21. Mein bester Freund hat sich eine Überdosis Heroin gespritzt

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Harry

Louis hatte das Haus am nächsten Tag verlassen müssen, bevor Harry überhaupt den ersten Augenschlag des Tages tun konnte; er wachte auf, die schulterlangen Haare im Gesicht und zunächst irritiert, Louis' Seite des Bettes leer vorzufinden. Er war zu verschlafen, um sich weiter darum zu kümmern und schloss die Augen vorerst wieder. Was genau ihn geweckt hatte, wusste er nicht - vermutlich seine innere Uhr, die ihn bis vor wenigen Monaten noch viel früher aus dem Bett getrieben hatte, als Louis jetzt aufstehen musste - und der verließ das Haus gegen halb sieben.

Einige Minuten später fiel sein Blick auf Louis' Nachttisch, der in etwa so teuer aussah wie die gesamte Einrichtung von Harry's früherer Wohnung, die im Grunde genommen aus Bett, Fernseher und Schrankregal bestanden hatte. Er griff nach dem kleinen weißen Zettel und stützte sich auf seine Ellbogen, um ihn lesen zu können. Er stammte zweifelsfrei von Louis:

Ich weiß nicht, wie sehr der Hass auf Montage ausarten kann, aber ich bin mir sicher, dass ich die oberste Grenze erreicht habe. Ich weiß noch nicht, wann ich heute Abend zurückkommen werde, also fühl dich frei, die Wohnung zu verlassen, ohne dich an einer bestimmten Zeit festlegen zu müssen. Ich habe das Frühstück auf dem Tisch im Wohnzimmer stehen lassen, und wäre dir sehr verbunden, wenn du unsere Lebensmittel zurück in den Kühlschrank verfrachten könntest; ansonsten wird dir nichts übrig bleiben, außer mir die Daumen für meine Präsentation zu drücken. Ich habe das Gefühl, ständig rot anzulaufen. Vermutlich sehe ich aus, wie ein Clown, wenn ich die Firma erst einmal erreicht habe.

Ich werde etwas zu essen mitbringen, sobald ich nach Hause komme. Wenn du irgendwelche besonderen Wünsche hast, funk mich einfach an.

Ansonsten; lass das Haus stehen und mach keinen Mist.

Alles Liebe,

Louis

Während die Nachricht durch und durch mit irgendwelchen grinsenden Smileys versetzt war, sah Harry's Gesicht noch immer müde und verschlafen aus. Zwar hatte er grob den Inhalt der Nachricht behalten, konnte sich aber an keine Details mehr erinnern.

Er setzte sich vorerst an den Bettrand, um den Kreislauf langsam in Schwung zu bringen und warf einen Blick auf die Uhr. Überrascht zog er beide Augenbrauen nach oben; er hatte schon immer gern bis in die frühen Mittagsstunden geschlafen, aber bis ein Uhr war dann doch eine Art kleiner Rekord, auf den man vermutlich nicht allzu stolz sein sollte.

Ein Grinsen schlich sich auf Harry's Gesicht, als die Erinnerung an letzte Nacht langsam in ihn zurückkehrte; als sein Denken wieder schärfer wurde und das Verlangen erneut in ihm aufflammte. Louis war die ganze Zeit über so unglaublich zärtlich mit ihm umgegangen; er hatte kaum gewagt, sich zu bewegen, ohne Harry vorher fragend anzusehen und auf dessen ‚Okay' zu warten.

Eine solche Selbstlosigkeit hatte Harry lange nicht mehr erlebt; wenn er sie überhaupt jemals erlebt hatte. Er war sich nicht mehr sicher, ob er jemals mit einem anderen Menschen geschlafen hatte, ohne sich dabei entweder schrecklich ausgenutzt oder einfach nur beschämt gefühlt zu haben. Louis hatte ihm all diese Gefühle genommen, es war - um es auf den Punkt zu bringen - ganz einfach wunderschön gewesen.

So kitschig seine Gedanken in diesem Moment auch klingen mochten; Harry interessierte sich nicht dafür. Er interessierte sich lediglich für die Tatsache, dass in diesem Moment alles in Ordnung war. Zum ersten Mal seit einer im Grunde genommen sehr langen Zeitspanne.

Er grinste, erhob sich vom Bettrand und griff nach seinem Telefon. Das erste, was er tat, nachdem er sich auf dem Sofa niedergelassen hatte, war - ohne die eingetroffenen Nachrichten überhaupt anzusehen - Louis viel Glück für seine Präsentation zu wünschen. Er hatte zwar keine Ahnung, worum es dabei ging - und selbst dann würde er es vermutlich nicht verstehen -, aber er wollte ihm die Nervosität zumindest zum Teil nehmen.

Sempiternal (Larry Stylinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt