37. Härtere Methoden

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Harry

Es dauerte nicht lange. Genau, wie er es erwartet hatte. Obwohl sein Zeitgefühl gänzlich verloren gegangen war, wusste er, dass es nicht länger als fünf Minuten gedauert haben konnte, bis ein großer, teuer aussehender, schwarzer Wagen direkt vor ihm zum Stehen kam. In ihm saß ein Mann in einem ebenso teuer aussehenden Anzug, der ihn freundlich zu sich herein bat; Harry hörte ihm nicht zu, er wusste nicht, was er ihm eigentlich erzählte. Er wusste nur, dass er diese Sache schnellstmöglich hinter sich bringen wollte.

„Was ist mit der Bezahlung?", unterbrach er den Fremden mitten im Satz. Dieser blickte ihm nur stutzig entgegen, startete schließlich allerdings den Motor.

„Du bist ganz schön direkt", gab er schließlich zur Antwort, während er sich wieder auf der Straße einordnete. „Das gefällt mir. Wie viel willst du denn haben?"

Harry rollte beide Augen. „Hundertfünfzig."

Ein verächtliches Lachen drängte sich aus der Brust seines Gegenübers. „Du hast wohl den Verstand verloren."

„Entweder Sie bezahlen mir das Geld, oder Sie lassen mich eben wieder aussteigen", fauchte Harry, während er den Blick starr aus dem Fenster richtete. Er spürte, dass ihm übel wurde, aber er sagte nichts.

„Dann erwarte ich aber auch das volle Programm", erklärte der Fremde und Harry konnte sein dreckiges Grinsen auf sich spüren. Er sah absichtlich nicht hin.

„Sie können mit mir machen, was sie wollen, solange Sie mir das verdammte Geld geben."

Harry schätzte den Mann auf Mitte dreißig, auch wenn er sich dabei nicht sicher sein konnte. Männer in Anzug sahen immer älter aus, als sie eigentlich waren - aber wenigstens sah er einigermaßen gepflegt aus. Das erleichterte ihm die Sache doch erheblich, auch wenn er für hundertfünfzig Pfund wahrscheinlich alles getan hätte.

Das Heroin wirkte zwei Stunden nach seinem letzten Druck noch immer. Es war ihm egal, was er im Begriff war, zu tun, solange er sich von dem Geld weiterhin von der Realität fern halten konnte, denn er wusste, er würde sie nicht ertragen.

Der Fremde hielt den Wagen in einer kaum befahrenen Seitengasse und sah ihn fordernd an. Harry sah mit dem selben Blick zurück. „Zuerst das Geld."

Demonstrativ schloss der Freier die Türen ab, damit Harry nicht einfach verschwinden konnte, sobald er ihn bezahlt hatte. Normalerweise wäre ihm schrecklich beklommen zumute gewesen. In dieser Situation war es ihm ganz einfach egal.

Schließlich griff sein Gegenüber nach seiner Geldbörse und hielt ihm hundertfünfzig Pfund entgegen. Harry steckte sie in seinen Stiefel und stieß ein tiefes Seufzen aus. Er hatte sich doch geschworen, es nie wieder so weit kommen zu lassen.

Louis

Als er endlich zu Hause ankam, ließ er sich erschöpft auf dem Designersofa in seinem Wohnzimmer fallen und spürte, dass er den Tränen nahe war. Sein Gehirn hatte große Schwierigkeiten, die Ereignisse der letzten Stunden zu verarbeiten.

Natürlich machte er sich Sorgen um Harry, machte sich Gedanken darüber, wo er nun war, was er gerade tat und ob es ihm gut ging. Aber all diese Gedanken wurden übertönt von der unendlichen Wut, dem schrecklichen Zorn, den er ihm gegenüber verspürte. Er konnte und wollte ihm diesen Auftritt vor seinen Kolleginnen und Kollegen nicht verzeihen.

Louis hatte einen Punkt erreicht, an dem er sich ganz sicher war, diese Situation nicht mehr länger ertragen zu können. Harry nicht mehr länger ertragen zu können.

Er hatte wohl jedes Recht der Welt dazu, so zu empfinden, und doch wusste er ganz genau, dass Harry in diesem Moment sein Leben wohl in einen Abgrund warf, der viel zu tief war, um selbst wieder herauszukommen.

Sempiternal (Larry Stylinson)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt