Kapitel 28

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"In fünf Minuten fahren wir." Ertönte die Stimme von Michael.

Erschrocken zuckte ich zusammen, sah zum Fenster, welches sehr schmal war. Nicht mal mein Kopf würde da wirklich durchpassen. Ich ging auf Toilette, versuchte mir nichts anmerken zu lassen, als ich aus den Badezimmer trat. Der Mann sah auf, nahm die Tasche und kam zu mir.

"Weißt du, wie du dich zu benehmen hast?" Hakte er nach.

Ich wagte es nicht mal ihn richtig anzuschauen.

"Wie Ihre Partnerin, Herr?" Man hörte mir die Unsicherheit deutlich an.

Doch es kam keine Backpfeife, kein verächtlicher Ton. Die Antwort war richtig. Michael öffnete die Tür, schloss das Zimmer ab und nahm meine Hand. Wir gingen durch das Motel, wobei ich versuchte so selbstbewusst wie möglich zu laufen. Der Boden war kalt, aber sauber. Meine Füße froren. Fiel es denn gar nicht auf, dass ich keine Schuhe trug? Bevor wir in die Lobby einbogen, drückte er meine Hand warnend zusammen. Ich sah daraufhin auf, strich meine Haare nach vorne, sodass die den Hals etwas bedeckten. Mein Herz schien vor Nervosität zu zerspringen.

"Guten Morgen, wir würden gerne auschecken." Begrüßte er freundlich die Mitarbeiter.

Ich bemühte mich eines leichten freundlichen Lächeln. Jetzt. Wenn ich es jetzt sage...könnten sie mir dann helfen? Könnte er jetzt was machen? Ich will nach Hause. Ich will meine Mutter in den Arm schließen und wissen, dass alles gut ist. Doch ich sagte nichts. Ich stand einfach da, wie ein schüchternes Mädchen. Nur eine leise höfliche Verabschiedung, mehr bekam ich nicht raus. Noch wärend wir zum Ausgang gingen dachte ich über alles nach, dachte darüber nach, was ich tun sollte. Die Morgenkälte war wie ein Schuss, der mich aus meinen Gedanken holte. Jetzt war es wohl auch zu spät oder? War der Parkplatz Viedeoüberwacht? Die Lobby? Irgendwas, was mir helfen hätte können oder sogar noch kann? Wieso war hier kein Polizist, den ich auf mich Aufmerksam machen konnte, wieso war hier niemand? Wieso brachte ich keinen verdammten Ton rau?!

"Du kannst locker lassen."

Verwirrt sah ich auf unsere Hände. Meine Hand hatte sich total um seine verkrampft. Ich ließ ihn sofort zog und zog die Hand vor mir. Noch immer folgte ich ihn. Doch ein paar Meter vor dem Auto blieb ich stehen. Er ging weiter, doch ich bemerkte, dass er mich im Blick hatte. Er legte die Tasche in den Kofferraum und deutete auf die Beifahrerseite, damit ich einstieg.

"K-können Sie mich nicht b-bitte gehen lassen?" Stotterte ich.

Ich wagte es nicht einmal ihn anzusehen.

"B-bitte. Ich sag auch d-" Einen kurzen Blick hatte ich auf ihn geworfen.

Dieser eine Blick hatte gereicht um mich selbst zum Schweigen zu bringen. Es war albern. Es war sinnlos. Ihn, wirklich ihn zu fragen, ob ich gehen konnte...wie kam ich nur darauf? Jeder Fluchversuch wäre besser gewesen als diese dämliche Frage zu stellen. Das letzte mal hatte ich die Kälte in seinen Augen gesehen, als er die Peitsche gegen mich hob. Es war als wären seine grauen ruhig Augen zu einen Sturm geworden, der die Welt in Asche legen wollte. Ein Tropfen landete auf mir. Es schien heute wohl ein regnerischen Tag zu werden.

"Steig ein." Forderte er einfach, als er merkte, dass ich es nicht wagte, irgendwas weiter zu tun.

Er beobachtete mich, wartete, bis ich zum Auto ging. Wie am Vortag wollte ich mich auf den Rücksitz setzen.

"Beifahrersitz." Korrigierte er sofort.

Also stieg ich vorne mit ein, keine Minute später er. Er schmiss das Halsband auf meinen Schoß, als wäre es selbstverständlich, dass ich es sofort wieder umlegen musste.

"Mach es genauso eng wie vorher." Befahl er, wärend er den Motor startete.

Ich rührte mich nicht, als er das merkte, beugte er sich zu mir rüber.

"Weißt du, Sayo, eigentlich wollt ich dich für deine brave Art belohnen." Nach diesen Worten fuhren wir los.

Belohnen? Was sollte er mir schon geben, was mich belohnt? Die einzige Belohnung, die ich wollte, war die Freiheit. Doch vor einer Flucht...alleine wenn ich daran dachte, was er mit mir machen würde, wenn er mich erwischt, lässt mein Herz schneller Pochen, das Adrenalin in meine Adern pumpen und die Panik in meinen Knochen spüren lassen. Ich bildete mir ein, die Peitschenhiebe hören zu können und das mein Rücken anfing zu schmerzen. Eine Belohnung konnte er mir nicht geben. Aber ich legte es um. Das kalte Leder verpasste mir Gänsehaut und meine Haare hingen etwas im Weg. Ob es schlussendlich genauso eng wie vorher war, wusste ich nicht, doch das Halsband, so lange ich es auch getragen hatte, hatte plötzlich etwas befremdliches. Mit einen mal war mir wieder klar, was ich für ihn war.

"Ich komm nie mehr nach Hause, oder?" Ich sagte es eher zu mir selbst.

Mein Zeigefinger hing sich im Ring des Halsbandes ein, welches meine Stellung zeigte.

"Nie mehr." Gab er recht.

Meine Brust zog sich zusammen, mein Herz brach in diesen Moment und der Schmerz trieb mir Tränen in die Augen.

Ich war keine Geisel.
Kein Opfer, dass man sich holte um von deren Liebsten ein Lösegeld zu bekommen.
Das was ich war, war deutlich schlimmer.
Ich war eine Sklavin, sollte SEINE Sklavin sein.

Ohne Ausweg, ihn ständig untergeordnet und wahrscheinlich dazu verdammt an seinen Füßen zu sterben.

Wie lange kann ich das? Wie lange brauchte er um mich vollständig zu sein zu machen? Zu seinen Eigentum, wie er es ja bevorzugte zu nennen. Ich war schon verängstigt von meiner ersten Flucht, doch umso länger ich bei ihn bleiben würde, desso besser würde er mich kontrollieren können, brechen können. Wenn ich vollkommen gebrochen werden würde, wer wäre ich dann noch? Was wäre von mir übrig?

Eins stand fest. Ich durfte es nicht vergessen. Egal was er tut, ich durfte nicht vergessen, wie man mich nannte. Lia. Das war mein Name.

No escapeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt