Harry
Er seufzte tief auf, als er einige Wochen später seine Schicht antrat.
Natürlich hatte es nicht funktioniert.
Er hatte sich geschworen, das Zeug nur anzurühren, wenn er am nächsten Tag nicht arbeiten musste.
Immerhin hatte er es mit alten, kranken Menschen zu tun. Ihm war klar, dass er eigentlich zu hundert Prozent bei klarem Verstand sein musste, sobald er begann, zu arbeiten.
Aber er konnte es nicht.
Er konnte es nicht lassen.
Die Nächte fühlten sich so leer an ohne das Gefühl tiefster Geborgenheit und Zuwendung, während er in seinem Bett lag und sich behaglich in die Laken kuschelte, Louis neben sich und die Welt vermeintlich in Ordnung.
Er konnte nicht darauf verzichten.
Um nicht weiter aufzufallen, hatte er das Medikament die letzten beiden Male auf anderen Stationen in der benachbarten psychiatrischen Klinik entwendet, auf denen er ausgeholfen hatte.
Es war wirklich kein sonderlich schlauer Schachzug, und das wusste er.
Wüsste Louis von seinen heimlichen Abenteuern mit schweren Schmerzmitteln, würde er ihn mit Sicherheit sofort verlassen.
Harry konnte sich einfach nicht vorstellen, dass er sich das alles noch einmal antun würde.
Also musste er das alles irgendwie wieder in den Griff bekommen, bevor sein Freund davon erfuhr.
Unter gar keinen Umständen durfte er mitbekommen, was vor sich ging.
Es lagen mehrere Wochen hinter ihm, in denen er täglich Oxycodon konsumiert hatte.
Mittlerweile war Harry sich eigentlich sicher, dass sein Körper von dem Opiat abhängig war und er es ohne Entzugserscheinungen gar nicht absetzen konnte.
Das Spiel ging von vorne los.
Während er in der Übergabe saß und gedankenverloren mit seinem Kugelschreiber spielte und sich einige Dinge notierte, machte sein Gehirn bereits den nächsten Plan, wie er an die nächsten Tabletten kommen konnte.
Das Rauschgefühl blieb mittlerweile fast komplett aus.
Seine Opiattoleranz hatte sich wieder komplett aufgebaut.
Letzte Woche hatte Jack ihn gefragt, ob denn alles in Ordnung sei mit ihm.
Ob es ihm sicher gut gehe und ob er sicher in der Lage sei, zu arbeiten.
Er komme ihm so abwesend und matt vor, er sehe abgeschlagen aus und mache einen unkonzentrierten Eindruck.
Harry hätte am liebsten laut losgeflucht, sich dann allerdings klar machen müssen, dass er ruhig bleiben musste.
Natürlich ginge es ihm gut, hatte er seinem Vorgesetzten versichert. Er schlafe zur Zeit nur ziemlich schlecht, sei aber gerade dabei, das alles in den Griff zu bekommen.
Jack, und da war Harry sich fast sicher, hatte bestimmt einen Verdacht, konnte ihm allerdings nichts nachweisen.
Ein Routine-Drogentest war negativ ausgefallen, weil Harry auf der Toilette heimlich seinen Urin verdünnt hatte.
Er arbeitete mit allen Tricks. Natürlich tat er das, denn er wollte seine Arbeit nicht verlieren, und während seiner Zeit als Heroinabhängiger hatte er einiges darüber gelernt, wie man seinen Konsum möglichst lange verbergen konnte.
Aber das würde nicht für immer funktionieren, das war ihm auch klar.
Also musste er alles daran setzen, irgendwie wieder clean zu werden, bevor sein sich stetig verschlechternder Zustand auffiel.
DU LIEST GERADE
Sempiternal (Larry Stylinson)
Fanfiction»Sie erleben den Himmel. Sie erleben die Hölle. Sie sind noch Kinder, und haben ihre Zukunft schon verspielt.« Listen, Pläne, Termine - Louis Tomlinson hat alles im Griff. Das gilt zumindest für sein Berufsleben - er hat gute Aussichten auf eine Bef...