8. Kapitel: German

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Ich glaube, das war schon lange überfällig. Danke, dieses Kapitel gehört dir <3



Ich kann sie nicht einmal trösten, was bin ich nur für ein schlechter Vater... Und was für ein schlechter Freund.......


Vorsichtig streicht Violetta mir über den Rücken. Muss das nicht andersherum sein? Muss nicht der Vater seine Tochter beruhigen und nicht umgekehrt? "Es ist meine Schuld Vilu, es tut mir Leid", bringe ich zustande. Tränen brennen mir in den Augen, doch ich versuche sie zurückzuhalten, Violetta zuliebe. "Gar nichts ist deine Schuld, Papa. Du hast davon einfach nichts mitbekommen. Wir konnten davon einfach nichts ahnen, gib dir nicht die Schuld, bitte", sagt sie sanft. Natürlich ist es meine Schuld, ich habe sie soweit getrieben. "Ich habe mit ihr telefoniert", erkläre ich meiner Tochter. "Und? Habt ihr euch vertragen?", fragt sie interessiert. "Sie klang anders, immer noch froh, aber kühler. Sie hat mir erzählt, dass sie sich nachher mit ihren Freunden treffen will, aber das war vermutlich alles gelogen. Sie ist so blass, als hätte sie schon seit längerem keinen Kontakt zu der Sonne gehabt und Freunde hätten sie von den Problemen die sie mit mir hatte abgelenkt, dann wäre es nie soweit gekommen. Ich habe ihr gesagt, dass ich mich von Esmeralda getrennt habe, doch ich habe keinen Kommentar darauf erhalten. Sie muss in dieser Zeit umgekippt sein und ich dachte sie schläft!", murmele ich und plötzlich kann ich die Tränen einfach nicht mehr zurückhalten. Meine Tränen sind wie ein heißer Strom, sie fließen unaufhörlich meine Wangen herab. Violetta ist sichtlich überfordert, seit Marias Tod hatte ich kaum geweint und wenn, dann für mich. German, reiß sich zusammen! flüstere ich mir zu und wiederhole es immer und immer wieder. Tatsächlich versiegen meine Tränen langsam und hinterlassen nur feuchte Spuren auf meinem Gesicht und meinem Hals. Violetta drückt mir sanft den Arm und deutet dann nach hinten.

Der Arzt, Monsieur Bouvier steht dort mit einer Packung Taschentücher in der Hand und einem mitleidigen Blick im Gesicht, welches er wahrscheinlich immer aufsetzte, so falsch wie es wirkt. Am liebsten würde ich ihm die Taschentuchpackung ins Gesicht schleudern, doch dann würde man mich sicher aus dem Krankenhaus entlassen und das ist das was ich auf keinen Fall möchte. Also zwinge ich mich zu einem Lächeln und nehme die Taschentücher. Die ganze Zeit spüre ich die Blicke des Arztes auf mir ruhen, als säße dort ein giftiges Tier. Ich fühle mich hier unwohl und Violetta scheint es genauso zu gehen. Ihr Blick huscht immer wieder zwischen Angie und Monsieur Bouvier hin und her. Dieser bittet uns mit einer Handbewegung in ein Nebenzimmer zu gehen. Dort schließt er die Tür und erklärt:" Angeles Carrara leidet an einer Anorexia nervosa, auch bekannt unter Magersucht. Diese Krankheit ist psychisch bedingt. Die Folgen sind neben der Gewichtsabnahme schon nachweisbar. Der Herzschlag ist bereits verlangsamt außerdem sind die Nieren geschwächt. Momentan liegt sie in einer Art Koma, wobei sie jeden Moment aufwachen kann. Die Bewusstlosigkeit war eine Reaktion ihres Körpers mit der Chance sich zu erholen und zu regenerieren. Sie kann beliebig lange andauern von wenigen Stunden bis hin zu zwei Wochen. In dem Fall ihrer Schwägerin scheint es momentan so, als würde sie morgen oder übermorgen aufwachen. Wir werden uns gut um sie kümmern und Ihnen Bescheid geben, wenn sie erwacht oder es etwas Neues gibt. Ich darf Sie leider nun nicht mehr zu Mademoiselle Carrara lassen, sie sollte nicht unnötig gestresst werden." Er wirft mir noch einen langen Blick zu und verschwindet dann. Die Tür zu Angies Zimmer ist verschlossen und Violetta gibt mir mit einem Blick zu verstehen, dass sie gehen möchte.

Wir hatten uns in einem Hotel eingemietet, das nahe am Klinikum liegt. Den ganzen Weg dorthin drehten sich meine Gedanken im Kreis. Ist es alles meine Schuld? Hätte ich es verhindern können? Wird Angie mich überhaupt noch sehen wollen? Im Hotel angekommen lege ich mich sofort auf mein Bett. Kurze Zeit später kommt Violetta, sie merkt wohl, dass ich dringend Unterstützung brauche. Ohne Worte legt sie sich neben mich und nimmt mich in den Arm. "Sie ist eine Kämpferin, du wirst sehen, morgen wacht sie wieder auf und wenn sie und sieht, wird alles besser, oder?", fragt sie leise. Es wäre einfach zu schön, doch das Leben ist nun mal kein Märchen. "Ich weiß nicht, Vilu. Ich hoffe es, ich hoffe, dass sie von der Magersucht loskommt, aber ob ich dazu beitrage, das weiß ich nicht", antworte ich wahrheitsgemäß.

Eine halbe Stunde später geht Violetta schlafen und ich mache mich ebenso fertig. Müde und doch hellwach wälze ich mich in meinem Bett umher. Wird sie mich hassen? Wird sie wieder gehen, weit weg von mir? Wird sie aufgeben, was gerade erst angefangen hat?

Germangie-DownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt