Kapitel 3

2.4K 62 1
                                    

"Mh, wenn du dann in die Wohnung zieht, zieh ich mit ein." Kommentierte er, als ich ihn die Bilder der Wohnung zeigte.

"Das kannst du sowas von vergessen. So wie du einen Haushalt führst, brauch ich dich echt nicht als Mitbewohner." Stritt ich sofort ab und nahm eine weitere Gabel von den Nudeln. Ich hätte nicht gedacht, dass überbackene Nudeln vom Döner so gut schmecken würden.

"Pff, vielleicht benehme ich mich auch, sobald ich bei dir wohne."

"Als ob, du bist doch nur froh, dass sich dir hinterherräumen werde!" Lachte ich.

Er schaute gespielt beleidigt, doch schloss sich dann mir an. Im Hintergrund lief irgendwelche von seiner Musik. Ich war ja mit meinen Geschmack weit gefächert, doch bei der Musik könnte ich immer kotzen. Ich wusste echt nicht wie man Techno, oder wie das hieß hören konnte. Aber ich sagte nichts dagegen. Wie denn auch. Wir hatten einen Deal, wenn wir bei ihn waren, hörten wir seine Musik und bei mir meine Musik.

"Aber wir ergänzen uns so gut, ich mach Müll und du räumst weg." Scherzte er.

Ich schüttelte nur lachend den Kopf. Ich war froh, wenn ich endlich mein eigenes Reich haben würde, nichts würde mich davon abhalten können. Ich war so kurz davor. Ich hatte endlich einen Ausbildungsplatz, eine Wohnung und ich würde von Oma und Opa das Auto bekommen, sobald es mit den TÜV fertig ist. Die beiden waren selbst nicht mehr in der Lage zu fahren. Beziehungsweise traute es sich Oma nicht mehr zu und Opa ist selbst schon Jahre nicht mehr gefahren. Das Auto war alt und klein, aber es reichte vollkommen, wenn man eine Anfängerin war.

"Du kannst gerne beim Umzug helfen und mich besuchen, doch ich bleib alleine. Für dich ist da sowieso kein Platz."

"Pff Spießerin." Meinte er eingeschnappt.

Natürlich war alles nur gespielt. Niemals würden wir zusammenziehen. Dafür war er viel zu sehr wie ein großer Bruder und ich würde gern ohne ihn in einer Wohnung leben. Wir beide waren Einzelkinder, doch es fühlte sich tatsächlich so an, als würdden wir unbiologische Geschwister sein. Lag aber auch nur daran, dass wir uns schon unser ganzes Leben lang kannten.

Eine Sache konnte Noah echt gut und ich meinte nicht den Umgang mit Katzen, sondern sich beschweren. Wenn es einen Beruf gäbe, wo man fürs sich beschweren bezahlt werden würde, wäre das genau sein ging. Es verging eine gute Stunde, wo er sich nur über sein Studium beschwerte. Ich verstand ehrlich gesagt nur die Hälfte, aber ich hörte geduldig zu, musste man als gute Freundin ja. Ich selbst hatte wenig um mich auszulassen. Wenn ich  mich über meinen Vater beschweren wollte, dann bei meiner Mutter. Sie verstand wenigstens sofort, was ich meinte.

Draußen war es schon dunkel und ich zog meine Leggins an, packte die Shorts in den Rucksatz und war daran mich zu verabschieden. Wenn ich jetzt loslaufen würde, wäre ich halb zwölf zu Hause. Meine Augen fielen mir schon fast zu, doch ich wollte nicht hier schlafen, dafür liebte ich mein eigenes Bett viel zu sehr. Es würde auch auf jeden Fall mit in meine Wohnung kommen, das stand auf jeden fall schon fest. Ich holte meine Kopfhörer heraus und umarmte Noah noch einmal zum Abschied. In den Moment, in dem ich das Grundstück verließ, fiel mir wieder ein, dass die Kopfhörer leer waren. Ich verfluchte mich leise selber, da ich sie doch eigentlich hätte aufladen können. Noah hätte bestimmt ein passendes Kabel gehabt. Ich schüttelte leicht meinen Kopf wegen meiner Verpeiltheit, stckte die Kopfhörer weg und machte mich so auf den Weg.

