Louis
Sie hatten sich entschlossen, den Abend ausnahmsweise damit zu verbringen, nichts zu tun - abgesehen davon, gemütlich auf dem Sofa zu sitzen und den Fernseher nebenbei laufen zu lassen. Louis fühlte sich wohl in Harry's Gegenwart. Das war eine Tatsache, die er vor einigen Wochen noch nicht einmal ansatzweise erwartet hätte. Sein ganzes Leben lang hatte er für Menschen wie Harry nichts als Verachtung empfunden - und nun, da er einen Hintergrund kennengelernt hatte, hatten sich all diese Vorurteile in Luft aufgelöst. Was ihn allerdings traurig machte, war die Tatsache, dass Harry offensichtlich nicht glücklich sein konnte, ohne vorher mit irgendwelchen Drogen zu hantieren. Das machte ihn ein wenig traurig - er wusste, dass in Harry so viel mehr Potential steckte.
Er sah ihn an, wie er verkrampft und nachdenklich neben ihm auf dem Sofa saß und die Arme um beide Knie geschlungen hatte. Das lange Haar hing ihm zu beiden Seiten chaotisch vom Kopf und er schien zu zittern. Das konnte er an den vorderen Locken erkennen, die unkoordiniert auf- und ab wippten.
Harry setzte seine Beine vorsichtig auf dem Boden ab und schlang die Arme um seine Taille. Er sah Louis einen Moment lang an, wand seinen Blick dann wieder ab und richtete ihn starr auf den Fernseher. So voller Konzentration, dass Louis augenblicklich bewusst wurde, dass irgendetwas nicht stimmte.
Harry presste eine Faust vor seinen Mund und er spürte, wie seine Augen feucht wurden. Heiße Luft drängte sich aus seinen Lungen und sein Herz beschleunigte seine Schläge.
Louis registrierte nicht sofort, was sich in Harry anbahnte. Erst nach den ersten tiefen, und gezwungen langsamen Atemzügen dämmerte es ihm langsam. Ein leises, unterdrücktes Wimmern drängte sich an seine Ohren.
Harry
Es war ihm gar nicht möglich, es aufzuhalten. Schon jetzt schämte er sich bis auf die Knochen - ihm war mit einem Mal ganz anders. Irgendetwas in ihm, eine Art Damm, der all die negativen Empfindungen und die Scham zurückgehalten hatte, war eingebrochen. Alles stieg in ihm nach oben, gnadenlos, ohne dass er irgendeine Möglichkeit hatte, das Ganze nicht zu sich durchdringen zu lassen.
Salziges Nass lief in heißen Striemen über seine Wangen. Er atmete zitternd aus und legte den Kopf behutsam in beide Hände. Sein Oberkörper zitterte.
Da stieg so tiefe Verzweiflung in ihm auf, dass er ein weiteres Mal an dem Punkt stand, an dem er sich fragte, wofür jemand wie er überhaupt auf dieser Welt war. Im Grunde genommen hatte er doch gar keinen Nutzen - ein drogenabhängiger, arbeitsloser Jugendlicher hatte keinen Nutzen. Weder für die Gesellschaft, noch für die Wirtschaft - und schon gar nicht für die Menschen in seinem Umfeld.
Er fühlte sich wertlos. Vor seinem inneren Auge spielte sich - wie ein grausamer Alptraum - seine Vorstellung der eigenen Zukunft ab. Nichts würde er erreichen, gar nichts - wer stellte schließlich einen jungen Mann ohne irgendwelche Arbeitserfahrungen ein, der bis zu beiden Ohren im Drogensumpf steckte?
Richtig. Niemand.
Diese Vorstellung ängstigte ihn mit einem Mal so sehr, dass ihm ganz kalt wurde. Er spürte sich selbst zittern, während die Angst immer weiter in ihm nach oben kroch, wie eine große Spinne, die auf der Suche nach neuer Beute war.
Manchmal kochten solche Emotionen in ihm nach oben; nur war er bisher in solchen Situationen immer allein gewesen - aber jetzt? Jetzt saß Louis neben ihm, der mit Sicherheit keine Ahnung haben würde, was er mit einem weinenden Nervenbündel anfangen sollte.
Da spürte er - ganz zu seiner Überraschung - eine zierliche Hand auf seinem Rücken. „Bist du in Ordnung?", wollte Louis von ihm wissen und beugte sich zu ihm nach vorn. Er sah die Tränen in seinen Augen glitzern, er sah das Nass auf seinen Wangen und er spürte das Zittern von Harry's Körper unter seinen Händen. „Habe ich etwas falsch gemacht?"
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Sempiternal (Larry Stylinson)
Fanfiction»Sie erleben den Himmel. Sie erleben die Hölle. Sie sind noch Kinder, und haben ihre Zukunft schon verspielt.« Listen, Pläne, Termine - Louis Tomlinson hat alles im Griff. Das gilt zumindest für sein Berufsleben - er hat gute Aussichten auf eine Bef...