Kapitel 37

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Ich beobachtete den Mann, der noch immer auf sein Handy sah. ich kannte ihn nicht, auch wenn mir seine Anwesenheit vertraut war, so hatte ich keine Ahnung, wer da eigentlich wirklich saß. Ich lebte bei einen Fremden, lebte bei jemanden, der mich als Vieh betrachtet. Könnte ich das lange so aushalten? Würde ich es schaffen raus zu kommen? Den naiven Gedanken, dass er sich ändern würde, das alles besser werden würde, wagte sich nicht einmal in meinen Kopf. Hieran würde sich nichts ändern. Als Michael merkte, dass ich fertig war, stand er auf, wank mich zu sich und ging vor. Wir waren spät zum Abendessen gekommen, dementsprechend war ich etwas ausgelaugt. Lange wach bleiben war ich gar nicht mehr gewohnt. 

Monik hatte heute morgen als ich im Bad war mein Bettzeug frisch bezogen. Ich hatte tatsächlich eine ordentliche Decke und ein Kissen bekommen. Ich ließ mich auf den Topper nieder und wartete, ich wusste nicht auf was, doch da der Herr nicht ging, sondern sich an den Türrahmen gelehnt hatte, erwartete ich noch etwas. Ich kniete, sah zu ihn auf. Meine Hände lagen auf meinen Schoß, es war nicht die Haltung, die er mir beigebracht hatte, doch er verlangte sie auch nicht.

"Sayo..." Ich streckte meinen Rücken etwas mehr gerade durch. "..du darfst Angst vor mir haben. Aber in manchen Situationen musst du mir vertrauen können."

"Wann?" Wann sollte ich so einen Menschen vertrauen können?

Das ging doch gar nicht. 

"So wie bei unserer Flucht."

"Tut mir leid Herr, nur wusste ich nicht, was ich hätte tun sollen. Ich habe Ihnen nicht vertraut. Aber vielleicht können Sie mir beantworte, wie ich es könnte. Sie haben mich vor anderen gedemütigt und mich gefoltert, weil ich mich nach Freiheit sehne. Wie soll ich Ihnen vertrauen, wenn es keinen Grund dafür gibt und Sie alles tun, damit ich es nicht kann? Sie mögen mir eine neue Identität geben wollen, indem Sie mich ihr eigen machen, aber ich weiß nicht einmal wer Sie überhaupt sind? Ich soll mein Leben, das was ich bin ablegen und dann auch noch wissen, wann ich jemanden vertrauen kann, der mir mein Leben zur Hölle macht?" Ich hatte Tränen in den Augen, sprach leise, leicht verheult. "Tut mir leid, Herr...Ich kann das einfach nicht."

Ich konnte ihn nicht ansehen, ich fühlte mich so widerlich und bereute meine Worte sobald sie verklungen waren. Wer weiß, was er jetzt tun würde.

"Wie ist dein Name?"

"Sayo." Schon wieder das.

"Wieso heißt du so?" 

"Weil mein Herr es so will."

"Wieso kann er ich dir einen Namen geben?"

"Weil ich Ihnen gehöre." 

Er sah mich an, seine worte waren so kalt ausgesprochen.

"Glaubst du dem, was du sagst?"

"Ich weiß nicht, wie ich es anders überleben soll..." Meine Stimme fehlte es an jeder Lebensfreude, es hörte sich an, als hätte ich aufgegeben, als hätte ich mich damit abgefunden sein Vieh zu sein.

"Du sehnst dich noch immer nach dem, was du vorher hattest?"

Ich nickte, Tränen liefen über meine Wangen. Er trat vor mich, nahm mein Kinn in seine Hand und drückte es nach oben.

"Ich bewundere deine Ehrlichkeit. Aber den Wunsch nach Freiheit bekomm ich schon aus dir raus."

Mein Herz schlug wie wild. Was würde er jetzt tun? Was konnte ich erwarten? Scheiße. In seinen Augen sah ich ihn, ich sah den Fehler in seiner Kälte.

"Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du nichts anderes wollen, als an meiner Seite zu sein."

Ich wusste, das irgendetwas passieren würde, wusste das es nicht bei diesen ruhigen Abend blieb. Doch mit einer Spritze hatte ich in den Moment nicht gerechnet. Er versteckte sie nicht einmal, auch wenn ich nicht wusste, wo er sie mit einen mal her hatte. Ich zitterte, man sah mir die Angst vor meiner Unwissenheit an. Aber ich wehrte mich nicht. Am Ende würde er sowieso seinen Willen bekommen. Die Flüssigkeit war durchsichtig, brannte leicht. Mein Atem beruhigte sich wieder, ich merkte, wie ich schwerer wurde. Einen Arm hatte er um mich gelegt, damit ich nicht umfallen würde. Ich spürte seine Wärme, als ich leicht gegen ihn fiel. Noch war ich da, aber so erschöpft, so schwer. ich fühlte mich, als hätte ich Steine gegessen. Noch während er mich hoch nahm, wurde alles Schwarz.

Vielleicht war es so besser. Vielleicht war es gut, wenn ich nicht wusste, wo er mich hinbringen würde. Vielleicht sollte ich mich an diese Dunkelheit gewöhnen. Ich will Leben, nur nicht so und wer weiß, vielleicht wird diese schwere Dunkelheit, eines Tages mein Erlöser sein, vielleicht die Kälte mein zu Hause. 

No escapeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt