violetta ab. "Ich denke, nach diesem Kampf haben wir uns alle ein Frühstück verdient", murmelt er außer Atem und grinst seine Tochter verschwörerisch an. "Aber denk ja nicht, dass mit einem Frühstück der Kampf vorbei ist, ich will gewinnen", lacht meine Nichte und läuft grinsend neben mir aus der Tür hinaus. German schaut ihr kopfschüttelnd hinterher. "Wo kommt nur diese Energie so früh morgens her?", fragt er zwinkernd und zieht sich um. 

Am Tisch betrachte ich die Menge an Essen, die sich vor mir auftürmt zweifelnd, aber die gute Laune am Tisch vertreibt mir meine Sorgen und ich greife zu einem Brötchen. "Ich würde gerne die Tickets heute buchen", verkünde ich wenig später. "Hier ist es zwar schön, aber ich vermisse Argentinien, es ist solange her, dass ich fortgegangen bin. Und euch geht es sicherlich nicht anders. Wir müssen alle wieder zurück an unsere Arbeit, in unser normales Leben und das so schnell wie möglich." Violetta stimmt mir begeistert zu. "Wir könnten uns mit Lucia nachher im Park treffen und dann buchen wir unsere Heimreise, was meint ihr dazu?", schlägt Olga vor. Wir beschließen einstimmig, dass das die optimale Lösung ist und ich biete an, mich bei Lucia zu melden und ihr Bescheid zu geben. 

Mit meinem Handy bewaffnet stelle ich mich in die noch angenehm kühle Frühlingsluft und wähle ihre Nummer. "Bist du das, Angie?", meldet sie sich. "Ja, ich bin's. Hör zu, wir wollten die Ticktes für Buenos Aires buchen und haben uns überlegt, dass du dabei sein solltest. Können wir uns gemeinsam im Park treffen?", erläutere ich ihr den Grund für meinen Anruf. "Natürlich, aber ich habe da eine Frage. Antworte bitte ehrlich, Angie, versprich mir das", meint sie. "Okay", antworte ich verwirrt. "Bist du dir sicher, dass du schon zurück willst? Bist du dir sicher, dass du bereit für eine Konfrontation mit deinem alten Leben bist?", stellt sie mir ihre Frage direkt hinaus. Ich schlucke. "Ist das nicht ein unpassendes Thema für das Handy?", frage ich, doch erhalte keine Antwort. "Lucia, es ist nicht so, dass ich mich ganz wohl bei der Sache fühle, aber ist der nächste Schritt, er ist notwendig. Ich kann mich nicht ewig in Paris vor meiner wahren Identität verstecken, ich muss nach Argentinien und mich dem stellen, was ich bin. Es geht hier um mehr als um meine eigenen Ängste, die ich mir in den vergangenen Jahren selbst aufgebaut habe. Ich bin verantwortlich für mein Leben, für das, was ich daraus mache und im Moment trage ich auch die Verantwortung für meine Familie, die mit mir hier ist. Sie sind wegen mir hier, weil ich ihnen etwas bedeute und sie mit mir gemeinsam kämpfen wollen. Es wird uns alles gut tun, wenn wir wieder Zuhause sind. Und glaube mir, dir wird es in Buenos Aires gefallen, es ist eine so tolle Stadt und die Menschen sind alle extrem freundlich. Ich habe Angst, das ist wahr, aber ich habe einzigartige Menschen an meiner Seite. Wenn ich falle, stützen sie mich und helfen mir wieder auf. Ich kann mich nicht beschweren, ich bin glücklich und bereit mich allem zu stellen. Es wird nicht mehr lange dauern. Was dann auf mich zukommt, habe ich nicht in meiner Hand. Vielleicht werde ich wieder kämpfen müssen. Vielleicht verliere ich wieder etwas. Vielleicht wird die Zukunft super, aber ich weiß es nicht. Wieso sollte ich voller Panik auf die Zukunft warten, wenn ich die Chance habe, in der Gegenwart alles richtig zu mache und mir somit solide Bausteine für eine ausgezeichnete Zukunft legen kann? Ich bin bereit, Lucia. Und ich freue mich darauf", antworte ich lange. Einen Moment herrscht Schweigen am anderen Ende der Leitung. "Ich bin so stolz auf dich", murmelt sie leise, kaum hörbar. "Wir sehen uns gleich im Park?", hake ich nach. "Bis gleich", antwortet Lucia und legt auf. Ich seufze. Ich bin auch stolz.

Eine halbe Stunde später haben wir unsere Ticktes im Visier. Fünf Tickets von Paris nach Buenos Aires in drei Tagen. Der früheste Termin. Ich kann gar nicht sagen, wie glücklich ich bin. Endlich geht es zurück, ich bin fest entschlossen, mich meinen Ängsten zu stellen und sie zu besiegen. Mit dem stärksten Team an meiner Seite, das man sich nur vorstellen kann. 


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Hey, ich hoffe, ihr hattet einen guten Start ins neue Jahr (: 

Danke fürs Lesen, Voten und Kommentieren (:

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