Es war warm, doch bei jeder erfrischenden Priese, war ich foh, die Leggins und die Jacke anhaben zu können. Ich lief wie gewohnt die kürzere Strecke durch den Park, dachte nicht einmal darüber nach, vielleicht einen anderen Weg zu gehen. Schließlich war ich schon hunderte male hier entlanggegangen, was sollte jetzt groß anders sein?

Der Park war mit den wenigen Laternen am Wegrand leicht beleuchtet. Man hörte das Wasser des kleinen Baches gurgeln. Ich genoss die kalte Luft um mich herum. Oft überlegte ich, nachts rauszugehen. Diese Stille und die Menschenleere waren doch recht angenehm. Irgendwo ziepten Grillen und als ich ein paar Glühwürmchen sah, blieb ich stehen. Ich hatte tatsächlich noch nie welche gesehen. Wie kleine Funken, wirkten sie auf der dunklen Fläche. Ich spürte das kleine Lächeln auf meinen Lippen. Wer hätte Gedacht, dass um diese Uhrzeit welche zu sehen sind? Ich hätte Gedacht, dass es  jetzt viel zu spät ist. Ich lief über die kleine Holzbrücke, hörte leise Stimmen. Bestimmt ein paar Jugendliche, die ihre Nacht lieber mit ihren Freunden verbrachten, als mit ihren Eltern daheim. Doch wieso sollten Jugendliche leise sein? Ich dachte nicht darüber nach, nahm es einfach so hin.

Ein Wimmerm war zu hören und ich drehte mich um, konnte nicht ausmachen, woher es gekommen war. In der Dunkelheit konnte man kaum was sehen. Die Stimmen wurden lauter und ich erkannte zwei Personen, die sich außerhalb des Lichtkegels der Laternen aufhielten. Ich selbst hatte gerade einen Lichtkegel verlassen, doch man konnte mich deutlich besser sehen, als die beiden Herren. Ich wollte gerade weitergehen, dachte, dass ich es mir nur eingebildet hatte. Mein Herz raste vor Schreck, doch fing schon an sich wieder zu beruhigen. Einfach heim gehen. Von hier war es nicht mehr weit.

"Nein, bitte." Hörte man jemanden flehen. Ich versteckte mich hinter einen Baum.

Nein. Geh weiter. Doch meine Beine gehorchten mir nicht.  Das hier hatte mich nichts anzugehen. Die zwei Personen bewegten sich nicht, eine dritte konnte man kaum erkennen, erst als man seinen Blick senkte, konnte man erahnen, dass auf den Boden eine kniete. Wieso sollte auch eine bettelnde Person ruhig vor den anderen stehen? Etwas in mir sagte mir, dass ich laufen sollte, dass ich einfach heimgehen sollte. Doch selbst wenn, meine Beine, hielten mich an Ort und Stelle, schienen vergessen zu haben, wie man läuft.

"Haben wir dir nicht oft genug eine Chance gegeben?" Wollte jemand wissen.

Die Stimme war kalt und jagte mir einen Schauer über den Rücken. Ich schluckte schwer. Es war ein Wunder, dass sie mein Herz nicht schlagen hören konnten. Ein gequältes, unverständliches Jammern entkam den Bettler und dann wurde die Ruhe der Nacht durch einen Knall gestört. Erschrocken schrie ich auf, ging ein paar Schritt nach hinten, wodurch ich wieder ins Licht der Laterne kam. Meine Hände legten sich auf meinen Mund, als ob sie meinen schon verklungenen Schrei unterdrücken könnten. Etwas fiel stumpf zu Boden und obwohl ich es nicht erkennen konnte, wusste ich, dass ich angesehen wurde.

Renn!

No escapeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt