69. Willst du mir etwas unterstellen?

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Louis

Als er an diesem Abend nach Hause kam, war Harry bereits geduscht und hatte sich in das gemeinsame Bett gelegt.

Er wirkte aufgekratzt, beinahe, als könne er sich keine einzige Minute lang mehr stillhalten.

Louis zog sich die Schuhe aus und hing seinen Mantel an die Garderobe, während sein Freund vom Bett aufsprang, als hätte ihn eine Tarantel gestochen.

Er war nervös, als er ihm einen Kuss auf die Lippen drückte.

Louis konnte es sehen, an der Art und Weise, wie die noch feuchten Locken zitterten. An den weit geöffneten Augen und den klammnassen Händen.

„Ist alles in Ordnung, Harry?", wollte er besorgt wissen und legte seinem Freund besorgt eine Hand auf den Rücken.

Harry nickte, obwohl es offensichtlich gelogen war. „Ja", antwortete er. „Es war nur einfach ein harter Tag."

Louis nickte, und noch während er sich fragte, ob Harry ihm die Wahrheit sagte, fiel ihm die leere Packung Tilidin im Papierkorb auf. „Hast du die alle genommen?"

Harry presste die Lippen zusammen, während er fieberhaft nach einer glaubhaften Ausrede suchte. „Ich habe sie so eingenommen, wie der Arzt sie mir verschrieben hat."

Misstrauisch beäugte Louis seinen Freund und zog fragend die Augenbrauen zusammen. „Aber die hast du doch erst vor gut drei Wochen verschrieben bekommen."

„Da hatte ich auch noch um einiges mehr Schmerzen als jetzt", gab Harry mit einem leicht genervten Unterton in der Stimme zurück. „Willst du mir etwas unterstellen?"

Ein tiefes Seufzen drängte sich aus Louis' Brust. „Nein, natürlich nicht", sagte er, obwohl es nicht ganz der Wahrheit entsprach. „Tut mir leid."

Harry

Natürlich hätte er ehrlich zu seinem Freund sein müssen.

Aber er konnte das einfach nicht. Für ihn war das alles viel zu heikel, er wollte keinen weiteren Streit, und schon gar keine Trennung riskieren. Und er war sich sicher, dass eine Beichte ernsthafte Konsequenzen mit sich bringen würde.

Also entschloss er sich, Louis nichts von seinem Medikamentenmissbrauch in den letzten Wochen zu erzählen. Immerhin hatte sich das Thema jetzt ja ohnehin erledigt, und das Oxycodon, das er aus dem Medikamentenschrank entwendet hatte, würde er wirklich nur ab und zu und im Notfall nehmen. Also musste Louis auch gar nichts davon wissen.

Harry spürte jedoch noch immer die Aufregung in seinem gesamten Körper, die Anspannung, die ihn begleitete, seitdem er heute Nachmittag zusammen mit Mary die Medikamente für die Patienten vorbereitet hatte.

Er konnte an nichts anderes mehr denken als den Blister Oxycodon in seiner Tasche und die Tatsache, dass er sich fühlte, als stünde er kurz vor einem Rückfall, ohne zu wissen, dass das längst geschehen war.

Sein gesamter Körper schrie nach Heroin, oder zumindest nach Oxycodon, wenn ihm Heroin schon so strikt verboten war. Oxycodon war immerhin ein legales Medikament, zumindest solange, wie ein Arzt es seinem Patienten verschrieb.

Dass er das Medikament aus seinem beruflichen Umfeld entwendet hatte, stellte nicht nur einen Grund für eine fristlose Kündigung dar, es rechtfertigte auch eine Anklage.

Harry versuchte, diesen Gedanken möglichst weit in sein Unterbewusstsein zurückzudrängen.

Er würde es einfach abstreiten. Immerhin konnte ihm niemand nachweisen, dass er das Oxycodon geklaut hatte.
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Einen schönen Freitag wünsche ich euch!🥰
Na, was sagt ihr zu dem Kapitel?

All the love,
Helena xx

Sempiternal (Larry Stylinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt